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Interview: WALDKAUZ
Titel: Im fantastischen Klangkosmos

Tiefgründiger Pagan Folk mit betonter Naturnähe ist das Pläsier der Hildesheimer Musikantenschar. Mittels keltischer Harfe, Drehleier, diversen Flöten, schwedischer Nyckelharpa und einer Bouzouki wird der Vortrag nuancenreich arrangiert aufgewertet.

Stimmig mystifizierend besungen werden die atmosphärisch-balladesken Kompositionen von Niklas Steffen, Nina Weggen und Fabienne Kirschke. Niklas legt eingangs dar, dass der Gruppenname für die Beteiligten inhaltlich als ein nocturnes Mysterium steht.

Waldkauz präsentieren ihre Lieder mit umfangreich ausgeprägter Bedacht. Dennoch wirkt die eingebrachte Inbrunst wohltuend dezent dabei durch. Befragt, was sie am schamanischen Mystizismus fasziniert, den alten Mythen, Sagen, Märchen und den mannigfaltigen Kräften von Mutter Natur, erhellt sich die Miene von Nina:

„Man stolpert beim Lesen von alten Geschichten immer wieder über bestimmte Motive oder Personen, die man mit ein wenig Fantasie problemlos in die Gegenwart übertragen kann. Diese ‚Aktualität‘ knüpft ein spannendes Band zwischen den Menschen quer durch die Zeiten und über Kontinente hinaus. Das ist faszinierend. Die Natur ist so allumfassend.“

Wie Drummer und Perkussionist Rick ‚Peter‘ Guenter klarstellt, huldigen Waldkauz rein niemandem.

„Und das ist auch einer der wichtigsten Punkte. Natur und die ganze uns umgebende Vielfalt, die Erde, die Sonne und alles darüber hinaus brauchen weder uns, noch unsere Verehrung. Sie brauchen Respekt und rücksichtsvollen Umgang. Ich brauche weder zur Sonne noch zum Himmel oder zum Erdinneren zu beten. Die Äpfel aus der Region ohne Plastikbeutel kaufen, das ist, wenn man es so nennen möchte, Naturverehrung.“

Als daraufhin das nachfolgende Gespräch zum Thema Umweltzerstörung übergeht, erhitzen sich die Gemüter regelrecht aufgrund der eindringlichen Thematik. Die Rebellischen, die Umdenker und die Neuausrichter sind immer noch viel zu wenige, wie es scheint, um den Kollaps noch aufzuhalten. Irgendwann gibt es nichts mehr zum Ausbeuten. Dann werden die Menschen in ihrem Allmachts-Wahnsinn - vielleicht - auf den Mars fliegen … und dann dort wohl auch so weitermachen wie hier auf unserem Planeten.

Peters Augäpfel verwandeln sich dabei in die reinsten Feuerbälle. „Da weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll. Die ganze Thematik ist so allumfassend, das sie sicher nicht in so einem Artikel zusammengefasst werden kann. Einfach mal nicht übers Wochenende nach Spanien fliegen, Camping statt Kreuzfahrt, eben Papiertüte statt Plastikbeutel. Wir brauchen nicht den einen großen Vordenker, sondern die breite Masse. Aber so lange große Unternehmen weltweit mit ihren Praktiken Raubbau an der Natur betreiben bleibt das leider nur ein kleiner Teil.“

Das gerne so genannte ‚Dunkle Mittelalter' mit all den Verblendeten und dumm Gehaltenen ist doch ach so lange vorbei - und man fragt sich heute in so genannten, ‚aufgeklärten Kreisen’ kopfschüttelnd, wie man damals denn bloß Hunden und Katzen etc. den ‚Inquisitionsprozess' machen konnte, während auch Kräuterfrauen und Heilerinnen als ‚Hexen‘ grausam gepeinigt, brutal geschändet, und oft bestialisch ermordet wurden.

Da drängt sich die Frage auf: Darf der Homo Sapiens denn nichts dazulernen, damit die alten, satanisch-okkult geprägten Machtverhältnisse der Eliten auch ja stets gefestigt bleiben?

