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Interview: MEGAHERZ
Titel: Himmelsstürmer

Ziemlich viel durften die Anhänger nach den überzeugenden Veröffentlichungen der letzten Zeit von den Münchnern erwarten.

Aber dass sich Sänger Lex & Co. nun mit einem so ausgefeilten und mühelos begeisternden Album in die Ohren schießen, ist als echte Überraschung zu feiern. Treffend mit „Komet“ betitelt, präsentieren die enthaltenen Kompositionen eine edel als auch harmonisch ausgereifte Formation, der es gelingt, mit Vielfalt über den Tellerrand des Genres NDH hinauszugehen.

‚Kommerzieller‘ kann man dies nennen. Respektvoller und würdigender ist ‚Bislang schlüssigste Selbstfindung‘. Denn „Komet“ hat das Zeug zum Klassiker. Sänger und Songtexter Alexander ‚Lex‘ Wohnhaas, laut eigener Aussage „natürlich gut feiernd und gesund ins neue Jahr gekommen“, sehnt sich am meisten nach Live-Events.

„Wir haben 2017 recht wenig Konzerte gespielt und uns hauptsächlich zu unserem Gitarristen X-ti ins Studio verkrochen. Da freue ich mich endlich wieder auf mein ‚Wohnzimmer‘, die Bühne.“

Und Christian ,X-ti‘ Bystron hat ganze Arbeit geleistet. Die Produktion ist wuchtig und klar, bullig und doch transparent.

„Alles wurde in seinen Herzwerk Studios aufgenommen und ‚zusammengebastelt’. Das Ziel war, den Weg, den wir mit dem Vorgängeralbum ‚Zombieland‘ und der EP ‚Erdwärts‘ eingeschlagen hatten, konsequent weiterzugehen und mit noch mehr Härte zu versehen. Obwohl es auf ‚Komet‘ wieder gewohnt viele Samples und Keyboards gibt, ist das tragende Element trotzdem immer die Gitarrenwand und natürlich die Melodie in den Vocals. Wir stehen eben auf melodische Songs und versuchen das mit ‚megaherzlichen‘ Mitteln umzusetzen. Ich glaube, dass hat X-ti diesmal wieder ganz gut hinbekommen. Er ist als Produzent schon recht pedantisch und achtet wirklich auf jedes Detail. ‚We will fix it in the mix‘ gibt es bei ihm nicht. Gerade bei den Vocalrecordings nehmen wir uns echt viel Zeit und sind erst zufrieden, wenn es w-i-r-k-l-i-c-h passt. Dem Album tut so etwas unterm Strich natürlich immer gut! Ich bin schon recht happy, wie das Ganze geworden ist.“

Hungrig-mutig gebliebene Visionäre
Das Frontcover der neuen Scheibe könnte typisch ‚russischer‘ wohl nicht sein. Ein aufsteigender Himmelsschweif und zwei heroische Figuren, die mit ihren Zeigefingern ebenso steil nach oben deuten … ein bildgewaltiges Motiv, dass sofort ins Auge sticht. Lex:

„Ja, tatsächlich haben wir uns, was unsere Bühnenoutfits und auch den Look von ‚Komet‘ angeht, etwas vom ‚Sputnik-Geist‘ der frühen Sowjet-Ära inspirieren lassen, das war allerdings nicht der ausschlaggebende Punkt für das Cover. In ‚Komet‘ geht es in vielen Songs um Veränderung, den Mut, Dinge voranzubringen und auch ganz klar Stellung zu beziehen. Wir fragen nicht umsonst beispielsweise im Song ‚Heldengrab‘: ‚Wer kriegt den Arsch noch hoch? Wer macht den Unterschied?‘ Es liegt an uns, Dinge zu verändern. Wir können noch so viel motzen und meckern, wenn wir nicht bei uns selbst den Anfang machen, wird sich auch nichts bewegen. Das Cover bedeutet für mich: Aufbruch, Mut, Hoffnung in die Zukunft.“

Sieht man die ‚Uniform‘-Overalls der Musiker mit den kosmisch-militärisch wirkenden Abzeichen, lassen diese umso mehr der frühesten Raumfahrer entsinnen.

