Top
Interview: ILLUMISHADE
Titel: In vollstem Bewusstsein

Tief in sich selbst verinnerlicht haben sich die Schweizer Modern Melodic Metal-Visionäre für das zweite Album „Another Side Of You“, was eine - teils gigantisch powernde - Vielzahl an musikalisch spannenden und atmosphärisch erhebenden als auch partiell nicht wenig progressiven Facetten mit sich bringt.

Die auf multiple Weise besondere Band, von den beiden Eluveitie-Mitgliedern Fabienne Erni und Jonas Wolf 2019 gegründet, hat definitiv das gewisse Etwas im Sound.

So entrollen Illumishade nun sinnbildlich in erstaunlich opulent-hypnotischer als auch großartig eleganter Manier stabil und hart gewebte, vor allem auch enorm voluminöse Songwriting-Teppiche, welche mit bezaubernden Mustern an packender Einflussvielfalt bestickt wurden.

Wie Sängerin und Pianistin Fabienne in ansteckend lebendiger Weise zu erzählen hat, hat das Ganze damals als ihr eigenes Masterprojekt angefangen. „Jonas und ich waren an derselben Hochschule der Künste in Zürich, dort - und natürlich vor allem auch wegen Eluveitie - haben wir uns kennengelernt. Als ich in 2019 meinen Abschluss in der Tasche hatte und wir zeitgleich sehr viel mit Eluveitie unterwegs waren, war für mich klar, dass ich Jonas zu mir ‚ins Boot‘ hole. Und nachdem er akzeptierte, macht Illumishade erfreulicherweise ja auch stetige Fortschritte.“

Illumishade, ein wohlklingendes Wortspiel aus Illumination - also Erleuchtung, und Schatten. Auf den interessant dualen bis ambivalenten Bandnamen angesprochen, lässt Gitarrist Jonas wissen:

„Ja, bei uns dreht sich viel um Licht und Schatten. Wir sind jedoch alles andere als eine religiöse Formation.“

Das ruft sofort die quirlige Fabienne wieder auf den Plan, die rückblickend dazu ergänzt:

„Ich hatte von Anfang an die Idee im Kopf, eine ganz eigene Welt auf einem Grund aus Schnee für Illumishade zu kreieren. ‚Lumisade’, finnisch für Schnee, kam mir da auf perfekte Weise gerade recht - da hatte ich den Bandnamen. Und, die angesprochenen Kontraste, für die er steht - ich liebe das einfach, demzufolge ich auch unser Klangbild auf dem neuen Album doch enorm kontrastreich konzipiert und dementsprechend umgesetzt!“

Wie Jonas seine vor Begeisterung schier Funken versprühende Bandkollegin ergänzt, trifft deren vorherige Einschätzung auch textlich voll und ganz zu.

„Uns geht es thematisch nicht zuletzt ja auch sehr um das tagtägliche, menschliche Dasein. Und insbesondere dabei eben nicht primär wie im Metal archetypisch ständig um all das Düstere, Dunkle und Kalte - sondern genauso um das Lichtvolle, das Erhellende und das Erwärmende. So steht der aktuelle Albumtitel ‚Another Side Of You‘ genau für die ‚andere Seite‘ der Band.“

Fabienne fügt dem an, sich dabei auch auf das neue Cover-Artwork beziehend: „Die Idee zu den beiden Kranichen, jeweils schwarz und weiß, die sich ineinander zu bewegen scheinen, kam schon vor einigen Jahren auf, ohne zeitnah umgesetzt werden zu können. Für diesmal sind wir dann wieder darauf zurückgekommen, denn wir finden sie viel zu gut und viel zu stimmig für unser Konzept, um sie nicht zu verwenden. So ist auf ‚Another Side Of You‘ einer der größten Unterschiede gegenüber dem Debüt ‚ECLYPTIC: Wake Of Shadows‘, dass die Lyrics jetzt viel mehr auf das Weltliche fokussiert sind. Das erste Album setzt betont auf Fantasy-Texte, auch hinsichtlich Wortwahl und Stil, während es nun deutlich anders abgeht.“

Für den aktuellen Release stellte sich ein neu aufgestelltes Kreativteam an den Start, so fährt die Vokalistin fort.

„Unser Bassist Yannick Urbanczik hat sich auch auf lyrischer Ebene sehr motiviert und ambitioniert eingebracht. Yannick kommt musikalisch aus ganz anderen Ecken wie ich, was das für uns zwei sehr spannend werden ließ. Durch sein Mitwirken sind unsere Lyrics definitiv moderner und auch ‚frischer‘ geworden. Einfach anders als zuvor. Unsere neue Platte ist wie erwähnt ja ohnehin vermehrt im Hier und Jetzt angesiedelt, das passt nun alles prima und homogen zusammen.“

Was ihr darüber hinaus persönlich auch sehr wichtig war im schöpferischen Prozedere, so informiert Fabienne in allerbester Laune, ist, dass es auf dem neuen Output auch singsprachlich ganz überraschende Vorstöße gibt.

