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Interview: HEATHEN FORAY
Titel: Mit offenen Augen

Der breitenträchtigen Veröffentlichung ihres offiziellen Debütalbums „The Passage“ fieberten diese spielfreudigen Österreicher geradezu entgegen.

Und nun ist das Werk auf dem Markt. Und die hörbar sehr ambitionierte Nachwuchshorde um Sänger Robert Schroll kultiviert ihren kraftvollen Mix aus Pagan-, Viking- und Heathen Metal darauf mit bemerkenswerter Entschlossenheit und Linientreue. Und dass die umfangreichen kreativen Bemühungen des Quintetts mit einem Plattenvertrag entsprechend belohnt wurden, verwundert beim Hören der Kompositionen auf „The Passage“ nicht: Denn Heathen Foray meinen es ernst, das ist nicht von der Hand zu weisen.

Vor allem Liebhaber von frenetisch exerzierten Gitarrengewittern der alten Genreschule kommen hier ziemlich gut auf ihre Kosten, weil diese Österreicher Heiden- und Historienmetaller mit Vorliebe höchst solide Fundamente für ihre epischen Donnerlieder bauen.

Laut Gitarrist und Bandgründer Jürgen Brüder sind alle Gruppenmitglieder als Musiker sicherlich etwas erwachsener geworden, da sich mit der aktuellen Albumveröffentlichung plötzlich der ganze Fokus der Band geändert hat:

„Plötzlich bekommt man Mails von Menschen aus Russland und Japan. Man ist also keine lokale Größe mehr, sondern steigt eine Stufe auf. Da beginnt man natürlich auch seine Musik beziehungsweise seinen zukünftigen Output mit anderen Augen zu sehen. Was sich klar verändert hat sind die Grenzen die wir uns früher gesetzt haben. Heute hat man wieder neue Grenzen die es gilt zu sprengen. Man steckt sich also ganz klar höhere Ziele und versucht den neuen Kompositionen noch mehr Qualität zu geben.“

Er persönlich ist sehr mit dem Resultat in Form des neuen Albums zufrieden, wie er mir zu berichten weiß.

„Ich war von Anfang an in die Produktion involviert und habe daher jeden Schritt des Albums in Richtung Fertigstellung miterlebt. Natürlich hatten wir mit Thomas Brugger auch einen erstklassigen Produzenten und Engineer mit an Board. Ich hoffe unsere nächste Produktion kann wieder dieselbe Qualitätsstufe erreichen.“

Jürgen ist der Ansicht, dass der typische Pagan- und Viking Metal mit seinen, innerhalb des Genres mehr und mehr beanspruchten skandinavischen Wurzeln kaum noch Material hergibt, um in Zukunft etwas Interessantes zu bieten. Somit:

„Neue Bands sollten vermehrt auf ihre eigene Kultur und Wurzeln achten und versuchen diese in ihre Musik mit einzubringen. Ich glaube Pagan Metal muss nicht immer gleich Wikingerthematik sein. Es gibt so viele interessante Kulturen, die es wert sind besungen zu werden. Wir für unseren Teil sehen uns auch eher in unserer österreichischen Heimat um und versuchen so viele Elemente wie möglich in die Musik mit einzubinden. Das nächste Album wir hier sicher mehr in diese Richtung bieten als "The Passage".“

Der Gitarrist nennt eine laut seiner Meinung vorhandene Tatsache: „Pagan- und Viking Metal ist derzeit noch immer "Trend". Wenn ich allein fünf Jahre zurückdenke, also in die Anfangszeit von Heathen Foray, erinnere ich mich noch sehr gut daran, dass wir noch gar nicht so recht wussten was Viking- und Pagan Metal eigentlich war. Irgendwie machten wir da Musik die ein wenig nach Mittelalter klang, aber dann eben wieder doch auch nach Metal. Da gab es zwar die ganzen größeren Pagan- und Viking Metal-Bands auch schon, nur waren die damals noch nicht so präsent wie sie es heute sind. Irgendwann kam dann dieser große Boom, wo plötzlich alle 16-jährigen mit Shirts aus dem Genre herumliefen und plötzlich schossen die Bands nur so wie die Pilze aus dem Boden. Mittlerweile hat sich der Markt aber dann gesättigt und die professionellen Veröffentlichungen stagnierten eher. Dafür gibt es jetzt massenhaft Durchschnittsware. Und so wie ich das sehe, werden sich ein paar sehr gute Bands halten und die anderen werden in den nächsten Jahren langsam verschwinden. Also gebe ich dir in deiner Behauptung absolut Recht – man muss sich heutzutage schon sehr anstrengen um noch aus der Masse heraus zustechen und wirklich etwas Besonderes bieten. Dabei sind die Punkte, die ich zuvor bereits hervorgehoben habe, in Zukunft wohl der wichtigste Treibstoff für neue Ideen und Bands.“

Was die ansteigende Verkommerzialisierung beziehungsweise geldgierige Übervermarktung des einst so herrlich faszinierenden Metiers anbelangt, dazu berichtet mir der musikhungrige Steirer:

