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Interview: TRAIL OF TEARS
Titel: Von unvergeßlichen Tränenströmen

Diese außergewöhnlich schön schillernden Norweger Nachtschattengewächse begannen 1994 unter dem Bandnamen Natt, was übersetzt „Nacht“ bedeutet. Die heute siebenköpfige Dark Gothic Metal-Band änderte dann ihren Namen drei Jahre später in Trail Of Tears um, um einer gesteigerten musikalischen Entwicklung Rechnung zu tragen.

Die weitläufige „Tränenspur“ des kreativ überragenden Melancholikerseptetts reicht vom ersten Demo „When Silence Cries...“ aus dem Jahr 1996 über das sang- und klangvolle 1998er Debütalbum „Disclosure In Red“, den 2000er Albumnachfolger „Profoundemonium“ bis hin zum aktuellen Langspielmeisterwerk „A New Dimension Of Might“.

Eine brillante Genreveröffentlichung, die aufgrund eines bisher nicht gehörten Ideenreichtums samt kongenialer instrumentaler Umsetzung für kollektives Szeneaufsehen sorgen wird.

Und dies nicht zuletzt auch wegen des involvierten Soprans: Selten wurde Frauengesang in diesem Metier anmutiger, lieblicher, sinnlicher und wohldosierter eingesetzt.

„Für uns bedeutet der passende Titel des neuen Albums, eine neue Dimension musikalischer Macht erlangt zu haben. Er basiert auf der Thematik des Openers `Ecstatic`. Wir möchten damit die grandiose Atmosphäre der aktuellen Scheibe und die schiere kreative Kraft des neuen Songmaterials darlegen. Nach dem bisherigen Feedback zu urteilen, teilen die Fans dieses Machtgefühl und können unsere dem Album zugrunde liegenden Intentionen auch restlos nachvollziehen“, erklärt Trail Of Tears-Sänger Ronny Thorsen den neuen Albumtitel zu Beginn unseres Meinungsaustausches.

Über ein thematisches Hauptkonzept verfügen die Norweger nach wie vor aber nicht, so der Vokalist.

„Wie schon die Werke zuvor, so soll auch `A New Dimension Of Might` sowohl durch Musik als auch durch dazugehörige Lyrik mittels eines jeden einzelnen Songs Auszüge aus unseren mitunter sehr dunklen Gefühlswelten erzählen. Eine rote Linie verfolgen wir nicht, jedes Stück steht vollkommen für sich selbst.“

Und demnach wird eine jede Komposition für sich von der Band auch genauso wichtig wie alle anderen Nummern genommen. Der Frontmann hierzu:

„Für mich ganz speziell sowie in abgemilderter Form für den Rest der Band stellen unsere Lieder die totale Äußerung von dem dar, was für uns auf dieser Welt wichtig ist. Schlüsselwörter, um die Texte zu beschreiben, wären beispielsweise Verrat, Konfusion, Hoffnung, Souveränität, Verleugnung und Stärke. Alle wurden in sehr gut überlegter Kombination verwendet, um ein künstlerisches Ganzes entstehen zu lassen. Der Songreihenfolge der neuen Stücke wurde demnach umso größere Aufmerksamkeit gewidmet.“

So empfiehlt der Sänger dringlich, den Fokus der Aufmerksamkeit hinsichtlich des neuen Releases neben der Musik auch auf die Texte zu legen.

„Um das Album wie von uns beabsichtigt in seiner ganzen monumentalen Größe zu erfassen, muß man unsere Lyrics vom ersten Song an sehr aufmerksam verfolgen und sie in sich arbeiten, reifen lassen. Die Hörer/innen werden diese natürlich unterschiedlich interpretieren, aber egal, wie man sie nun auffasst, sie sind nun mal von essentieller Relevanz, um `A New Dimension Of Might` restlos zu verstehen. Unsere Texte sind für mich ein enorm wichtiger Anteil am ereignisreichen Gesamterlebnis Trail Of Tears. Niemand von uns möchte schließlich wissen, wie der Film ausgeht, bevor er ins Kino geht. Genauso individuell sollte es mit unseren Liederzählungen gehalten werden.“

Der Bandname scheint nicht nur gut gewählt, er macht darüber hinaus auch immens neugierig auf seinen Ursprung, weswegen Ronny resümiert:

„Unser Gitarrist Terje kam 1997 damit an, als es Zeit für einen Namenswechsel war. Da Terje immens an der amerikanischen Historie und den Bräuchen der dortigen indianischen Ureinwohner interessiert ist, stieß er auf eine historisch authentische und traurige Begebenheit: Ein schmerzliches Ereignis, bei dem die Cherokee-Indianer von ihrem Grund und Boden durch weiße Siedler mit einiger Gewalt verjagt wurden. Der `Trail Of Tears` war die Route, welche für die nachfolgende Deportation genutzt wurde. Der Name entstand durch die vielen Tränen, welche darauf während der Aussiedlung von den Vertriebenen vergossen wurden. So hat er für uns keinerlei tiefere Bedeutung, sondern soll dieses unermessliche Leid reflektieren, welches heutzutage leider immer mehr in Vergessenheit gerät.“

Packend, diese Erläuterung, die viele noch niemals zuvor gehört beziehungsweise gelesen haben dürften.

Und betreffend inspirativer Eingebungen benötigen die sieben Tränenauslöser allerdings keinerlei Fremdeinflüsse.

„Wir lieben die Dinge im Großen und Ganzen, die wir täglich tun und so prasseln die Inspirationen für die Songs manches Mal regelrecht unaufhörlich auf uns ein. Dies geschieht ganz natürlich, wir verkrampfen uns da nicht und das hört man unseren Songs auch deutlich an. Während viele Acts sich entsprechender Literatur bedienen, haben Bücher bei uns noch nie eine Rolle gespielt. Eher sind einige Filmsoundtracks während des letzten Kompositionsprozesses in unseren Köpfen herumgegeistert. Wir versuchen auch nicht, größtmöglich kompliziert zu klingen, sondern geben lediglich unserem intuitiven Harmoniegespür nach.“

Sirenia, Tristania, The Sins Of Thy Beloved, Therion: Mit welcher solcher ständig in einem Atemzug mit Trail Of Tears genannten Bands kann sich Ronny mitsamt seiner Kapelle denn identifizieren? Mit keiner, wie er dazu feststellt.

„Es wäre nicht richtig, auch nur eine der genannten Gruppen als eine Referenz für Trail Of Tears heranzuziehen. Wir sind in erster Linie viel zu heavy, um damit verglichen zu werden. Sins Of Thy Beloved sind viel mehr Gothic als wir, Tristania sind mehr Industrial Gothic und die Musik von Therion ist um einiges mehr an klassischer Musik orientiert.“

© Markus Eck, 20.08.2002

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