Interview: | EIVØR |
Titel: | Eine Seele voller Musik |
Auf gewisse Weise ‚exotisch‘ dürfte Eivør Pálsdóttir den meisten vorkommen, die erstmalig mit ihrer Kunst und Herkunft in Berührung kommen.
Schließlich geht die ebenso eigenständig singende wie hochgradig intuitiv komponierende, färöische Dame alles andere als kommerziell und massentauglich vor.
Seit der Jahrtausendwende veröffentlicht die Gitarristin ihre ganz speziell atmosphärischen und eklektischen Lieder, die stilistisch von Jazz über Folk gehen, bis hin zu betont poppigem Ethno und Trip-Hop. Daher die immer mal wieder zu lesenden Vergleiche mit der Isländerin Björk Guðmundsdóttir.
Doch Eivør ist einzigartig. Anleihen bei der Klassik und Kirchenmusik werden von der Sopranistin ebenfalls verwendet, was zu rundum außergewöhnlichen Klängen führt. Mit „Live In Tórshavn“ präsentiert Eivør ein Live-Album mit 16 erlesenen Klassikersongs aus den drei letzten Alben „Room“, „Bridges“ und „Slør“.
Aufgezeichnet wurde das Ganze im Januar 2017 in ihrer Heimat bei drei von vier aufeinander gespielten Shows im Alten Theater von Tórshavn.
„Der Live-Moment ist für mich seit jeher ein absolut favorisierter Teil in meinem Künstlerdasein. Dabei findet man die Musik in ihrer reinsten Form. Als ich die letzten Jahre auf Tour war und meine Werke spielte, fühlte und erlebte ich, dass viele Lieder dabei ein neues Leben entwickelten. Und so etwas entwickelt sich eben nur durch ständige, stets aufs Neue mit viel Gefühl zelebrierter Wiederholung auf der Bühne“, erzählt die ständig Kreative.
„Es ist unsagbar interessant für mich, wie manchmal wirklich außergewöhnliche Dinge geschehen können, wenn ein Song auf das Publikum trifft. Daher reifte die Idee in mir aus, alle vergangenen Live-Momente, die ich mit meinem geliebten Publikum auf der ganzen Welt bisher erleben durfte, entsprechend würdigend zu ehren und zu feiern und das dann auf einem Live-Album zu präsentieren. Auserkoren dafür wurden die vier Shows am Ende der Tour bei mir auf den Faröer Inseln. Ich spielte mit meiner Band vier ausverkaufte Shows. Es war insgesamt natürlich zwar ein wenig anstrengend, aber brachte allen Beteiligten immens viel Freude und Erfüllung! Das erste dieser Konzerte fand an einem Freitag statt, zwei spielten wir am Samstag und der vierte Auftritt war dann sonntags. Einzig der Song ‚Rain‘ auf dem Album wurde nicht dort, sondern im selben Jahr in der St Pancras Old Church in London aufgezeichnet.“
Wie sie offenbart, fühlt sich Eivør immer zusätzlich nervös, wenn sie in ihrer Heimat live auftritt. „Das hat vielleicht insbesondere auch mit so einigen vertrauten Gesichtern im Publikum zu tun. Gleichzeitig ist es stets sehr speziell, dort zu singen und zu spielen, wo alles für meine Reise angefangen hat.“
Zu den spezifischen Gegebenheiten und Unterschieden der betreffenden Bühnendarbietungen befragt, verfängt sich die Miene der Vielfältigen in geradezu visionär suchenden Zügen.
„Ich erinnere mich, dass jeder Show definitiv eine ganz eigene Stimmung innewohnte. Und die letzten beiden Konzerte stachen da noch zusätzlich heraus, weswegen wir auch das meiste des Materials von dort für ‚Live In Tórshavn‘ verwendet haben. Vielleicht lag es daran, dass wir in dem Bewusstsein auf die Bretter gingen, dass es da einem Ende der Tour zuging und dementsprechend restlos alles gaben, war wir hatten.“
Die Besucher waren gleichfalls wundervoll begeistert und farbenprächtig anzusehen, so ist weiter in Erfahrung zu bringen.
„Ältere Leute, jüngere Menschen und sogar Kinder, alles war sehr angetan von uns. Die Atmosphäre war einfach nur toll. Mein Freund half mir vorab, dieses schöne alte Theater zu dekorieren. Um einen gewissen ‚Rock’n’Roll-Kontrast' zur eindeutig vorherrschenden Romantik zu setzen, platzierten wir alte Ölfässer, welche die Besucher als Tische nutzen konnten. Überall wurden Kerzen aufgestellt. Es war wunderschön und selbst für mich ganz besonders.“ Die Songauswahl aus den drei Alben sollte sich sehr viel schwieriger gestalten als zunächst angenommen, wie zu erfahren ist. „Das war schon ziemlich knifflig. Irgendwann, als ich nach vielem Hin und Her sogar ins Stocken geriet, fällte ich die Entscheidung, einfach die Lieder dafür zu nehmen, die sich für mich am stärksten anfühlten“, verkündet Eivør herzlich lachend.
Und, sensiblere Hörerschichten werden es wahrscheinlich auch spüren, so meint sie, die auserwählten Kompositionen verbindet tatsächlich das überbegriffliche Thema unverfälschte Natürlichkeit. „Inhaltlich und emotional sollen die Stücke zurück zur Natur führen und den Fakt ins Bewusstsein bringen, dass das Leben an sich eigentlich ein Teil der Natur unserer Erde ist. Schmerz und Glück, Liebe und Verlust, all das geht Hand in Hand - und wir müssen nur immer das Beste daraus machen.“
Auch der angenehm warme und berührend organische Gesamtsound von „Live In Tórshavn“ ist genau so gewollt. „Ich wollte sämtliche Facetten dieses Live-Albums so authentisch wie möglich klingen lassen, daher ist alles, was es darauf zu hören gibt, genau das, was in diesen Nächten auch passiert ist.“
© Markus Eck, 26.01.2019
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