„Ich dachte da originär zunächst an Schwedisch oder Schweizerdeutsch - beim letzten Song mit dem Titel ‚Verliebt‘, unserer diesmaligen Pianoballade, hatten wir sogar noch Platz und Zeit dafür, darin etwas ganz Neues auszuprobieren. Bei Eluveitie praktizieren wir dies bereits ja mit gallischen Ingredienzien. Ich habe dabei herausgefunden, wieviel Spaß es mir macht, nicht immer ausschließlich auf englisch zu singen. So kam es, dass ich erstmalig im Studio meinen Gesang in Schweizerdeutsch aufgenommen habe. Ich fand das megaschön, es war also bestimmt nicht das letzte Mal! Jonas unterstützte mich dabei und forderte mich gezielt auf, dass ich das als ‚One Take‘ durchziehen sollte, um es so authentisch wie möglich zu bekommen. Ich sang das ganze Lied dann tatsächlich in einem Stück durch und ließ mich dabei einfach komplett in den Song ‚reinfallen‘ … herrlich, was aus so einer Spontanität am Ende ganz Eigenes entstehen kann. Es haute natürlich auch deswegen so gut hin, weil ich in meiner Muttersprache singen konnte, was sich immens belebend und erfrischend für mich anfühlte. Schweizerdeutsch fühlt sich für mich halt einfach viel näher an mir dran als Englisch. Ja, spannend war das einfach zu erleben für mich - erst am frühen Vormittag hatte Yannick die Lyrics für diesen Song fertig und zum Abend hin sang ich dann gleich alles ein. Wunderschön war das, vor allem nach acht bis neun Tagen meiner gesamten Vocal-Recordings.“

Jonas, der seiner Kollegin aufmerksam zuhört, nennt im Weiteren seinen für ihn persönlich ganz speziellen Song auf „Another Side Of You“.

„Das Lied ‚Cloudreader‘ ist unser Versuch, diesmal auch eine Art an ‚Mental Health’-Komposition dabei zu haben in der Tracklist. Er soll jedoch alles andere als ‚predigend‘ sein bzw. verstanden werden“, stellt der ebenso fähige wie vielseitige Axeman eindeutig dazu klar.

Fabienne greift den thematischen Faden schnell gerne auf und postuliert entsprechend:

„Die Songs sind in einem Zeitraum von circa drei Jahren entstanden, alles ist schon sehr komplex durchdacht und verwirklicht worden. Und die letzten Jahre gerieten ja für die ganze Welt leider doch sehr schwierig. Viele Menschen sahen sich schlagartig mit sich selbst und ihrer Einstellung zum Leben ziemlich heftig konfrontiert. Auch wir blieben da natürlich nicht verschont, wollten aber als Künstler das Beste aus allem machen. Illumishade ist für uns in der Band ein wirklich gut geeignetes Ventil, um mit solchen Situationen konstruktiv umzugehen. Ich selbst lasse mich thematisch immer komplett von einem Song leiten. Ich sitze da beispielsweise bei mir am Piano, lasse meiner individuellen Kreativität dabei ihren völlig freien Lauf, probiere mit Melodien herum usw. - und dabei kommt mir auch allerlei Kauderwelsch in den Sinn. Beim ersten Arbeiten am Song ‚Here We Are‘ wusste ich einfach sofort, dass er nur so betitelt werden kann - nachfolgend bilden wir gemeinsam den ganzen inhaltlichen Kontext um eine anfangs festgelegte Phrase herum aus. Ganz genauso verhielt es sich ja auch schon bei ‚Rise‘, der ‚großen’ Ballade unseres ersten Albums, wie ich sie nenne - ich mag es einfach, wenn ein ganzer Song von einer einzigen ersten Phrase ‚geleitet‘ wird!“

Derartig freudig und wohlfühlend gestimmt, bleibt die hypersympathische Frontdame zum Schluss beim Kontext und nennt noch ihre bewährte Lebensweise mit einem positiven ‚Mindset‘.

„Ich denke positiv, ich mache Sport, etc. - sonst würde es mir auf dieser Erde schnell zu dunkel werden. Gerade die letzten zwei bis drei Jahre, wo wir alle ja sehr viel mehr als sonst daheim zu sein hatten, wurde mir dies noch so viel mehr und deutlicher bewusst. Man soll und muss sich einfach die nötige Zeit für sich selbst nehmen. Die so viel zitierte ‚Work-Life-Balance‘ habe ich für mich selbst zwar noch nicht gänzlich erreicht, aber ich bin da guter Dinge!“

© Markus Eck, 25.01.2024

[ zur Übersicht ]

All Copyrights for band-photos & -logos reserved by its Respective Owners.

Advertising

+++