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Interview: IMMORTAL
Titel: Hand aufs Herz!

Die Unbeirrbaren kehren mit „Northern Chaos Gods“ zurück, einem enorm vehementen Album, das dem Bandnamen und seiner Bedeutung für die Black Metal-Welt wieder tief auf den Urgrund rückt.

Nach dem 2009er Langeisen „All Shall Fall“ ist viel passiert bei den verdienten Norweger Vorreitern. Interne Querelen und Turbulenzen gab es schon seit jeher bei diesen verdammt temperamentvollen, höchst impulsiven Dunkelbolzen. Seit jedoch Gründungsmitglied, ewiger Badboy, Axeman und Shouter Olve ‚Abbath‘ Eikemo primär ab April 2015 nicht mehr im Line-Up gelistet wurde, wurden die rabenschwarzen Sturmkarten grundsätzlich neu gemischt.

Die Verbleibenden, Harald ‚Demonaz‘ Nævdal an Gesang und Saiten sowie Schlagwerker Reidar ‚Horgh’ Horghagen, erheben sich erneut mit aller Überzeugung, um den stilistischen Anfängen von Immortal wieder ebenso fetzigen wie akkurat-glaubwürdigen Tribut zu zollen.

Wie Demonaz aktuell berichtet, dachte er noch niemals daran, aufzugeben.

Das glaubt man dem kumpelhaften Kerl gerne, der selbst während einer anhaltenden, komplikativen Sehnenscheidenentzündung und damit aufgezwungenen Spielpause vor einigen Jahren nicht damit aufhörte, sein Herzblut als Texter und Organisator in Immortal zu pumpen.

„Meine Einsatzfreude, Loyalität und der Schaffenshunger verdichteten sich vor allem vor dem eigentlichen Entstehungsprozess des neuen Releases nochmals ganz enorm. Es ist eben so, wenn man aufrichtig in einer Band ist - man möchte immer ein besseres Album als das vorherige entstehen lassen.“

Dass die neuen Nummern partiell doch ganz markant an die frühen, beinhart-kompromisslosen Alben der 1991 gegründeten Kulttruppe erinnern, und weniger an die epischen Ausflüge vor der Jahrtausendwende, entstand wie von selbst, erinnert sich der Idealist.

„Und genau das wollten wir voll auf den Punkt bringen, vom ersten Lied an! Der erste Track, der geschrieben wurde, war der Titelsong der neuen Scheibe. Und dazu entstand auch der erste Songtext. Wir wollten die Fans wieder in die Nordschlacht nach Blashyrkh zurückholen.“

Letzteres ist ein fiktives, eingefrorenes Königreich, in dem Frost und Grimmigkeit regieren. „Die nächsten fünf Songs lang entdeckten wir dann mehr und mehr, wie es im Gesamten auf ‚Northern Chaos Gods‘ sein sollte. Es hatte vor allem potent und furios zu werden. Und vom anfänglichen Plan entfernten wir uns nicht merklich. Wir folgten einfach unserer gesunden Intuition für Immortal, was genau die richtige Vorgehensweise war. Und so geriet die Scheibe zu dem, was sie ist“, bekundet Demonaz in entspannt-lachendem Tonfall.

Dass sich das gute beziehungsweise böse, altbewährte Immortal-Feeling relativ schnell wieder in den kreativen Geschicken der Beteiligten ausbreitete, dafür sorgte nicht zuletzt sein individuelles, über die Jahre zum prägenden Selbstläufer gewordenes Gitarrenspiel, so das umgängliche Griffbrettbiest.

