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Interview: TANZWUT
Titel: In aller Selbsttreue

Seit vielen Jahren stehen diese Mittelalter Rocker für höchste Spielfreude, und das nicht nur auf ihren Platten. Auch auf der Bühne geht es immer heiß her, wenn Tanzwut sich ihrer Bestimmung mit Leib und Seele hingeben. Im Dezember 2018 brachten die Berliner zwei überfällige Re-releases heraus, die beiden Alben „Schattenreiter“ und „Ihr wolltet Spaß“.

Frontmann Teufel berichtet gut gelaunt: „Die Fans haben sich gefreut. Vor allem die neueren Verehrer der letzten Jahre, welche vorher nicht die Gelegenheit hatten diese CDs zu kaufen. Es ist für diese Leute einfach eine schöne Sache, mit unseren älteren Veröffentlichungen die Tanzwut-Sammlung vervollständigen zu können. Und genau so war es ja auch gedacht. Ich fand es immer schade, dass wir unsere CDs nicht vollständig anbieten können.“

Die gefeierten Bankette im Prinzenkeller und auch die Weihnachtsmärkte liefen für Tanzwut super, verkündet der Rotgehörnte.

„Wir hatten viel Spaß. Und auf Schloss Trebsen hatten wir, neben der Mittelaltermusik, auch lustige Nachmittage mit dem Theatrum Diaboli, dem Tanzwut Marionettentheater. In dieser Zeit entstand auch die Idee, dass wir unser neues Video auf dem Schloss drehen wollen. Es gibt da so viele schöne Räumlichkeiten. Da wir schon viele Jahre immer wieder auf dem Schloss präsent sind, ist es für uns schon wie eine zweite Heimat. Wir treffen immer viele bekannte Gesichter, aber auch neue Leute.“

Am siebten Juni wird das neueste Album „Seemannsgarn“ präsentiert, und laut Teufel wurde im Januar das Musikvideo zum Titelsong aufgenommen.

„Veröffentlicht wird das Video voraussichtlich im April. Im Herbst gehen wir dann auf Tournee zur CD. Wir haben außerdem noch tolle Konzertangebote erhalten und werden in diesem Jahr viel unterwegs sein. Vor allem ein Festival wird für uns ein Highlight werden. Leider können wir manches noch nicht verraten, da wir mit der Veröffentlichung warten müssen, bis dies von Veranstalter-Seite her freigegeben wird. Natürlich denkt man parallel schon wieder an so viele weitere Projekte. Aber leider kann ich mich nicht zerteilen. Wenn es Neuigkeiten gibt, werde ich es kundtun.“

„Seemannsgarn“ hat allerdings nichts mit obligatorischem Piraten-Mittelalterrock zu tun, so stellt der Sänger entschieden klar. „Wir bleiben Tanzwut! Wir bleiben unserem Stil treu. Wir hatten schon immer mal Lieder übers ‚Meer‘ dabei, möchten aber nicht zur Seefahrer-Band werden. Wir bewegen uns thematisch breit gefächert und setzen dies mit deutschen Texten, dem typischen Rock-Instrumentarium und ergänzt durch mittelalterliche Instrumente um. Der Dudelsack bleibt natürlich auch auf diesem Werk als unser Markenzeichen erhalten. Thematisch widmen wir uns aktuellen Themen, aber auch Dingen, die uns tagtäglich beschäftigen, aus unserem Leben stammen, wie das Marionettenspiel, oder eben Dinge, die mich schon als Jugendlicher geprägt haben. Das Lied ‚Seemannsgarn‘ zum Beispiel habe ich für einen ganz besonderen Menschen in meinem Leben geschrieben und immer, wenn ich das Lied höre, kommen bestimmte Emotionen hoch, die ich schon beim Schreiben des Textes hatte. So hat jedes Lied eine Bedeutung.“

Das Songwriting ist gut vonstatten gegangen, so ist zu erfahren.

„Wir sind mit unserem Produzenten ein eingespieltes Team. Wir treffen uns nicht und sagen, ‚innerhalb der nächsten zwei Wochen steht das Album’, sondern auch bei uns ist das Songwriting ein Prozess, der sich zum Teil über mehrere Monate hinziehen kann. Das heißt nicht, dass wir dann monatelang zusammensitzen, sondern, dass wir uns immer mal treffen und dann einzelne Songs bearbeiten. Bei vielen Texten habe ich beim Schreiben bereits eine Melodie im Ohr. Das erleichtert auch unsere Studioarbeit.“

Der abschließende Dialog dreht sich darum, ob und inwieweit sich die Authentizität der Mittelalterszene die letzten Jahre verändert hat, wobei auch die - teils üblen - Smartphone-Auswüchse der Fans thematisiert werden.

Teufel erörtert seine Sicht der Dinge: „Jede Szene macht ständig einen Wandel durch. Dies betrifft sicher nicht nur die Mittelalterszene. Das Smartphone ermöglicht natürlich eine ständige Recherche. Durch Internet und Smartphones erhält man, wenn man es möchte, so viele Informationen in kurzer Zeit, die man früher wahrscheinlich nie bekommen hat. Social Media ermöglicht es in unglaublicher Schnelle Gleichgesinnte kennenzulernen und leider auch Andersdenkende zu beschimpfen und als Unwissende hinzustellen. Auch ist es ja Trend, sämtliche Konzerte zu filmen und zu veröffentlichen, um zu zeigen: ‚Ich war dabei!‘. Ich selbst habe nichts dagegen mal kurz gefilmt oder fotografiert zu werden, aber mich freut es immer, wenn Leute ihr Handy einpacken und anfangen zu feiern und den Alltag vergessen. Das ist ja das Ziel. Die Menschen feiern zu lassen, ohne Zwänge. Und ein Smartphone kann schnell zu einer Art Zwang werden. Die Flut der Mittelalterbands in den letzten Jahren war und ist auf jeden Fall immens. Es ist ein Trend geworden, Dudelsack zu lernen. Die Märkte werden überschwemmt von Musikern und Mittelalterfans. Das gab es früher so nicht. Das Smartphone bietet natürlich auch uns die Möglichkeit sich schnell über andere Bands beispielsweise bei Festivals oder Supportbewerbungen zu informieren. Segen und Fluch also. Aber es kann auch schnell zum Zeitdieb werden!“

© Markus Eck, 05.02.2019

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