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Interview: SORGSVART
Titel: Philosophische Anarchie

Dass in der Bevölkerung Norwegens so einige extrem antihuman und umso stärker naturverbunden empfindende Musikantenseelen die dortigen Dörfer und Wälder behausen, ist ein bestärkender Fakt für jeden aufrecht empfindenden Viking-, Pagan- und Folk Metal-Jünger.

Um erschöpfend zu verstehen, dass die Mitgliederzahl beider Lager, also Gruppen und Hörer, stetig anwächst, genügt ein kurzer Blick in die täglich ausgestrahlten Nachrichten-Horrorshows massenmedialer Manipulantensender.

Zur manisch denkerisch veranlagten Heidengilde skandinavischer Ausnahmecharaktere zählt auch Sorg – ein wirklich abartig inbrünstig agierender Repräsentant der melodisch orientierten Viking Folk Black Metal-Garde.

Mit seiner aktuellen beherzt zusammengestellten Liedersammlung in Albumform, der Einstellung des Machers entsprechend sinngemäß „Vikingtid Og Anarki“ betitelt, beliefert er die Hörer erneut mit Großartigem.

Zeitgleich straft der erznordische langhaarige Naturmann Lästermäuler, Neider und Zweifler gleichermaßen Lügen.

Ja, der neue wertvolle Silberschild „Vikingtid Og Anarki“ ist nichts weniger als zeitlose wunderschöne Klangkunst für hochanspruchsvolle und verwöhnte Genießergeister.

„Ich lebe hier mitten tief in den zauberhaften Wäldern, zwischen hohen nebligen Bergen. Um mich herum habe ich eine Menge wilder Tiere. Alles in allem also ziemlich abseits vom eigentlichen Leben, wie es die meisten der heutigen Leute führen und auch führen möchten. Für die oftmals manisch konsumsüchtigen Individuen in den schmutzigen Ballungsräumen der Großstädte ist so ein Leben sicherlich nur schwer vorstellbar, aber ich liebe es über alles und möchte es nicht mal ansatzweise missen“, bekennt der von mir im Zwiegepräch in die Zange genommene Vollblut-Individualist anfangs mit dem Brustton der vollen Überzeugung.

In vollem Redefluss erstmal in Fahrt gekommen, legt dieser philosophisch veranlagte Gesellschaftsfeind sogleich mit kernigem Tonfall angemessen nach:

„Ich halte mich so gut es geht fern vom täglichen globalen Wahnsinn. Auch wenn ich bislang schon so einige Male beinahe psychisch und physisch zugrunde gegangen wäre an dem ganzen Dreck, den die moderne Menschheit so erzeugt, so bin ich doch stolz verkünden zu können: Ich bin am Leben, fühle mich stark und habe noch immer genug Kraft, um meine Pflicht zu erfüllen – denn ich kreiere noch immer meine Musik, welche direkt die westliche Heuchelei und Verlogenheit der großkapitalistischen Diktaturen anprangert beziehungsweise verdammt. Jede Komposition, die aus meiner Feder stammt, gleicht meiner Auffassung nach einer wütenden Armee, welche unter dem schwarzen Banner ursprünglichster Anarchie auf die Barrikaden geht. Ich sage es mit aller denkbaren Entschlossenheit: Jede Note, die ich komponiere, ist ein in die Schlacht ausgesandter Krieger, welcher die profitgierigen Weltbeherrscher in die Knie zwingen soll – um endlich die Freiheit der Menschen zurückzuerobern.“

Das hat er sehr schön formuliert. Leider aber werden solcherlei zünftige Notenattacken wohl nicht ausreichen, um die hier kritisierten Gegebenheiten wie von ihm so inniglich gewünscht abzuändern. Aber, tröstlich ist der Umstand, dass solcherlei Rebellenmusik das Dasein inmitten mannigfaltiger Missstände um einiges erträglicher macht.

Der dynamische Diskurs nimmt seinen von den alten Göttern bestimmten Lauf.

Immer mehr erhitzen sich die Gemüter der beiden Beteiligten angesichts solch´ brisanter Themenkontexte.

Ich hake daher ganz gezielt nach, ob der gute Sorg es wirklich schafft, der verhängnisvollen Fatalität der modernen Medien gänzlich zu entkommen.

Der deklariert dazu umgehend, eindeutig verneinend:

„Fakt ist: Es gibt für niemanden auf diesem Erdball eine Möglichkeit, den Massen- beziehungsweise Suggestivmedien gänzlich zu entwischen, denn sie sind mächtiger beziehungsweise omnipräsenter denn je zuvor und sie kriegen dadurch einfach jeden. Sie sind schließlich das am meisten effizienteste Werkzeug, zusammen mit dem perfiden Schulsystem, um all den Menschen die ganzen verdrehten Halbwahrheiten, widersprüchlichen Irrsinnigkeiten und hinterhältigen Lügen einzutrichtern. So sollen schließlich illusorische Scheinrealitäten aufgebaut werden, welche die anvisierten Gehirne entsprechend auf eine niedere Bewusstseinsebene nivellieren beziehungsweise immer noch weiter herunterskalieren. Und genau das dient ja in letzter Konsequenz nur den paar Institutionen auf dieser Welt, welche alles beherrschen und große Besitztümer unterschiedlichster Erscheinungsform angehäuft haben. Da braucht mich niemand einen verschrobenen Weltverschwörungstheoretiker zu nennen – ich habe mir ausreichend Hintergrundwissen angeeignet und weiß daher schon ganz genau, wovon ich hier rede. Ich kann jedenfalls keinerlei Form der Medien konsumieren, ohne mich dabei nicht massiv verarscht beziehungsweise kontrolliert und fremdbestimmt zu fühlen“, platzt es aus Notenmeister Sorg erneut hochimpulsiv heraus.

