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Interview: HÄMATOM
Titel: Ohne Umschweife

Wenn sich eine Modern Thrash Metal-Ausflipp-Kapelle nach dem Krankheitsbild des Hämatoms, also des schmerzhaften Blutergusses, benennt, dann haben die Beteiligten garantiert nichts Kuscheliges im Sinn.

Und dann braucht sich wohl auch niemand zu wundern, wenn dabei am Ende martialisch-wüste NDH-Keulentänze in Liederform entstehen. Auf das Jahr 2004 ist die fatale Zusammenrottung des ebenso aufmüpfigen wie überraschend denkerischen Trupps aus Franken datiert, seither geht es bei Hämatom sprichwörtlich Schlag auf Schlag. Und für das neue und dritte Album „Wenn man vom Teufel spricht“ wussten diese sehr erfolgreichen Krachmacher ihre kreativen Stärken gar effektiv zu bündeln.

So kann sich die zahlenstarke ergebene NDH-Hörermeute derzeit wieder mal an zügellos abgefeuertem Deutschmetall-Bombardement laben, dass die Ohren flattern lässt wie eine Seidenfahne im Orkan. Und wie mich Schlagzeuger Süd wissen lässt, steigen seine Gefühle ob der nicht geringen Popularität seiner Mannschaft dauernd in ihm auf und ab.

„Nach guten Shows zum Beispiel denke ich immer, dass wir noch viel Potential haben, wenn aber wieder schlechte Kritiken ins Haus flattern, dann werde ich durchaus nachdenklich. Ich persönlich glaube sehr an Hämatom und deswegen habe ich zumindest immer gehofft, dass wir das erreichen, was wir erreicht haben und hoffentlich wächst es noch weiter.“

Und nachdem „Wenn man vom Teufel spricht“ endlich erschienen ist, fühlt sich der Fellklopfer laut eigener Aussage sehr erleichtert. Er legt dar:

„Wie jede Hämatom-CD bislang war auch diese eine anscheinend nicht enden wollende Irrfahrt, die dann doch irgendwann am Ziel ankommt. Und im September war es dann soweit und ich sehr glücklich darüber. Wir stellen viel in Frage und zerpflücken die Songs mehrmals, ehe sie grünes Licht für das CD-Mastering erhalten. Das ist manchmal schon sehr zermürbend, aber auch befriedigend, wenn ich mir wie jetzt mit etwas Abstand das Album durchhöre.“

Die neuen Kompositionen muten typisch nach der musikalischen beziehungsweise kompositorischen Handschrift dieses ruppig rhythmisierenden Phon-Kommandos an, was der Trommler einem Außenstehenden wie folgt beschreiben würde: „Hämatom machen Metal in deutscher Sprache. Die Lyrics sind sehr direkt, es wird nicht um den heißen Brei geredet. Und musikalisch ist es hart: Viel Double Bass-Parts, aber auch etwas Punk. Und Refrains, die durchaus auch zum Mitsingen einladen.“

Und es gibt absolut keine Kompromisse beim Songwriting, so Süd in aller Entschlossenheit. „Nur Songs, von denen wir überzeugt sind, schaffen es aufs Album. Es gilt: Wir setzen unsere Ziele immer ganz hoch. Hätten wir mal keine Songs, so gäbe es die CD zu einem späteren Zeitpunkt. Hier werden keine faulen Kompromisse gemacht, nur damit es zu Veröffentlichungen kommt. Geändert hat sich allerdings ein wenig der Ansatz, mehr Eingängigkeit in unsere Songs zu basteln, denn es sollte mehr gewechselt werden zwischen kompromisslosen Geknüppel und Songparts zum Mitsingen. Auch denke ich, dass unsere Texte gereift sind. Es ist zwar nach wie vor die Wut spürbar, die wir textlich raus lassen, aber dennoch sind wir wohl erwachsener geworden in unserem Gesagten.“

Denn es ist, so der Drummer offenherzig, seit der damaligen Bandgründung ein Bestandteil von Hämatom, Missstände zu verurteilen und der Wut über die unschönen Gegebenheiten der Gesellschaft freien Lauf zu lassen.