„Wir haben uns auch dazu vom ‚Kosmonautenlook‘ der 1960er Jahre inspirieren lassen. Das war meiner Meinung nach eine ähnliche Zeit wie heute. Viele Veränderungen, welche die Menschen beschäftigt haben, mit all den Ängsten und Hoffnungen, wie sie uns heute umtreiben. Auf der einen Seite die Kuba-Krise und der Kalte Krieg, auf der anderen die erste Mondlandung und so viele technische wie gesellschaftliche Errungenschaften. Die Bilder der Kosmonauten und Astronauten - von Sputnik bis Neil Armstrongs berühmten Satz: ‚Ein kleiner Schritt für mich, aber ein großer für die Menschheit!‘ - verkörpern für mich positive Aufbruchsstimmung mit einem hoffnungsvollen Blick in die Zukunft.“

Zu „Komet“ möchte man die Formation schlagartig beglückwünschen, denn die Lieder hören sich ausnahmslos vollauf eigenständig und gänzlich authentisch an.

Megaherz dürften damit das reinste Alleinstellungsmerkmal 2018 im Bereich NDH für sich verbuchen können.

Auch insgesamt ergeben die Lieder ein homogenes Hörerlebnis, welches trotz der teilweisen Härte wohltuend berührend und angenehm harmonisch klingt.

„Das hört man natürlich gern. Ich hoffe, die Leute werden es genauso lieben. Ich fühle mich absolut glücklich mit dem Album“, kommentiert der Frontmann in bester Laune.

So haben sich die NDH-Vorreiter niemals so emotional wie auf „Komet“ gegeben, was Lex genauso sieht. „Das trifft eigentlich ziemlich den Nagel auf den Kopf. Für mich ist es auch das emotionalste und gefühlt authentischste Album von uns. Das hat auch einen, sehr tragischen, Grund. Wie man vielleicht weiß, ist X-ti nicht nur der Produzent von ‚Komet’ wie auch der letzten Megaherz-Alben, sondern auch Kreativer Dreh- und Angelpunkt in Sachen Songwriting. Mitten in der Albumproduktion verstarb sein Vater plötzlich und die Produktion stand natürlich erst mal still. Es ging nichts mehr voran. Und es stand völlig in den Sternen, ob und wann das neue Megaherz-Album überhaupt fertig werden würde. Das alles vor dem Hintergrund, dass bereits die komplette Tour für uns gebucht war und unerbittliche Deadlines immer näher rückten. Dann lieferte X-ti mit der Komposition ‚Von oben‘ einen ganz besonderen, völlig außergewöhnlichen Song für ‚Komet‘, mit der einen Zeile: ‚Ich weiß ganz genau, du kannst mich von da oben sehen.‘ Es war für mich eindeutig, dass X-ti dieses Lied nur für seinen Vater geschrieben hat. Nur zu bereitwillig kam ich seiner Bitte nach, den Songtext dazu zu verfassen. Dies war ein sehr emotionaler, ein tief aufwühlender Moment, der uns auf menschlichem Sektor noch sehr viel näher zusammenbrachte und verschweißte, als es ohnehin schon der Fall war.“

So dringt auf „Komet“ ständig durch, wie sehr das Quintett zu seinem kreativen Kern vorgedrungen ist.

Dass dieser aktuellen Hitserie zu jeder Sekunde eine deutlich hörbare Entschlossenheit entströmt, kommt nicht von ungefähr.

„Wir haben schon auf ‚Zombieland‘ unsere Liebe für eingängige Melodien gefunden und diese mit der unnachahmlichen Härte verbunden, für die Megaherz seit jeher bekannt ist. Es gibt kein Patentrezept für Megaherz-Songs. Tatsächlich ist jedes Album ein Neubeginn und wir starten fast bei Null. Was uns vorantreibt, ist der unbedingte Wille, Songs zu schreiben, die etwas bedeuten. Die uns und die Leute berühren. Das es am Ende nach Megaherz klingt, dafür sorgt schon X-ti.“

Insbesondere in „Von oben“ kommt vor allem auch die breitere Stimmfärbungspalette seines Gesangs zum Tragen. Lex vokalisiert 2018 klarer, bewusster und organischer. „Das war tatsächlich kein ‚normales‘ Einsingen, auch im Studio. Durch die vielen Gespräche mit X-ti über das Thema, wusste ich, wie wichtig ihm der Song ist. Ich habe diesen Text wirklich einzig nur für ihn und seinen Vater geschrieben. Dennoch ist es ein Song, mit dem sich jeder, der schon mal einen geliebten Menschen verloren hat, identifizieren kann. Ich habe schon bei ‚Für immer‘ jedes Mal eine Gänsehaut, wenn ich ihn live singe. Ich möchte nicht wissen, was in X-ti vor sich geht, wenn wir ‚Von Oben‘ zum ersten Mal auf der kommenden Tour spielen.“

