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Interview: GRIMFIST
Titel: Starke emotionale Kontraste

Ihr neuer und zweiter Präzisions-Ballerbolzen, das tosend rumpelnde Studioalbum „10 Steps To Hell”, zeigt die grimmige Thrash Death Metal-Crew um Schreihalsvokalist Frediablo von einer teilweise überraschenden musikalischen Seite. Denn die zahlreichen eingängigen Heavy- und Power Metal-Parts, welche das 2003er Debütalbum „Ghouls Of Grandeur“ noch verzierten, sind nun beinahe gänzlich aus dem beängstigend düsteren und dominant-brutalen Hammersound der drei Norweger verbannt worden.

Dafür machten sich hier diverse atmosphärische Anleihen umso breiter. Und dass der ehemalige Immortal-Trommelstockmeister Horgh jüngst einen Abgang hin zu Hypocrisy gemacht hat, ist aufgrund des impulsiv-druckvollen Klassespiels des neu rekrutierten Kesselschänders Christian Svendsen mit Leichtigkeit zu verschmerzen.

In letzterem Punkt ist sich Frediablo ganz sicher, der noch vor nicht allzu langer Zeit auch bei extremen Todestruppen wie Necrophagia, Wurdulak und Gorelord das Mikro vergewaltigte.

„Dass unsere neuen Songs so viel härter und rauer geworden sind, war volle Absicht. Auch wollte ich den Grad an auffallend schnell eingängigen Melodien massiv reduzieren, was für `10 Steps To Hell` glücklicher Weise bestens umgesetzt wurde. Klar, unsere neue Platte beinhaltet noch immer haufenweise deutlich hörbare und vor allem zeitlos qualitative Melodien, jedoch wurden diese aktuell um einiges durchdachter umgesetzt und fertig gestellt. Wichtig war uns auch, allerlei sphärische Elemente in die neuen Songs zu verbauen, um einen ausgewogenen Reichtum an starken emotionalen Kontrasten entstehen zu lassen.“

Die ganzen traditionellen 1980er Heavy Metal-Einflüsse, wie „Ghouls Of Grandeur“ sie im Übermaß darbot, waren schon immer mehr die Sache von Gitarrist Ole Walaunet, so der neuerdings mit einem Irokesen-Haarschnitt aufkreuzende Frediablo:

„Der Kerl liebt dieses ganze Zeug abgöttisch und kann daher mit den neueren Metal-Stilistiken eigentlich ziemlich wenig anfangen. So hört er sich stets eine Unmenge von diesen alten Veteranen-Bands wie beispielsweise Scorpions, Accept oder Iron Maiden an. Bei mir jedoch ist das exakte Gegenteil der Fall: Ich hasse Metal aus den 80ern nämlich wie die Pest, ebenso wie diese neuzeitlich schier unerträgliche True Metal-Scheiße und das ganze sinnlose Gelaber drum herum. Denn ich stehe voll auf neuzeitlichen Hardcore sowie allerei Groove- und Death Metal; eben betont moderne und zeitgemäße Metal-Sounds. Und diese tiefe Passion konnte ich nun für die neue Platte endlich mal voll und ganz nach Herzenslust ausleben, was mir wirklich sehr gut getan hat. Trotzdem muss ich unserem Ole natürlich zugute halten, dass er stolz zu seinen musikalischen Vorlieben steht und sich keinen Millimeter davon abbringen lässt. Und genau so soll es doch im Endeffekt auch sein. Einen ganz eigenen und individuellen Geschmack für die Dinge zu haben, und ihn gegebenenfalls auch zu verteidigen, das ist etwas Wunderbares, wie ich finde.“

Anschließend vom Autoren auf seine brandneue Schädelhaartracht angesprochen, entgegnet der auskunftsfreudige norwegische Schreiteufel lachend und voller Selbstbewusstsein:

„Mir ging meine lange Matte schon länger auf den Sack, der Pflegeaufwand wurde immer umfangreicher. So entschloss ich mich kurzerhand zum Irokesenschnitt, vorgehabt habe ich das ohnehin schon länger. Schwer fiel mir dieser Schritt dann eigentlich nicht. Denn ich bin seit Jahren ein wirklich leidenschaftlicher Fan des 1976er US-Filmklassikers von Regisseur Martin Scorsese, `Taxi Driver`, mit Robert De Niro. De Niro trug in diesem weltberühmten Thriller ja bekanntlich exakt dieselbe Frisur, was ich immer wieder nur noch geil finde. Ich gefalle mir jedenfalls super damit.“

Mit „Ghouls Of Grandeur“ ist mein Gesprächspartner im Nachhinein überhaupt nicht mehr so recht zufrieden, wie er wissen lässt.

„Meinen persönlichen Geschmack hat diese Scheibe ganz ehrlich gesagt nie vollends getroffen, ich habe es eben vorzugsweise gerne hart, brutal und gemein. Als Horgh uns verlassen hat, und wir einen neuen Drummer suchen mussten, konnte ich das Ruder verstärkt an mich reißen und somit meine Vorlieben um einiges mehr als noch zuvor in den zukünftigen Kompositionsprozess für 10 Steps To Hell` einbringen“, berichtet der 31-jährige Sänger.

Sein Kehlen-Output auf dem neuen Langspieler hat in diesem Zuge überhaupt nichts mehr mit den Metal-Stilistiken der 1980er Jahre zu tun.

„Zeit wurde es. Ich kann es nun kaum erwarten, mit den neuen Kompositionen diverse Bühnen zu entern und meinen Aggressionen freien Lauf zu lassen.“

Was den neuen Albumtitel betrifft, so ist dieser auf überraschend simple Art und Weise zustande gekommen:

„Der Silberdeckel brettert mit zehn Songs aus den Speakern, jeder davon ist eine Stufe zur persönlichen Hölle. Ich halte eben nicht besonders viel von bedeutungsschwangerer lyrischer Symbolik. Daher sind auch die neuen Songtexte stets sehr einfach und nachvollziehbar gehalten, also eher bodenständig, könnte man sagen.“

Den neuen Fellklopfer Christian Svendsen fanden Grimfist auf eine Annonce hin. „Als er bei uns vorspielte, waren Ole und ich uns blitzschnell einig: Das war unser Mann. Christian ist zum Glück auch auf menschlicher Ebene sehr brauchbar. Ich freue mich schon sehr auf die weitere Zusammenarbeit. Ich habe ein sehr gutes Gefühl. Und mein Gefühl täuscht mich wirklich sehr selten.“

© Markus Eck, 04.11.2005

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