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Interview: NORTHWARD
Titel: Was lange währt …

Die Frage, ob die Welt wirklich ein weiteres Hardrock-Projekt braucht, beantworten Sängerin Floor Jansen und Gitarrist Jørn Viggo Lofstad mit einer emotionalen Fülle an eigenständig-dynamischen und knackig-frischen Songs. Sie, die Niederländerin und er, der Norweger, vereinen sich dabei auf dem Debütalbum mit ihren individuellen Eigenheiten, Mentalitäten und Temperamenten zu einer impulsiv berührenden, energisch schöpferischen Back-to-basics-Symbiose aus Kick Ass-Kraft und ungeschminkter Schönheit.

Die langjährige musikalische Erfahrung von Energiebündel Jansen, bekannt geworden mit ihrer ersten Band After Forever und seit 2013 am Nightwish-Mikro, trifft sich mit der Reife und Professionalität Lofstads auf gleicher Höhe. Letzteren kennen seine Fans seit der Jahrtausendwende von der Progressive Metal-Truppe Pagan’s Mind. Zudem ist er als Axeman und Songwriter für seinen Landsmann, den umtriebigen Vokalisten Jørn Lande populär geworden.

Mit Floor präsentiert der sympathische Saitenvirtuose jetzt endlich die Northward-Kompositionen.

2008 standen die beiden Schaffenshungrigen in den USA beim dortigen Progpower-Festival gemeinsam auf der Bühne, im Zuge dessen erfolgte die Gründung von Northward. Gesagt, getan.

Anschließend erarbeiten die zwei Künstler Song um Song, rückten immer enger zusammen.

Durch die vielen Verpflichtungen der Beteiligten verzögerte sich die Veröffentlichung der Lieder bis in dieses Jahr.

Jørn erinnert sich noch genau an den ‚All Star Jam’, der ihn und Floor als hart rockendes Duo zusammenführen sollte.

„Es war ein sehr spezielles Set mit vielen Sängern. Wir spielen eine Menge Lieder, die Leute hatten einfach großen Spaß damit. Als Floor auf die Bühne kam und wir einige Songs zusammen performten, entstand sofort eine sehr gute, zwischenmenschliche und auch kreative Chemie zwischen uns. Als wir dann anschließend Backstage waren und ein paar Biere miteinander tranken, vertraute sie mir an, dass After Forever am Auseinander-brechen waren. Sie sagte, sie würde einen Künstlerpartner suchen, mit dem sie eine Form von Musik machen könne, die so gar nichts mit ihrem vorherigen Symphonic Metal-Wirken gemeinsam hätte. Da sie über meine umfangreichen Aktivitäten bei Jørn und anderen Bands ganz gut Bescheid wusste, und mich als Gitarrist seit längerer Zeit schon sehr schätzte, entwickelte sich ein sehr angeregtes Gespräch. Dabei kristallisierte sich heraus, dass wir in Sachen Songwriting und offenem Musikgeschmack hervorragend auf einer Wellenlänge liegen. Wir entschieden also voller Freude, gemeinsam etwas aufzuziehen und so schnell als möglich mit dem Songwriting zu beginnen!“

Und der damals getroffene Entschluss, künftig in engem Kontakt und Ideen-Austausch zu bleiben, wurde nach Kräften umgesetzt.

„Einige Monate später reiste ich tatsächlich zu ihr in die Niederlande. Es folgten einige Tage der gemeinsamen Arbeit an den ersten Nummern, die wir in ihrem Appartement umsetzten. Es lief völlig geradeaus und reibungslos. Ob so etwas wirklich wie gewünscht oder geplant funktioniert, weiß man vorher nie so ganz genau, man muss es einfach ausprobieren. Das Menschliche ist dabei ein wirklich relevanter Faktor, zumindest bei Floor und mir, auch darin sind wir uns erstaunlich ähnlich. Daher ‚klickte‘ es auch schlagartig. Sechs Monate später, nach sieben bis acht ähnlicher solcher Sessions an langen Wochenenden, flog sie erstmals zu mir nach Norwegen in die Stadt, in der ich damals lebte. Ich habe hier entsprechende Studiotechnik, worauf wir die Kompositionen begannen aufzunehmen. So entstand nach und nach die Musik für das aktuelle, selbstbetitelte Debütalbum.“

Doch es sollte aufgrund der anhaltend großen Fülle an Verantwortlichkeiten der beiden noch einige Jahre dauern, bis sie sich im März 2017 schließlich wieder zusammentun konnten, um endlich so richtig Sache für Northward machen zu können.

Und dafür zeichnet auch primär die vorübergehende Schaffenspause verantwortlich, die von Nightwish eingelegt wurde.

„Die gute alte Chemie war wieder da, als wäre sie nie weg gewesen. Auch die Begeisterung kochte sofort wieder in uns und füreinander hoch - und wir konnten nahtlos anknüpfen!“

Bei Northward wirken klassische Hardrock-Einflüsse, die sich äußerst lebendig mit Genre-Merkmalen der jüngeren Zeit vermengen. ‚Classic Hardrock goes Alternative‘, könnte man dazu sagen. Auf die erstaunlich multipel zusammengesetzte, aber vollkommen homogen und gekonnt verknüpfte Stilistik von Northward angesprochen, gerät der besonnene Mann in gesteigerten Redefluss.

„Dass kommt daher, dass Floor auch auf modernere Bands wie Skunk Anansie abfährt, während ich ja doch eher in den Klassikern des Metiers verhaftet bin - Led Zeppelin, Black Sabbath, Deep Purple oder auch Dio beispielsweise. Die Songs, die nun auf unserem Debüt zu hören sind, konnten zudem auch ganze zehn Jahre ausreifen. Floor hat in dieser Zeit eine Unmenge an neuen Erfahrungen sammeln können. Sie hat dabei richtig viel dazugelernt und sich nicht nur persönlich, sondern auch stimmlich entsprechend weiterentwickelt, was unseren Stücken wirklich enorm zugute kommt.“

Wie der erprobte Saitendehner mit aller Überzeugung in Wesen und Stimmfall anfügt, hält er „Northward“ für eine Veröffentlichung, die es so bislang noch gar nicht zu hören gab.

„Ja, das stimmt, es ist eine gut ausbalancierte Mischung aus traditionellem und modernem Hardrock. Diese Platte hat mit der von uns bislang gewohnten Musik und vor allem auch Floors Art zu Singen eben herzlich wenig bis gar nichts zu tun. [lacht] Sie beweist nicht nur einmal mehr, dass sie zu den besten Sängerinnen in unserer Gilde überhaupt gehört. Sondern sie beweist dabei auch einen Facettenreichtum und eine überaus originell angeleitete Vielfalt, die ihr selbst einige ihrer größten Fans und engsten Vertrauten wohl so auch nicht zugetraut hätten. Einige der Lieder sind betont melodisch ausgerichtet, einige weisen aber auch deutliche progressive Elemente auf, etc. Und Floor tobt sich überall darin so richtig aus!“

Auf eine Live-Präsenz von Northward müssen sich die Leute allerdings noch ein wenig länger gedulden, stellt Jørn klar.

Falls es überhaupt dazu kommt, so der Gitarrist mit nachdenklicher Miene.

„Letztlich hängt dies von mehreren Faktoren ab, auf die wir beide relativ wenig Einfluss haben. Wir blicken jetzt zunächst erst einmal hoffnungsvoll in die Zukunft von Northward und wünschen uns natürlich von ganzem Herzen, dass die Leute da draußen unsere Songs ebenso verstehen wie lieben werden.“

© Markus Eck, 29.09.2018

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