Wie er vor mir in diesem Zuge nachfolgend in aller Ehrlichkeit aufrichtig bekennt, konsultiert er ausschließlich alternativ und unabhängig ausgerichtete Medienportale.

„Man sollte sich dadurch primär einen liberalen Geist und eine reine Seele aufbauen, um in sich ein gutes Fundament für kritische Beobachtungen und Beurteilungen zu schaffen. Sonst geht man mental doch unweigerlich komplett vor die Hunde.“

Wie demnach zu erwarten, peinigt den so gut Bescheid wissenden Norweger daher auch eine nicht geringe Qual, wenn er an die vielfältigen Möglichkeiten der Ausspionierung durch das Medium Internet denkt.

„Einst nannte ich das Ganze noch selbst „Praktisches Medium für jedermann“ – bevor es zu einem weiteren und vielleicht sogar effektivsten Menschenkontrollinstrument der Mächtigen verkam. Was ich von MySpace halte? Es obliegt mir nicht darüber zu urteilen, ob die meisten Leute auf dieser Plattform sich aufgrund ihres Talentes berechtigt zur Schau stellen. Man sieht beziehungsweise hört aber doch in der Regel glücklicherweise ohnehin recht schnell, ob jemand als Gruppe, Solist oder auch Gruppenmitglied ein belangloser erbärmlicher Blender ist oder nicht.“

In der überwiegend peinlich kleingeistigen Welt der ganzen Selbstdarsteller und manischen Profilneurotiker ist es leider meistens das Allerwichtigste, so Sorg, allseits gesehen und gehört zu werden. Er konkretisiert seine Einschätzung:

„Doch einem aus ehrlichen Motiven mit größtmöglicher aufrichtiger Hingabe agierenden Künstler liegt viel mehr daran, das selbstlos und mit Herzblut Erschaffene einer Lebensmission gleich zu verbreiten. Einer Mission, die vom Kreativen selbst als wahre Bestimmung seines Daseins erachtet wird – eine Bestimmung, welche er höherwertig in seiner Selbsteinschätzung ansiedelt als das eigene Leben. Wer sich das nicht vorstellen kann, sollte sowieso erst gar nicht damit anfangen, Musik zu machen.“

Letztere Aussage erklärt demnach auch in Vollendung die immens hoch angelegte emotionale Komponente in den mit Liebe gemachten Kompositionen von Sorgsvart.

Beim reizvollen Thema traditionelle Braukünste beziehungsweise daraus entstehenden delikaten Gersten- und Hopfenelixieren bekommen sowohl Musikant als auch der Autor dieser Zeilen unerträglichen Durst.

Bei Sorg und mir gehen also umgehend sowohl Bierflaschen als auch Münder auf.

Der bekennend malzsüchtige Nordmann ist ein passionierter Liebhaber solcherlei Genüsse, wie er nun endlich auch mal laut lachend deklariert:

„Ich verehre dieses zornige Wasser! Und es gibt glücklicherweise so unendlich viele Biersorten, für die es sich wirklich lohnt, die eigene Existenz aufrechtzuerhalten!“

Einem alkoholisch hochprozentigen deutschen Traditionserzeugnis ist der skandinavische Multiinstrumentalist aber auch nicht abgeneigt, wie ihm zu diesem Themenkontext anschließend noch zu entlocken ist.

„Ja, der feine Kräuterschnaps namens Jägermeister. Den nenne ich gerne mein „Aqua Vitae“, also Lebenswasser!“

Da der einzelgängerische Skandinavier in seinem Gruppenschriftzug seit einiger Zeit das Anarchiesymbol führt, liegt abschließend natürlich die Erhebung nach dem Grund dafür auf der heidnischen Hand.

Klare Frage, klare Antwort:

„Es sollte ja wohl schon seit Längerem kein Geheimnis sein, dass es sich bei Sorgsvart bei aller primär vermittelten Misanthropie und Naturverbundenheit auch simultan um eine politisch ambitionierte Musikgruppe handelt – mit anarchistischen Gedankenmotiven. Und da Sorgsvart ja einzig aus mir allein besteht, ist es offensichtlich, dass ich der dahinter stehende Anarchist bin. Was dabei so schrecklich nonkonform und feindselig klingt, ist aber letztlich so zu verstehen: Wenn ich mich als Anarchist fühle und mich selbst als Anarchist bezeichne, dann meine ich das Ganze auf rein philosophischer Basis. Ich bin ein von Grund auf ehrlicher Freidenker, ich lasse mir von niemandem auf dieser Welt vorschreiben, wie ich die Dinge zu sehen habe. Das genau ist meine ganz persönliche Anarchie!“

© Markus Eck, 08.11.2007

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