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Interview: OLD MAN'S CHILD
Titel: Faible für musikalische Freiheit

In dem hochtalentierten norwegischen Multiinstrumentalisten Tom Rune Andersen, in Schwarzmetallkreisen besser bekannt als Galder, bog sich seit jeher eine straff gespannte künstlerische Triebfeder nach außen durch.

Ansonsten als ebenso rhythmusstarker wie spielerisch begnadeter Gitarrist in den Diensten von Dimmu Borgir tätig, veröffentlicht der auch kompositorisch überaus gut beschlagene Glatzkopf in regelmäßigen Abständen gehaltvolle Symphonic Black Metal-Alben mit seiner eigenen Band Old Man´s Child. Nun steht „Vermin“ in den Läden, das neueste Black Metal-Opus des ideenreichen Osloer Großmeisters.

Bereits das brillante 2003er Vorgängerwerk „In Defiance Of Existance“ fuhr überwiegend frenetisch jubelnde Kritiken ein. Und „Vermin“ wird da ganz sicher keine Ausnahme machen; nicht zuletzt durch den hochkarätigen Reno H. Kiilerich bedingt, einem Wahnsinnsschlagzeuger, der sich jüngst bei Dimmu Borgir als Live-Drummer verdingte und der zuvor auch schon bei diversen Death Metal-Mördertruppen wie Exmortem, Vile und Panzerchrist höchst angenehm von sich reden machte.

„Es hat immer wieder vor und Nachteile, wenn man wie ich bei Old Man´s Child fast alles im Alleingang macht, aber das ist mir hier aufgrund meiner absoluten musikalischen Freiheit und Entscheidungsgewalt noch immer das Liebste. Ich habe zu jeder Zeit die volle Kontrolle, und das bezieht sich auf das Songwriting gleichermaßen wie auf die instrumentelle Ausführung meiner Kompositionen“, erzählt Galder eingangs.

Wie der auch als Sänger wieder eine sehr gute Figur machende Norweger mir ohne jeden Anflug von durchaus berechtigtem Schöpferstolz weiter berichtet, hat er für „Vermin“ tatsächlich sämtliche Instrumente außer dem Schlagwerk eingespielt: Sämtliche Gitarren, den Bass und auch all die monumental-gespenstischen Keyboardsymphonien. Er verkündet:

„`Vermin entstand in verschiedenen kreativen Perioden. Immer, wenn ich genug Ideenmaterial angesammelt hatte und es die Zeit mir zuließ, werkte ich an den neuen Stücken für Old Man´s Child.“

Wer von den Hörern nun die Annahme hegt, dass Old Man´s Child für Galder lediglich so was wie eine Art Auffangbecken für sonst nirgends verwertbare Songideen darstellt, der soll sich gründlich getäuscht haben, wie mein Gesprächspartner sich verteidigt:

„Ob Dimmu Borgir oder Old Man´s Child: Ich gebe bei beiden Bands immer 100 % meiner Möglichkeiten. Dimmu Borgir ist eben meine Hauptband, in der ich die Möglichkeit habe, auf professionelle Weise das ganze Jahr über die Musik zu machen, die mir auch noch persönlich gefällt. Jeder muss Geld verdienen, um seine Rechnungen zu bezahlen. Doch wann immer ich hier in meinem Haus in Oslo einige ruhige Minuten habe, widme ich mich ehrlich gesagt voll und ganz Old Man´s Child. Und doch ist Old Man´s Child sehr viel mehr als ein Hobby für mich, ich bin davon eigentlich ebenso besessen wie bei Dimmu Borgir mein Bestes zu geben.“

Wie es scheint, hat der einstige zweite Gitarrist Jardar Old Man´s Child nun verlassen, zumindest taucht sein Name nicht mehr auf der neuen CD auf. Galder erläutert hierzu: „Nein, eigentlich nicht, von einem Ausstieg kann keine Rede sein. Es ist nur so, dass seit meinem Einstieg bei Dimmu Borgir dermaßen damit beschäftigt bin, dass ich mich Old Man´s Child leider immer wieder nur ganz sporadisch und plötzlich widmen kann. Das macht eine Zusammenarbeit mit anderen Musikern verständlicher Weise äußerst schwierig, denn wer will und kann schon stets nur auf ein Blitzkommando hin im Proberaum erscheinen? Jardar hat für die aktuelle Platte daher lediglich nur ein einziges Riff beigesteuert, er wird auf dem nächsten Studioalbum aber vielleicht wieder mitmischen. Wir werden sehen.“