Institutionalisierte Religionen und massenmedial perfide organisierte Sekten haben die Menschheit auch in so genannten, ‚aufgeklärten' Zeiten ohnehin fest im Griff. Peter denkt, wie er dazu sagt, dass viele Menschen Angst haben vor ihrer eigenen Unwissenheit und dass sie diese auch nicht akzeptieren möchten. „Ich kann mir die Unendlichkeit des Universums nicht vorstellen, aber das ist ok. Muss ich auch nicht. Ich kann es einfach hinnehmen.“ 



Niklas weiß zu ergänzen: „Religion hat quer durch die Menschheitsgeschichte immer wieder gute und schlechte Rollen gespielt und leider gab und gibt es immer Menschen, die das Vertrauen und die Angst der anderen für ihre eigenen Zwecke ausnutzen. Und im Angesicht einer immer komplexer werdenden Welt sind einfache, weil falsche, Antworten für viele Menschen leider zu verlockend.“

Viele Gruppen und Künstler versorgen die Szene mit derlei ‚natürlich' motiviertem Schaffen - oftmals geht es aber über obligatorische Interpretation bereits vorhandener Stile und Klänge nicht hinaus. Niklas hierzu, in aller Beflissenheit:

„Wir haben uns sowieso von Beginn an bemüht einen eigenen Weg zu gehen, und dies sowohl inhaltlich als auch musikalisch. So haben wir uns nie auf traditionelles Material verlassen sondern immer eigene Worte und Klänge gefunden, um bestimmte Thematiken zu beleuchten. Es ist uns immer wichtig gewesen, dass man auch die Menschen hinter den Songs erkennt und nicht alles unter einem zu hochtrabenden Konzept erstickt.“

Das Darbietungen der Formation umfassen neben tradiertem Liedgut auch eigene Stücke, wozu Peter angeregt erläutert:

„Traditionals sind kein nennenswerter Teil unserer Repertoires. Es hat uns sogar etwas Überwindung gekostet, uns an altes Material heranzuwagen. Die Herangehensweise ist unterschiedlich. Meistens gibt es eine Idee, einen Musik- oder Textfetzen, manchmal auch schon eine ganze Melodie, mit der jemand zur Probe kommt. Dann arbeiten wir damit, probieren aus, verwerfen, probieren etwas anderes. Daraus wächst etwas, Musik entsteht. Am Anfang ist nichts, am Ende ein fertiger Song. Das ist ein wunderbarer Moment. Das dauert unterschiedlich lange. Wir haben schon über ein Jahr an einem einzelnen Song gefeilt, andere waren an zwei oder drei Tagen fertig.“

2020 wird laut Niklas ein neues Waldkauz-Album erscheinen. „Natürlich wollen wir jetzt noch nicht zu viel verraten - aber viele Dinge laufen schon im Hintergrund und wir sind gespannt darauf, neue Stücke aufzunehmen und mit der Welt zu teilen.“

Nina hierzu: „Wir haben viel erlebt und gelernt seit dem letzten Album ‚Mythos’, welches 2017 erschien. Und das wird sich auf jeden Fall im Klang der kommenden Stücke widerspiegeln. Unsere Musik hat sich von unserem ersten auf das zweite Album stark weiterentwickelt und wir glauben, dass wir auch mit dem dritten wieder eine neue und spannende Facette unserer Vision von ‚Pagan Folk‘ zeigen können!“

Im Oktober 2018 feierten Waldkauz das fünfjährige Bandjubiläum mit einem kleinen Festival und hatten die Freude, so Niklas, diesen ‚Geburtstag‘ mit tollen Bands und Freunden zu feiern.

„Kurz darauf hat sich unser Gründungsmitglied Gina dazu entschlossen aus gesundheitlichen Gründen die Band zu verlassen, was natürlich eine große Veränderung auf allen Ebenen bedeutete. Aber wir haben viele tolle Musikerinnen in unserem Umfeld, sodass wir motiviert und mit viel Energie in die Saison 2019 starten! Und die startet dieses Jahr schon Mitte März mit einem Konzert im Spectaculum Mundi in München. Danach geht es direkt weiter mit zwei tollen Doppelkonzerten gemeinsam mit Cesair, der Epic Folk-Band aus Holland. Im Rahmen der ‚Pagan Journey Tour‘ spielen wir zwei tolle Konzerte in Hildesheim und im niederländischen Arnhem Ende März. Wir versuchen schon seit Jahren ein paar gemeinsame Shows zu organisieren, weil wir uns musikalisch toll ergänzen und gut befreundet sind. Umso glücklicher sind wir nun, da es endlich klappt!“

© Markus Eck, 06.02.2019

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