„Natürlich muss mich dieser Kontext kümmern, schließlich bin ich ja nicht nur Künstler sondern gezwungener Maße auch Geschäftsmann. Denn schlussendlich ist es so: Wenn eine Band Erfolg haben soll, muss sie professionell geführt werden. Ob es hier nun um Geld geht oder nicht sei dahingestellt. Manchmal wünscht man sich, dass man diesen ganzen Geschäftsteil einfach auf jemanden abschieben könnte und einfach nur noch "Gitarrist" ist. Leider geht das nicht immer und andererseits will man die Zügel ja nicht ganz aus der Hand geben. Sonst verliert man irgendwann den Überblick. Egal wie man zu dem Thema steht, aber Heathen Foray könnte zum Beispiel keine Auftritte in Deutschland spielen, wenn nicht zumindest irgendwo etwas Geld reinkommen würde um die Kosten zu decken.“

Der Kompositionsprozess für „The Passage“ war vor allem erstmal sehr langwierig, so Jürgen: „Schließlich befinden sich auf dem Album Songs aus fast fünf Jahren Bandgeschichte. Viele der neueren Stücke, die für das Album geschrieben beziehungsweise angepasst wurden, gingen angenehm von der Hand. Bei uns braucht ein Song eben mehr Zeit als bei anderen Bands, da wir immer versuchen jedem Lied eine persönliche Note zu geben. Außerdem packen wir auch gern mal ein paar Ideen mehr in einen Song statt zwei Songs daraus zu machen. Das gibt dem Album mehr Abwechslung und Konturen. Andererseits muss es natürlich auch ordentlich ins Ohr gehen. Also alles in allem, "The Passage" ist unser erstes Album und wir sind sehr stolz darauf. Das Frontcover wurde von Jonas Jakobsson gestaltet. Dieser nahm sich die Lyrics aus "Dragon's Eyes" zum Vorbild und versuchte die Geschichte des Songs als Bild festzuhalten und nannte es "The Passage". Das Ergebnis ist also das Frontcover und gleichzeitig der Albumtitel.“

Für Heathen Foray war laut Jürgen von Anfang an klar: „Wir sagten uns: "Make it or break it!" Hätten wir mit diesem Album nicht das erreicht was wir wollten, in diesem Fall einen Plattenvertrag, dann hätte sich die Band wohl anders ausgerichtet. Daher waren natürlich alle recht motiviert, das Beste aus dem Werk raus zu holen. Wir hatten also große Ziele. Wir wollten etwas kreieren, das auf internationaler Ebene mithalten kann und uns als ernstzunehmende Band etabliert. Diese Ziele haben wir, laut bisherigen Album-Reviews und Fans, mehr als erreicht.“

Die Ideen zu neuen Songs entstehen bei meinem Gesprächspartner immer zuerst im Kopf, wie er mir mitteilt:

„Meistens beginnt es mit einer Melodie, die mitten in der Nacht plötzlich da ist oder auftaucht, wenn ich mit dem Auto unterwegs bin. Diese Melodien und Ideen müssen dann natürlich so schnell als möglich raus aus meinem Kopf und irgendwo festgehalten werden. Somit ist das erste "Instrument" meist das Diktiergerät oder das Handy. Diese Melodien versuch ich dann entweder mit Klavier oder Gitarre umzusetzen. So geht es auch den anderen Bandmitgliedern. Jeder trägt zu den Kompositionen bei, und jeder auf seine eigene Art und Weise. Am Ende entsteht dann ein Song, zu dem fünf verschiedene Persönlichkeiten beigetragen haben. Das verleiht unseren Kompositionen die Persönlichkeit, die sie auszeichnet.“

Der inspirative Haupteinfluss für die Band ist österreichisches Sagengut und natürlich Geschichtliches, wie Jürgen mir noch zu Protokoll gibt: „Natürlich verirrt sich auch manchmal ein Funke Fantasy in unsere Texte. Wir versuchen immer ein Thema zu finden, dass gut zur Melodie des Stücks passt. Aber desto weiter wir in unserer Bandgeschichte voranschreiten, desto tiefgehender werden unsere Lyriken. Unser nächstes Album wird auf dieser Ebene sicherlich noch tiefer gehen und sich textlich noch weiter mit dem österreichischen Altertum beschäftigen.“

Und die Texte für Heathen Foray-Lieder entstehen meist im stillen Kreise der Band. „Allerdings muss man ehrlich zugeben, dass unser Vokalist Robert sicherlich den größten Anteil an unseren lyrischen Ergüssen beiträgt. Schließlich ist der Gesang auch sein "Instrument" und daher widmet er diesem natürlich besonders viel Zeit und Herzblut. Woher er dabei seine Inspiration zieht, lässt er sogar uns gegenüber im Dunkeln. Manchmal kann man also nur raten, woher Robert diese hochliterarischen und tiefgründigen Formulierungen hernimmt. Dennoch sind aber auch die anderen Musiker in den Schreibprozess involviert. Unser Interesse am heidnischen Kulturgut kommt natürlich einerseits von unseren eigenen Überzeugungen und andererseits aus der sehr reichen Kulturgeschichte unserer Heimat, die wir nicht in Vergessenheit geraten lassen wollen.“