Kesselmeister Kiilerich hielt den zeitlichen Anforderungen Galders jedoch bestens Stand, so gestaltete sich die Zusammenarbeit mit diesem dänischen Tier an den Trommeln überaus gut, so der Chef:

„Er lernt das Drumming für neue Songs sehr schnell und auch sonst verfügt Reno über eine außergewöhnlich schnelle künstlerische Auffassungsgabe, ich kann also nur das Beste über ihn sagen. Seit einiger Zeit ist eine Leidenschaft von mir geworden, für meine Alben mit Old Man´s Child auf international bestens anerkannte Spitzentrommler zurückzugreifen. Nach der US-Legende Gene Hoglan, bekannt von den Thrashern Dark Angel und Death krallte ich mir ja bekannter Weise den ehemaligen Cradle Of Filth- und Dimmu Borgir-Drummer Nick Barker; da musste für das neue Album `Vermin` natürlich wieder ein ganz besonderer Taktmann her. Ich hatte Reno dabei schon länger im Auge. Er war nach einer speziellen Unterredung mit mir durchaus interessiert. So schickte ich ihm mein neuestes Material in einer Art roher Vorab-Produktion, aufgenommen mit Drum-Computer und mitsamt einer beiliegenden Offerte des Session-Spiels bei Old Man´s Child. Dann wartete ich gespannt ab, wie er darauf reagieren würde.“

Kiilerich sagte alsbald definitiv für den Session-Job zu und so trafen sich die beiden Protagonisten in den etablierten schwedischen Fredman Studios zu den Aufnahmen von „Vermin“ wieder, wie ich erfuhr. Galder resümiert voll des Lobes:

„Wir übten gleich nach unserer Ankunft einige Stücke ein, was vom Fleck weg sehr gut klappte. Ich hatte gleich ein sehr gutes Gefühl, als ich sein überaus versiertes Drumming damals das erste Mal hörte, und mein Gefühl sollte mich im Fall von `Vermin` nicht im Geringsten getäuscht haben. Auch wenn sich unsere differierenden Persönlichkeiten nicht immer in gewünschter harmonischer Weise übereinander legen ließen, so erzielten wir doch beste Resultate. Mir ist es ohnehin lieber, wenn jemand mir bei Bedarf sofort widerspricht und mich aus der Reserve zu locken versteht, als wenn jemand zu allem Ja und Amen sagt. Nach einiger Zeit hatten wir somit einen für uns beide jeweils besten und ergiebigsten Weg gefunden, meine neuen Songs für `Vermin` perfekt auszuarbeiten.“

Bisher glänzte der Bandname Old Man´s Child nicht gerade durch mannigfaltige Live-Aktivitäten, eine Tour scheint also bereits seit langer Zeit überfällig. Galder würde, wenn es dazu käme, auf jeden Fall Kiilerich samt seinen Sticks mit ins Gepäck nehmen, wir er mir verrät. „Und da haben wir auch schon das große Problem, das bisher eigentlich immer bis meistens dafür sorgte, dass es so wenige Touren von Old Man´s Child gab: Es ist so dermaßen schwierig, gerade für mich als ausgesprochenen Perfektionisten, entsprechend gute und auch zuverlässige Musiker zu finden, die mit mir auf eine Tour für Old Man´s Child gehen würden. Daran ist es bis jetzt seit ganzen sechs Jahren noch jedes Mal gescheitert.“

Und dazu kommt auch noch, dass eine Tour in der entsprechenden Ausführung, wie sie für eine Band der Größenordnung von Old Man´s Child erforderlich wäre, ja nicht nur eine gigantische Vorbereitung erfordert, auch die logistische Seite muss zu 100 % sicher abgedeckt sein, so Galder. „Ich persönlich würde mit Old Man´s Child liebend gerne mal wieder auf Konzertreise gehen, gerade mit Reno. Wenn ich mir vorstelle, wie gewaltig sein anspruchsvolles Spiel auf der Bühne bei einem guten Mischer klingen würde, kann ich es ehrlich gesagt eigentlich kaum mehr erwarten, die Bretter zu betreten.“

© Markus Eck, 27.09.2005

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