„Und so ist es auch wieder auf dem aktuellen Album der Fall. Wir halten Augen und Ohren offen, und wenn uns mal wieder was gegen den Strich geht, gibt es einen Song, der diese Gegebenheit im Hämatom-Stil verarbeitet.“

So besteht seiner Meinung nach die Stärke der neuen Songs auch ganz klar in der Mischung aus harten Riffs mit wiederkehrenden eingängigen Passagen.

„Solcherlei Fragen überlasse ich immer gerne außenstehenden Personen. Aber ich sehe uns auch sehr abwechslungsreich und immer aufgeschlossen für neue Ideen. Zum Beispiel der für uns eher untypische Song ,Totgesagt doch neugeboren – Teil 2‘, der auf gutem Wege ist, in kurzer Zeit 100.000 Klicks bei Youtube zu schaffen, glänzt durch einen ruhigen Charakter, der aber trotzdem Härte und Entschlossenheit in sich trägt. Dabei war auch die Zusammenarbeit mit Philipp von Freiwild und Pat von Fiddler’s Green eine große Besonderheit für uns.“

Bei Hämatom ist ohnehin ein stetiges Wachstum der Fangemeinde seit Gründung der Gruppe zu sehen, was den Beteiligten großen Spaß macht, wie der Schlagwerker nachfolgend noch keck grinsend verkündet. „Und so ist es auch in diesem Jahr gewesen und das spiegelt sich bei den Konzerten wider: Das Publikum reagiert immer wahnsinniger und fanatischer. Wir hatten jetzt schon die ersten Clubshows auf unserer Headliner-Tour zum aktuellen Album und da ist echt die ,Sau geflogen‘.“

Genau so kann und soll es munter auf den Bühnen weitergehen, wie zu diesem Thema vom Stockschwinger zu erfahren ist:

„Unsere Outfits wurden sogar extra modifiziert, was man schon bei den Pressebildern erkennt. Dann haben wir uns eine Lightshow extra zusammengebastelt, die das Bühnenbild mit seinen vier Akteuren noch besser herausstellt. Und es gibt nun auch viele Showeinlagen, die auf einzelne Songs zugeschnitten sind. Dabei wirkt auch ein fünfter Mann in verschiedenen Kostümen mit. Na, und das Publikum ist natürlich auch ein Bestandteil vor und auf der Bühne während des Konzertes.“

Mit unangemessenen Rezensionen beziehungsweise Bewertungen gehen diese erfolgsverwöhnten Jungs ganz unterschiedlich um, so der Kesselwart.

„Ich nehme sie mir schon immer sehr zu Herzen, obwohl es natürlich das gute Recht eines Jeden ist, auch schlecht über unsere Songs zu schreiben. Aber wir stecken viel Zeit in das Projekt und dementsprechend schmerzhaft ist dann ein Verriss, bei dem ein Schreiberling mit fünf Sätzen alles vernichtet. Aber zu diesem neuen Album sind die Bewertungen bis jetzt wahnsinnig gut. Das freut mich sehr!“

Wie Süd noch preisgibt, wechselt sein persönlicher Lieblingssong auf der neuen Scheibe derzeit wöchentlich. „Derzeit ist es ,Neandertal‘: Eine meiner Meinung nach sehr gelungene Coverversion der Ersten Allgemeinen Verunsicherung. Aber auch ,Sturm‘, ,Es ist nicht alles Gold was glänzt‘ und ,Totgesagt doch Neugeboren – Teil 2‘ höre ich nach wie vor sehr sehr gerne an. Begründen lässt sich das schwer. Das sind eben ganz einfach Songs, die mich emotional sehr ansprechen.“

Ins kommende Jahr 2012 blickt der Mann auf musikalischem Sektor mit inhaltsreicher Erwartungshaltung. „Ich denke, dass uns ein sehr erlebnisreicher Festival-Sommer bevorsteht. Darauf freue ich mich besonders. Auch sind bereits Support-Tourneen fürs Frühjahr mit interessanten Acts im Gespräch. Solche Dinge machen Spaß und man erlebt und lernt viel. Naja, und dann wird es bei uns auch schon wieder mit Songwriting und Produktion für ein neues Album weitergehen.“

© Markus Eck, 02.11.2011

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