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Interview: WARDRUNA
Titel: Geisterhafte Geschichten

Viele erwarten es bereits sehnsüchtig - und die norwegischen Folk-Schamanen um Einar Selvik erfüllen den Wunsch nun mit „Kvitravn“. Wardruna, die ihr bezaubernd mystisches Schaffen 2009 mit dem ersten Albumteil der „Runaljod“-Trilogie begannen, knüpfen musikalisch mit dem neuen Werk exakt daran an. Die erste Single „Grá“, eine Ode an Gevatter Wolf, erschien vorab am 21. Februar.

Mit „Grá“ möchten die Beteiligten primär der Schönheit und Bedeutung von Mutter Natur huldigen, so Sänger und Multiinstrumentalist Einar, welcher selbst auch mit dem Künstlernamen ‚Kvitrafn’ (übers. ‚Weißer Rabe‘) agiert.

„In dem Lied dreht es sich darum, dass man als Mensch Verantwortung für die Natur hat, weil man ja schlicht ein Teil von ihr ist. Daher müssen Opfer gebracht werden, damit die Natur erhalten bleibt. Die Menschheit rühmt sich schon länger, über der Schöpfung zu stehen, was für die Oberfläche unseres Planeten bekanntlich bis heute oftmals üble Auswirkungen mit sich bringt. Wir haben extra auch ein Musikvideo dazu in Finnland gedreht - die Hauptrolle darin spielt ein geretteter Wolf, der auf den Namen Tihu hört. Ein wirklich wunderbares Tier.“

Auf den sagenumwobenen und auch real existenten weißen Rabenvogel angesprochen, vollziehen sich besinnliche Züge im Antlitz des bescheidenen Meisters.

„Ja, der wird auf dem Album gepriesen, aber auch die anderen legendären, weißen Tiere, die weltweit immer mal wieder anzutreffen sind. [Jeweils äußerst selten auftretende Albino-Erscheinungen; A.d.A.] In allen alten Kulturen mit animistischen Traditionen genießen sie allerhöchste Verehrung als prophetische Boten und Wächter und werden nicht selten mit gottgleichem Status verehrt. Auch stellen sie durch ihre reine, helle Farbgebung die Faktoren Erneuerung und Reinheit sowie eine sinnbildliche Brücke zwischen den Welten dar.“

Die neuen Stücke auf „Kvitravn“ stellen darüber hinaus eine Hommage an Nordische Zauberei, Geistertiere und Schattenwelten auf der Basis besagten Animismus’ dar, so ist in Erfahrung zu bringen.

„Dieser steht für den archaischen und bis in die Gegenwart andauernden Glauben, dass alle Dinge der Natur beseelt oder Wohnsitz von gewissen Geistern sind. Mich haben spezielle Kontexte wie zeitlose, unabdingbare Weisheit sowie die Bedeutung bestimmter Mythen immer schon fasziniert. Ebenso wie die nordisch-spirituellen Konzepte und die enge Relation zwischen Sage an sich und den daraus entstandenen Liedern.“

Zeigte bereits das 2018er Vorgängeralbum „Skald“ eine mit Bedacht inszenierte Weiterentwicklung im Klangbild von Wardruna auf, so vollzieht die tiefgründige Gruppe auch mit „Kvitravn“ eine dezente stilistische Erweiterung.

„Wir haben im Studio bei den Aufnahmen viel reflektiert und uns dem neuen Material absolut hingegeben. Es war eine ziemlich intensive Zeit für uns alle. Jeder war voll und ganz dabei. Jede der elf Kompositionen wurde bis ins Mark verinnerlicht, und genau so soll das grundsätzlich auch sein - nicht nur bei unserer Art von Musik. Daher beinhalten alle unsere Veröffentlichungen ein Höchstmaß an Authentizität.

Diverse musikalische Gäste sind auch auf „Kvitravn“ zu hören, die wie er und seine Gruppe ein ausgesprochen tiefes Faible für nordisch Traditionelles innehaben und kultivieren, so fügt Einar an.

„Erwähnenswert ist mir dabei mit am meisten Kirsten Bråten Berg, eine bei uns und darüber hinaus sehr bekannte und beliebte norwegische Folk-Sängerin. Sie bringt vielen Menschen Freude mit ihren Werken, auf denen sie mit dem Kveding hervorsticht, dem traditionellen norwegischen Gesang. Sie zählt zweifelsohne zu den relevantesten Bewahrern ihrer Stimmkunst und alten Liedguts.“

Erneut dürfen sich innigliche Freunde und treue Liebhaber von Warduna auf eine Vielzahl an historischen Instrumenten freuen, welche die Sinne rasch in eine ganz andere Welt versetzen können. Einar verkündet in bester Erzählmanier:

„Zu hören gibt es wieder die einzigartige Kravik- als auch die Trossingen-Leier sowie die Taglharpa, ein traditionelles skandinavisches Bogeninstrument. Flötentöne sind sowieso wieder mit von der Partie. Für gewohnte Momente des Schwelgens und Fortgetragenwerdens sorgen wir mit teils sanft, teils moderat und teils sogar regelrecht dynamisch angeschlagenen Soot- und Mora-Harfen. Besonders markant für unseren Sound ist abermals die Langeleik, die langgestreckte Griffbrettzither aus der norwegischen Volksmusik. Ergänzendes, passend mittelalterlich ertönendes Leierspiel bringt sich mittels der keltischen Crwth ein, deren Fingerbrett berührende Klänge entlockt werden. Ich spiele auf ‚Kvitravn’ erneut das Bukkehorn, also das Ziegenhorn, was zu sehr interessanten Nuancen beiträgt. Selbiges gilt für die herrlich geformten Bronze-Luren, die als frühgeschichtliche Naturtrompeten fest zu unserem Repertoire zählen.“

© Markus Eck, 09.03.2020

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