Die Bandmitglieder sind zwar im Herzen alle Musiker, können aber mit anderen Musikrichtungen außerhalb des Metal nicht viel anfangen, wie mir der Gitarrist verrät: „Daher war es zumindest für mich zu Begin klar, wieder eine Metal-Band zu gründen. Unsere Stilrichtung kristallisierte sich erst im Laufe des ersten Jahres heraus. Wir alle wollten Musik mit viel melodischer Führung machen und gleichzeitig ein hartes und dunkles Fundament unter die Songs legen. Durch unsere lyrische Ausrichtung, die durch Robert klar von Begin an festgelegt war, passten sich diese Melodien dann dieser Stimmung an. Sie wurden also "folkiger". Wir haben uns also langsam zu der Band hin entwickelt, die wir heute sind.“

Jürgen ist wie der Rest der Heathen Foray-Horde geradezu fasziniert davon, sich mit der kriegerischen heidnischen Historie samt all ihren Mysterien und Legenden zu befassen, wie er vor mir mit mitteilungsfreudigem Stimmfall bekundet. „Wenn man sich mit kriegerischen Elementen beschäftigt, stößt man dabei ja auch auf die Grundzüge der menschlichen Natur: Dem Kampf um Überleben. Ein Umstand, der dem gemeinen europäischen Menschen von heute nicht mehr bekannt ist. Diese mittelalterlichen Legenden und Mythen zeugen noch von der letzen Instanz des klassischen Überlebenskampfes ohne Schießpulver oder Raketen. Hierbei waren die eigene Kraft und der eigene Wille entscheidend. Diese primitive und rohe Zeit hat es uns angetan. Andererseits haben wir auch eine tiefe Verbindung zu altertümlichen Ansichten zu Natur und Gottheiten.“

Als der Gitarrist die Band damals gründete, hatte er schon ein paar Songs in seinem Kompositionsrucksack:

„Dieses Material entstand aus vielen Emotionen die ich damals mit mir herumtrug. Im Laufe der Jahre entwickelte sich das Schreiben von Liedern für mich aber zur einer regelrechten Passion, innerhalb derer ich mich komplett ausdrücken kann. Wo nur meine Regeln gelten. Ein Ort an den ich mich verwirklichen kann. Mittlerweile ist es beides. Sowohl emotionale Bewältigung als auch Refugium um meine kreativen Energien in vernünftige Bahnen zu lenken. Für mich ist es der Kern von Heathen Foray. Denn ohne Songs kein Album, und ohne Album keine Tour.“

Apropos, Jürgen freut sich im Weiteren, als ich ihn zu den Live-Gegebenheiten von Heathen Foray befrage: „Wir haben immer ein großartiges Publikum! Diesen Sommer waren wir ja erstmals mit dem neuen Album in Deutschland unterwegs und da waren die Reaktionen durchwegs sehr positiv. Diesen November gehen wir noch mit Battlelore auf Deutschland-Tour. Darauf freuen wir uns auch schon sehr. Das wird unsere erste richtige Tour mit einer größeren Band und daher planen wir natürlich auch etwas Besonderes für unsere Fans. In Österreich werden wir dann im November noch zwei Auftritte mit Wolfchant spielen und nach Weihachten nochmals durch Deutschland touren: Da geht es erstmal zum Black Troll Winterfest nach Essen und danach noch ein paar Tage mit Obscurity und Nomans Land quer durchs Land. Danach werden wir uns mal ums nächste Album kümmern und im Mai 2010 das Ragnarök Festival spielen.“

Wir fabulierten noch angeregt über private Hörvorlieben. Jürgen hierzu: „Also, bei "alten" Metal-Acts hör ich immer wieder gern bei Iron Maiden, Scorpions, Accept oder auch Black Sabbath rein. Wenn es um neuere Bands geht, so höre ich derzeit sehr gerne Keep Of Kalessin, Alestorm und Cumulo Nimbus. Zu meinen „All Time Favorites“ zähle ich Death, Blind Guardian und Black Sabbath. Mein Geschmack zieht sich also durch alle Genres und Zeitalter. Hauptsache Metal und gute Songs.“

Die Mitglieder von Heathen Foray verstehen sich zwischenmenschlich sehr gut untereinander, wie Jürgen abschließend kundtut: „Seit dem Plattenvertrag hat sich diese Beziehung natürlich intensiviert, da jetzt alle erkennen worum es mit der Band eigentlich geht. Im Großen und Ganzen sind wir aber sehr gute Freunde, die gerne zusammen abhängen. Unser Proberaum steht in der steirischen Landeshauptstadt Graz. Allerdings kommt gerade mal ein Bandmitglied aus Graz. Drei von uns reisen für die Probe stets circa zwei bis drei Stunden aus Wien an. Ich selbst hab es mit einer Stunde Anreisezeit noch recht gut. Das allein zeigt wohl schon unsere Einstellung zur Band und zu unserer Musik.“

© Markus Eck, 01.11.2009

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