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Interview: FEAR MY THOUGHTS
Titel: Mit Bier auf dem Buckel im Reifungsprozess

Gegründet 1998, werden diese hoffnungsvollen und vielseitigen Modern Death Metal-Talente immer wieder gerne von den einschlägigen Medien in die enge Metalcore-Schublade gepresst.

So einfach läuft das aber hierbei nicht. Da wollen die Freiburger Fear My Thoughts so gar nicht reinpassen. Denn die deutlichen Einflüsse von Genre-Ikonen wie Dark Tranquillity, In Flames und alten At The Gates machen aus der einstigen Old School-Hardcore-Truppe ein gigantisches Schwermetall-Klangmonster.

Die Formation zeigt sich als ein kompositorisch unberechenbares Biest, das trotz seiner imposanten klanglichen Größe blitzschnelle und technisch ausgefeilte Sprints schwermelodischer und stellenweise bombastisch arrangierter Natur hinzulegen imstande ist.

Das aktuelle Album „Hell Sweet Hell“ zeigt das selbstbewusste und abartig spielfreudige Quintett um Shouter Mathias Ockl in seiner bisherigen Bestform.

Ein äußerst unterhaltsamer Dialog mit dem Schreihals soll die Beweggründe und Ziele hinter der Band um einiges näher bringen.

„Neben dem üblichen Fressen, Schlafen und Arbeiten waren wir etwas unterwegs haben einige Konzerte gespielt und uns natürlich menschlich um einiges weiterentwickelt. Zudem haben wir auch an neuen Songs für das neue Album gearbeitet“, zieht der Vokalist lässig vom Leder.

Es geht sogleich nahtlos weiter, und Mathias feixt ausgelassen:

„Solange die Leute den Boden auf dem wir gelaufen sind küssen, ist für uns eigentlich alles OK. Aber ich erwarte nicht zuviel. Nun ja. Ich erwarte eigentlich nur, dass die Leute uns zuhören und erkennen, dass diese Metalcore-Schublade, in die wir von weiß ich wem gesteckt wurden, einfach nicht passen will. Alles andere liegt wie immer in den Augen des Betrachters.“

Für ihn ist „Hell Sweet Hell“ das Beste, was Fear My Thouhts bisher veröffentlicht haben, keine Frage: „Darüber hinaus war es auch das erste Mal, dass wir mit noch nicht ganz komplettem Material ins Studio gegangen sind. Auch haben wir das erste Mal Songs im Studio umgestellt. Wir hatten drei Wochen Zeit und haben diese sehr ausgiebig genutzt. Was sonst? Wir haben einen neuen Drummer. Das war natürlich auch sehr speziell, da er nicht wirklich viel Zeit hatte, die bereits bestehenden Songs zu lernen und noch neue zu schreiben. Aber er hat seinen Job echt sehr gut gemacht und sich im Allgemeinen auch sehr gut ins Gefüge eingepasst. Ansonsten war es nicht wirklich sehr spannend im Studio. Nun gut, wir hatten kein Auto dabei, da wir das geliehene abgeben mussten. Die nächste Einkaufsmöglichkeit war etwa eine Stunde Fußmarsch. Und die kann echt sehr lang sein, wenn man eine Kiste Bier auf dem Rücken durch die dänische Pampa trägt.“ Man kann es sich lebhaft vorstellen.

Der Sänger scherzt in diesem Kontext wieder:

„Wir haben das ganze aktuelle Material innerhalb von einem Monat schreiben lassen: Vor etwa zwei Jahren haben wir einige Jazzmusiker entführt und sie in unseren Proberaum überführt. Dort fristen sie jetzt ihr Dasein und kriegen ihr Essen nur, wenn sie Material liefern das Potential bietet. Es liegt aber meist an uns, die Fragmente zu den Liedern zusammen zu fügen. Das läuft meist so ab, dass wir im Plenum so lange beraten, was sich wie am besten anhört, bis jeder sich in dem Lied wieder finden kann.“

Er kann´s nicht lassen: „Wir wollten diese neuen Songs allesamt so poppig wie möglich gestalten. Auf die Art wollten wir es gewährleisten, dass die Bräute in dem Maß auf uns fliegen, wie die CDs sich verkaufen. Auf diese Weise versprachen wir uns beides: Viel Kohle und mächtig viel Sex.“

Im Ernst: „In Wirklichkeit haben wir aber nur geschaut, dass wir mit den Songs zufrieden sind. Kriterien hierfür waren ein stimmiger Aufbau, flüssige Riffs und Tiefe. Ich denke, dass man einen guten Song erst beim zweiten oder dritten hören als einen solchen erkennt. Das meine ich mit Tiefe. Meine Favoriten auf dem Album sind derzeit ganz klar Song Nummer drei und vier, die haben die schönsten Melodien. Doch, es ist ja wohl klar, dass ich alle Songs super finde. Besonders gut finde ich aber persönlich immer wieder Nummer zwei und Nummer vier.“

Er bekundet nachfolgend, dass die Strukturen der neuen Lieder im Allgemeinen aufgeräumter und ausgereifter seien. „Auch was meine Stimme angeht, haben wir sehr viel experimentiert. Das lag auch zum großen Teil daran, dass ich diesmal fast fünf Tage hatte, während bei der letzten Platte etwas mehr als zwölf Stunden zur Verfügung standen. Auch hat natürlich Norman, der neue Drummer einen nicht unerheblichen Teil dazu beigetragen, dass sich alles reifer anhört. Was die Einflüsse angeht, würde ich jedoch sagen, dass sich nicht wirklich viel geändert hat. Sicher kommt die eine oder andere Kapelle dazu, während einige den Hafen der Wertschätzung wieder verlassen, die wichtigen Bands jedoch bleiben verankert.“

Der Freiburger Fünfer hört alles von ABBA bis Zappa, so Mathias.