Sein Gesang auf „Komet“ zeigt Künstler und Frontfigur Lex auf ‚menschliche’ Weise universell gereift. „Gerade ‚Von oben’ eben hat mir aber auch die Möglichkeiten dazu geboten. Ich arbeite immer an mir und meine Stimme ist nun mal mein Handwerk. Ich denke, man lernt nie aus. ‚Gereift‘ klingt schon ein wenig nach dem Ende einer Reise, aber das Geheimnis liegt darin, jedem Song die Stimme anzugedeihen, die er verdient. Seit ‚Zombieland‘, als wir den Schritt weg vom tiefen Sprechgesang und bloßen Shoutrefrains hin zu mehr Melodie und Variabilität in der Musik wagten, habe ich stimmlich natürlich ganz andere Möglichkeiten, mich einzubringen, und das nutze ich.“

Eine Vision oder Richtung zeigt sich laut Aussage des Vokalisten in der Regel erst nach den ersten paar Songs ab, welche „einfach mal so drauf los geschrieben“ werden.

„Vorhang auf“ sowie „Heldengrab“ waren Texte, die bereits sehr früh fertig waren, so Lex.

„Das hat schon mal Duftmarken gesetzt. Mit wachsender Songzahl ergibt sich immer mehr ein Bild, fast wie ein Puzzle, das man zusammensetzt. Meist begreife ich erst am Ende richtig, was wir da eigentlich gemacht haben und bin jedes Mal wieder erstaunt darüber, wie beinahe unterbewusst sich alles homogen zusammenfügt.“

„Vorhang auf“ ballert um sich - und versprüht nicht nur mittels den Synths pure Aufbruchsstimmung, rhythmisch gewaltig und mit theatralischer Attitüde. Der Mann beginnt zu erstrahlen: „Ein richtig fetter Opener. Das war mir schon bewusst, als ich den Text geschrieben habe, aber X-ti hat mit seiner unnachahmlichen Art noch einen drauf gesetzt. Ein Song, der gleich die Marschrichtung vorgibt: nach vorn! Wir schauen nicht zurück.“

Der Titeltrack ist auffallend melodisch und frisch klingend geworden und erfüllt seine Rolle als Namenspate für das Album somit mit Bravour. „Der Song symbolisiert für mich in reinster Form alles, wofür das Album steht: Aufbruch, Veränderung, das Alte verbrennen und Neues schaffen. Von daher war es nur logisch, dass er auch der Namensgeber für das Album wird. Musikalisch hat mich von Anfang an die Gitarrenline fasziniert. Für mich ist auch die Gitarre der heimliche Star in diesem Lied. Meine Stimme ‚untermalt‘ sie nur.“

Als der interessierte Dialog aus dem aktuellen Gesprächskontext heraus zum weitläufigen Thema ‚Sternschnuppen, Astronomie und das Universum generell‘ übergeht, wird der Fronter zunächst sehr nachdenklich und es benötigt doch einige Sekunden, bis sein Statement den Mund verlässt.

„In den Sternenhimmel habe ich tatsächlich schon lange nicht mehr geschaut. Schade eigentlich. Wir sind oft zu sehr auf unsere eigenen Ziele fixiert, so dass man manchmal den Blick für das Wesentliche verliert. Danke. Da werde ich mich doch mal an einem schönen Sommerabend wieder mit einer guten Flasche Wein an den See hocken und den Sternenhimmel bewundern. Was den Kosmos angeht, bin ich natürlich ein großer Sci-fi-Fan. Ich wäre gerne dabei, wenn die Menschheit ihre Reise zu anderen Sternen beginnt. Bis dahin müssen wir allerdings noch so einiges hier unten auf der guten alten Erde in Ordnung bringen.“

Da auch die anderen Lieder des neuen Albums geradezu eine gewisse, ungekünstelt wirkende 'Catchyness' versprühen, liegt die Mutmaßung nahe, dass Megaherz ‚Voll Bock‘ auf betont eingängige Kompositionen hatten.

„Ja, und das hatten wir auch schon auf ‚Zombieland‘. Ich denke nur, es ist uns auf ‚Komet‘ gelungen, es noch homogener in einen Sound zu pressen, der sich über das komplette Album durchzieht. Aus unserer Sicht, jedoch nicht durch Pop-Plattitüden und ‚Gitarren-weglassen‘, sondern durch Besinnung auf das, was Megaherz schon immer ausgemacht hat: stampfende Beats und fette Gitarrenarbeit.“

Bestimmte Nummern auf dem neuen Werk, die ihm ganz besonders nahe am Herzen liegen, welche, zu seinen persönlichen Lieblingsliedern wurden, sind „Heldengrab“ und „Nicht genug“, offenbart Lex.