„Wenn ich mir meine Klampfe umhänge und loslege, dann ist es schon ziemlich instinktiv zu nennen, was da so vor sich geht. Mir ist das nur recht, so war, ist und bleibt alles gänzlich eigenständig. Frostig, mystisch, gewaltig, stürmisch - so habe ich es gerne. Und wenn sich dann nachfolgend zu meinen Riffs auch noch die Lyrics und das Drumming entsprechend passend nach vorne entwickeln, ist das Ziel erreicht. Das ist es, war wir wollen und was wir erfreulicherweise wieder erreicht haben! Nun müssen die Fans entscheiden, ob es ihnen auch so prima reinläuft wie uns.“

Da Demonaz 2011 - wie Gevatter Abbath 2016 - selbst auch ein Soloalbum namens „March Of The Norse“ auf den Markt brachte, ist er als Shouter bereits probat erfahren.

Er erinnert sich mit einiger Nostalgie im Blick zurück: „Ja, als das Teil entstand, wollte ich zu der Zeit eine Art ‚Manowar-inspiriertes‘, auch auf Zeitlosigkeit fokussiertes Werk erschaffen. Mit klassischem Heavy Metal-Spirit etc. Bathory’s ‚Blood On Ice‘ spielte dabei ebenfalls eine tragende Rolle. Für Immortal 2018 jedoch war es mir dann allerdings komplett klar, dass die Grimmigkeit im Gesang eine vollkommen dominante Rolle auf dem neuen Album zu spielen hatte. Ich entwickelte meine Art des Vortrags also entsprechend. Dies war mir jedoch überaus angenehm, schließlich verfasste ich sämtliche Lyrics und wusste daher ganz genau, wovon ich jeweils singe. Dadurch konnte ich meine ganze Seele in jede gesungene Nuance legen.“

Und an Manowar erinnert auch der Titel des Songs „Into Battle Ride“. Demonaz gibt dazu seinen Segen.

„Nach dem Titelsong entstand dieses ebenfalls ziemlich schnelle Stück, das sogleich an zweite Stelle der Tracklist rücken sollte. Nach dem Break erinnert es ein wenig an unseren Song ‚Call Of The Wintermoon‘ von 1992. Man spürt beim Hören jedenfalls, dass sich da etwas ganz Großes Bahn bricht. Einzigartig. Wie alte Manowar-Nummern eben auch. Wir gehen allerdings nicht nach einem bestimmten ‚Masterplan‘ vor, falls das jemand so sieht. Ganz im Gegenteil sogar: Es entwickelt sich eben ganz einfach aus der Quersumme unserer persönlichen Neigungen, Vorlieben, Passionen und Geschmäcker. Da ist wirklich kein Platz für Orchester oder weiblichen Gesang. Gitarre, Bass, Drums, Vocals und unser eigenes Universum an lyrischen Inhalten. Das ist Immortal.“

Seine üble, irgendwann chronisch gewordene Entzündung der Oberhand hat er mittlerweile buchstäblich wieder ganz gut im Griff, so ist zu erfahren. „Tja, so geht es einem halt, wenn man maßlos übertreibt“, grinst er, „ich hatte meine langjährig antrainierte Technik damals zwar nicht verlernt, konnte aber nur noch circa zwei Stunden täglich spielen und üben. So musste ich mich schweren Herzens gewissermaßen neu arrangieren und mir explizit überlegen, wie es entscheidend besser werden könnte. Immortal brauchte mich! 2012 entschied ich mich dann schließlich, den Rat meines Arztes zu einer Schulteroperation umzusetzen. Auf den Röntgenbildern war es nicht zu sehen, aber mein Doc fand heraus, dass mein Schultermuskel einen fatalen Riss hatte, was tatsächlich bis in die Sehne der Oberhand hineinwirkte. Zweimal musste ich unters Messer. Einige, für mich spannende Monate der Erholung folgten. Genau konnte man nämlich nicht vorhersagen, wie es final ausgehen würde für mich. Bis heute habe ich jedoch 90 % des vorherigen Status’ wiedererlangt, weil ich motorisch stets emsig am Ball blieb und nichts dem Zufall überließ. Das fühlt sich ungemein besser an, und erlaubt mir natürlich auch wieder sehr viel mehr an reibungslosem, für das Songwriting ergiebigem Spielfluss.“

© Markus Eck, 15.06.2018

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