„Ausnahmen sind natürlich, Ska, Reggae, Techno und Volksmusik. Da kommt natürlich auch echt einiges zusammen, wie man an manchen Stellen durchaus hören kann. Als fest verankerte Bands, zu denen wir alle im gleichen Maße einen Bezug haben, kann ich auf alle Fälle Iron Maiden, Edge Of Sanity, Isis, Neurosis, Radiohead, Coldplay, Beatles, Entombed und Dismember nennen. Ich persönlich höre gerade gerne Klassische Musik, Frank Sinatra, Ira, Devil Ate My Son, viel skandinavischen Metal; ach, was sag ich? Metal im Allgemeinen!“

Wir gehen zu den lyrischen Einflüssen über, welche für das aktuelle Album zur Geltung kamen. Mathias wird nachdenklich. „Hm... Ich schreibe eigentlich meist über Dinge, die mich, aus welchen Gründen auch immer, beschäftigen. Dieses Album ist lyrisch gesehen ein Konzeptalbum, da alle Themen sich um die Titelthematik drehen.“

Ich hake weiter nach, wollte explizitere, tiefgründigere Aussagen hinsichtlich der Bedeutung der Songtexte von ihm hören. Doch: „Ich muss dich leider enttäuschen. Das ist nicht wirklich etwas, dass ich gerne tue. Ich habe in der vorhergehenden Antwort schon viel zu viel gesagt. Ich tue das nicht, da ich mich meiner Texte schäme, sondern weil ich es immer sehr spannend und interessant finde, was andere in meine Texte hinein interpretieren. Es wäre also schlichtweg schlecht für meine Neugier, wenn ich alles vorgeben würde.“

„Hell Sweet Hell“, der Titel des neuen Albums klingt doch vom Fleck weg gleich sehr interessant. Mich interessiert daher, was er in den Augen der Band bedeutet. Mathias hierzu:

„Das ist wieder so eine typische Fear My Thoughts-Geschichte. Wir waren schon wieder längere Zeit auf der Suche nach einem Titel, mussten uns aber sputen, einen zu finden, da der Designer endlich Nägeln mit Köpfen machen wollte. Das Problem, das sich da bei uns immer stellt, ist die Sache, dass wir mit ernst gemeinten und vernünftigen Titeln anfangen, diese aber, nachdem sie meist abgelehnt werden, nach kurzer Zeit ins Lächerliche gezogen werden. Irgendwann waren wir an dem Punkt, dass wir uns halt auf `Hell Sweet Hell` geeinigt haben. Man muss dazu aber auch sagen, dass der Titel für uns nicht so wichtig ist. Wir wollen nicht die Weltfriedensformel als Titel oder sonst irgendwas immens Wichtiges. Das man sich an den Titel leicht erinnern kann und das er in verschieden Richtung interpretiert werden kann, ist uns wichtig.“

Für das Frontcover ist, wie auch für das letzte Cover, Peter Hoffmann von Glashaus-Design aus Köln zuständig, so berichtet der Sänger.

„Peter macht einfach großartige Arbeiten und hängt sich massiv in das was er tut rein. Darüber hinaus klappt die Kommunikation sehr gut und sein Stil ist, wie man ja erkennt, einfach nur großartig. Wir wollten dieses Mal das Cover etwas düsterer als das letzte Mal. Es ist also auch aus dieser Hinsicht sehr, sehr gut geworden. Wer sich etwas mit seinen Arbeiten beschäftigt hat, wird wissen, dass das völlig normal für ihn ist. Schlichtweg ein großartiger Künstler!“

Scherzkeks Mathias ist laut eigener Aussage auf die Tour mit Exodus, Hypocrisy usw. schon sehr gespannt.

„Dann freue ich mich auch auf die Konzerte mit unseren Spermaschluckern von Ira. Auch wenn sie echt schlechte Musiker sind, Mundgeruch haben, der jeden Kuhafter in den Schatten stellt und ihre Mütter allesamt bei ALDI klauen, so können sie eins echt gut: Blasen... Wir werden nach den Shows also auf alle fälle saubere Glieder haben...“

Ich frage abschließend nach vorhandenen Bühnen-Stärken der Freiburger Truppe nach. Und wieder nimmt er sich selbst aufs Korn: „Wir sehen gut aus, sind sexy, tight wie eine Jungfrau und haben einfach viel Spaß. Das überträgt sich dann auch alles auf das Publikum – bis auf die Tightness. Aber, lasst euch mal überraschen. Dadurch, dass wir Destruction recht gut kennen, überlassen sie uns ohne weiteres ihre Stripperinnen. Nachdem wir dann mit unseren getunten Mopeds auf die Bühne gefahren sind, werden wir unsere Pyroshow aus Wunderkerzen und Tischbomben abfackeln und uns gegenseitig mit Sahne einsprühen um diese dann vom Publikum ablecken zu lassen. Ich denke, dass es wie immer ganz normale Shows werden.“ Alles ganz normal also im Hause Fear My Thoughts.

© Markus Eck, 02.09.2005

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