„‚Heldengrab‘, weil er so anders ist, als alles andere, was wir bisher gemacht haben, und ‚Nicht genug‘, weil er quasi in letzter Minute auf das Album kam und womöglich der beste, letzte, also abschließende Titel überhaupt für ein Album ist.“

„Nicht genug“ taugt als Seelenschlürfer ebenso wie als überfällig animierender Kickstarter, um mit zwischenmenschlichen Missständen im eigenen Dasein aufzuräumen. „Die Musik dazu hat mir X-ti kurz vor Abgabe geschickt und der Song hat mich einfach nur umgehauen. Er ging mir sofort ins Ohr. Den Text dazu habe ich glaube ich in weniger als einer Stunde geschrieben. Vielleicht, weil er auch so gut zu meiner persönlichen Lebenssituation letztes Jahr passt. Ein absoluter Ohrwurm und Krachersong.“

Aufruf an echte Heroen
Das vorzüglich tanzbare „Heldengrab“ regt zum Diskutieren darüber an, was genau ein echter Held denn eigentlich ist. Dass dieser Begriff leider verwässert und missbraucht wird, findet die Zustimmung des Sängers. „Aber man sollte auch keine Angst davor haben. Für mich ist das Bild des Helden ein durch und durch positives. Es ist ein Leitbild. Ein Held ist nicht unfehlbar, nicht unbesiegbar, aber er ringt mit seinen Dämonen, überwindet seine Schwächen und übernimmt Verantwortung. Er meistert bewusst und authentisch sein Leben. Wer von uns ist noch geerdet und mit sich selbst im Reinen? Wir sagen meist etwas Anderes, als wir denken. Aus Angst, aus Eigensucht oder weil wir nichts falsch machen wollen. Helden haben keine Angst, Fehler zu begehen, solange sie an das glauben, was sie tun. Das kann wirklich jeder von uns. Im Großen wie im Kleinen. Wo sind diese Helden? Darüber singe ich in ‚Heldengrab‘.“

Auf textlichem Terrain merkt man diesmal in prägnanter Wortweise, dass Lex bereits vor einiger Zeit unter die (Hörbuch)Autoren gegangen ist.

Vor allem „Scherben bringen Glück“ ist lyrisch absolut originell und völlig individuell.

Von Anfang bis Ende der neuen Platte scheint ein roter Faden vorhanden zu sein, was die Themen der so oft bewusst kritisch angelegten Lieder angeht.

„Tatsächlich gehen die Texte auf ‚Komet‘ inhaltlich gut Hand in Hand. Trotzdem ist es kein Konzeptalbum. Ich denke, es lag einfach daran, dass mich die Fragen über die Veränderungen, die wir ja alle bemerken, die Ängste und Hoffnungen, die diese mit sich bringen, und die Antworten, die ich dazu gefunden habe, während des kompletten Songwritings beschäftigt haben. Wir leben in einer Zeit dazwischen. Zwischen der Welt von gestern und der von morgen. Das macht Angst und Hoffnung zugleich. Ich habe in meinen Liedern versucht, der Angst den Kampf anzusagen und Mut auf diese Zukunft zu machen. Der ‚Komet‘ ist ein Neubeginn. Aber man kann nur Neues starten, wenn man das Alte hinter sich lässt. Das gilt für das eigene Wohlbefinden wie für die große Weltpolitik.“

Philosophischer Tiefgang. Da steht die Frage an, welche Art von Büchern, Romanen, Literatur etc. ein Mensch wie Lex mag. Der freut sich sichtlich über die Anregung zum nächsten Kommentar. „Mein absolutes Lieblingsbuch ist von Victor Hugo, ‚Die Elenden‘. Daran habe ich wirklich eine Weile echte Freude gehabt. Genial finde ich auch Raymond Chandler oder Carlos Ruiz Zafon, ein Autor, den ich erst vor kurzem für mich entdeckt habe. Von ihm kann ich jedem das Buch ‚Das Spiel des Engels‘ nur megamäßig ans Herz legen. Daran sieht man schon, dass ich völlig genreübergreifend alles lese, was mich irgendwie packt. Leider komme ich kaum noch zum Lesen, weshalb gut gemachte Hörbücher meine Ersatzdroge bei längeren Autofahrten sind. Für mich mit ein Grund dafür, meinen aktuellen Roman ‚Blutzoll‘ auch als Hörbuch einzusprechen.“

„Horrorclown“ stampft nicht nur mit Brachialität ins Bewusstsein, sondern greift auch ungeschönt ‚heiße Eisen‘ auf. „Ich glaube, jeder, der ‚Horroclown‘ das erste Mal hört, hat ein bestimmtes Gesicht dazu im Kopf und ich spoiler’ da auch nicht zu viel, wenn ich den Lesern verrate, dass natürlich Donald Trump diesem Titel Pate stand. Aber nicht nur er, sondern viele, die gerade mit den Ängsten der Menschen spielen und sie mit allzu simplen Lösungen zu verführen versuchen.“

Ihre markante Schminke im Gesicht behalten die Megaherzen bei.

Wie Lex überlegt anmerkt, ist die Maske für ihn auch ein Stück Theater.

„Eine Rolle, in die ich schlüpfe, jeden Abend, wenn wir auf die Bühne gehen. Ich kann mit ihr auf Distanz gehen oder ganz nah beim Publikum sein. Mit ihr ‚erzähle‘ ich unsere Lieder auf ganz andere Art und Weise, als ohne Maske. Sie gehört für mich inzwischen einfach zu Megaherz dazu.“

Zwischen allen Stühlen
„Schwarz oder weiß“ lädt herzlich dazu ein, dem Textautoren einige Worte zum Inhalt zu entlocken.

Das Lied powert sich als einer der härtesten Tracks mit überlegener Eindringlichkeit in die Gehörgänge.

Auch hierin ist Lex’ Gesang wieder hochinteressant gestaltet, weil so natürlich und ‚wissend’ phrasiert.

„Ich finde, dass sich unsere Gesellschaft immer mehr auseinander bewegt. Tiefe Gräben werden da aufgetan. Links gegen rechts, arm gegen reich, Migranten gegen Einheimische. Überall werden Ängste und der Hass aufeinander geschürt. Aber das Leben ist nicht schwarz oder weiß. Wer sich in diese Polemik verrennt, kann gleich hinter den Donald Trumps dieser Welt hinterher marschieren. Ich stehe da, wo anscheinend immer weniger inzwischen stehen: In der Mitte!“

Nahtlos fügt sich die Thematisierung zu „Tiefenrausch“ ein. Lex: „Der Song vermittelt für mich den Rausch einer Suche, in die man sich verrennen und auch verlieren kann. Das Unbekannte reizt und kann gefährlich sein. Aber wer sich nicht auf die Suche begibt, wird nie wirklich etwas über sich selbst erfahren.“

„Nicht in meinem Namen“ ist ein Paradebeispiel zum letzten Statement des Frontmanns. Cool instrumentiert, keck-bissig getextet, kühn besungen! Eine genuine Hymne, die sich ebenfalls übergangslos auf die musikalisch wertvolle Kette des Gesamten auffädeln kann.

„Der Song entstand tatsächlich unmittelbar nach der Bundestagswahl und ist ein klares Signal an alle, die ihr Kreuz hinter der Angst und der Mutlosigkeit vor der Zukunft gesetzt haben. Ich weiß, dass viele Menschen Angst haben, auch berechtigte Angst. Aber die einfachen wie dummen Antworten der AFD und anderer Populisten sind nicht die Lösungen, die uns vorwärts bringen. Das einzig Positive, das ich persönlich der AFD abringen kann, ist, dass sie eingefahrene Strukturen aufgebrochen hat. Die Wahl hat gezeigt, dass uns mehr umtreibt, als nur die ewig gleichen Floskeln der Altparteien. Jetzt gilt es mutige Lösungen dafür zu finden, die nach vorne zeigen und nicht zurück.“

„Trau dich“ ist das Stück, das zum gerade Gesagten wie die viel zitierte Faust aufs Auge passt. Stampfend und industriell - clever arrangiert noch dazu. „‚Trau dich‘ ist musikalisch genau das, was man von Megaherz seit jeher kennt. Ein echter X-ti, wenn man so will. Den Text muss man natürlich wieder mit dem gewohnten Augenzwinkern betrachten.“

Selbst ein ‚Veteran‘ der NDH-Szene, hat Lex über all die Jahre natürlich einen gewissen Blick für das entwickelt, was ihn genremusikalisch jährlich aufs Neue umgibt. Ob diese Szene sich gesundgeschrumpft oder inflationär ausgeweitet hat, bleibt seines Erachtens nach noch abzuwarten.

„Generell freut es mich, dass das, was Megaherz, Oomph und natürlich Rammstein vor über 20 Jahren losgetreten haben, immer noch so brandaktuell ist. Mir fehlt nur ein wenig die Eigenständigkeit im Sound neuerer Bands dieses Genres. Es klingt mir zu beliebig. Aber ich bin gespannt, was die nächsten Jahre bringen. NDH ist definitiv immer noch sexy.“

© Markus Eck, 06.02.2018

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