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Interview: DUIVELSPACK
Titel: Vollkommen veritable Kosmopoliten

Die herrlich menschelnden Auftritte der geselligen ‚Fun Folker’ aus Detmold sorgen stets für kollektives Wohlbefinden. Derzeit reisen sie um die Welt und sogar im All umher. Sagt jedenfalls Arne Heger, seines Zeichens ein unerschrockener Recke für Gesang, Blasinstrumente und Schlagwerk.



Zum Mitte 2018 auf den Markt geschleuderten Tonträger „Wir sind der Folk“ verkündet er ebenso keck-schelmisch: „Das 13. Duivelspack-Album und im 18. Jahr der Bandgeschichte erschienen. Wir sind also nicht nur der Folk, wir sind jetzt auch endlich volljährig! Und tatsächlich finden wir, dass man das unserem Album auch anmerkt: Es ist irgendwie erwachsener, zumindest in Teilen. Wir haben in der Vorbereitung ganz bewusst nochmals unsere ersten Alben angehört und überlegt, ob und wie wir auch diesen alten Duivelspack-Klang neuerlich einbauen können, also, ob es Wege gibt, das Duivelspack von damals mit erklingen zu lassen. Beispiel dafür sind sicherlich die Lieder ‚Schlürschluck‘, aber auch ‚Im Fieber‘, oder das ‚Loblied auf die Weiber‘. Diese drei Titel sind klangliche Anleihen an damals. Seitdem haben wir uns natürlich weiterentwickelt, klingen anders, auch, wenn der dreistimmige Gesang wohl noch immer unser Markenzeichen ist.“

Die Komposition „Wir sind der Folk“, so der aufgeweckte Musikus, entstand extra für die „Oberurseler Minnekrone“, einen Bardenwettstreit, für den sich Duivelspack vorgenommen hatten, den Titelverteidigern von Versengold die Krone wegzunehmen.

„Für diesen Auftritt und den einen Abend hatten wir das Lied geschrieben und sind darin die Jungs von Versengold ganz offensiv angegangen, natürlich immer mit mindestens drei zwinkernden Augen. Am Ende haben wir Versengold tatsächlich besiegt und mit deutlichem Vorsprung die Minnekrone gewonnen. Das Lied war zu schade, um es danach nie wieder zu spielen, also haben wir es umgetextet und es - ganz selbstbewusst - zum Titelstück des aktuellen Albums gemacht: Wir sind der Folk!“

Über die Resonanzen der Leute und Medien auf „Wir sind der Folk“ zeigt sich der Mann erfreut.

„Positiv, wir sind zufrieden. Wir freuen uns, dass Fans, Freunde und Rezensenten wieder erkannt haben, dass wir natürlich ‚FunFolk‘ machen, es also Spaß machen darf, aber wir auf jedem Album eben auch die ruhigeren und ernsteren Töne anklingen lassen. Es ist das schönste Duivelspack-Album seiner Zeit …"

Das Trio frönt dem klassischen Mittelaltersound in betont humoriger und fidel unterhaltsamer Weise - auf das künstlerische Selbstverständnis angesprochen, holt Arne etwas weiter aus.

„Ja, aber nein“, scherzt er doppeldeutig, „wir huldigen eigentlich dem klassischen Mittelaltersound schon seit über 15 Jahren gar nicht mehr so sehr. Ja, wir sehen immer noch so bunt aus, ja, wir spielen in Teilen noch immer auf Nachbauten historischer Instrumente, aber nein, wir machen mit keiner einzigen Note Mittelaltermusik. Wir halten den Menschen vor der Bühne den Spiegel vor, wir ziehen sie an der Nase. Und das ist viel einfacher, wenn wir so bunte Klamotten tragen, weil man uns damit vieles verzeiht, oder sogar Dinge von uns erwartet, die andere Musiker sich nicht erlauben können, das ist sehr praktisch.“

Die Texte seines Dreiers sind zwar oft frech, konstatiert Gevatter Arne, manchmal frivol, wie aktuell in „Viva La Vulva“, oder vor ein paar Jahren im Lied „Cantus Phallus“. Aber: „Sie sind eben immer wieder auch politisch oder nachdenklich. Auf ‚Wir sind der Folk’ findet man zum Beispiel das Prostest-Lied ‚Dereinst‘, in dem wir unseren utopischen Traum schildern, dass dereinst die Menschen besser und auf Augenhöhe miteinander umgehen werden, denn nur so haben wir eine Zukunft. Auf der anderen Seite ist das letzte Lied der CD, die ‚Winterweise‘, eine Ballade, in der ein Mensch auf sein Leben zurückblickt und sich an längst gestorbene Freunde und Erlebnisse erinnert. Übrigens das erste Mal, dass ein Lied auf einer Duivelspack-CD als reine Klavier-Ballade aufgenommen wurde.“

Am ersten Dezember 2018 ging es los für die drei Spielmänner auf ihre ganz spezielle ‚ErFolksTour‘.

Arne blüht auf, sein Mund sprüht geradezu Funken beim Erzählen:

„Die Tour ist der Hammer! Wir treten an so vielen großartigen Orten auf, waren auf dem Eiffelturm, haben im Kreml spielen dürfen und unser Gitarrist Stefan wurde auf Honululu zum König eines Wettstreits gekürt. Wir haben tolle Locations bespielt, interessante Menschen kennengelernt und Preise gewonnen, die vor uns Weltstars inne hatten … und sind trotzdem ganz auf dem Boden geblieben! Naja, nur am ersten Februar hat die Tour dafür gesorgt, dass wir kurz die Bodenhaftung verloren haben: Wir durften auf dem Mond spielen, im Schrödinger-Valley, an den Koordinaten der Apollo 11-Mission. Das war ein unglaublicher Anblick, von der Bühne aus die Erde hinter unserem Trabanten verschwinden zu sehen … nur die Akustik war, aufgrund der vorherrschenden physikalischen Phänomene auf dem Mond, etwas dünner, als wir das gewohnt sind“, wird gejuxt und gefeixt. Backstage-Videos zur Tour sind auf der bandeigenen Facebook-Seite und auf dem YouTube-Kanal zu finden.

Die originelle Idee zur ErFolks-Tour entstand wie zu erwarten im allerbesten Spaß-Modus: „Wir saßen gemütlich mit Jeany und Michi von unserer Agentur bei einem romulanische Ale zusammen und sinnierten über die vielen großartigen Dinge, die Zefram Chochrane für die Raumfahrt geleistet hat. Dann sagte Michi plötzlich: ‚Da oben zu spielen, das wärs ja wohl.‘ Das fanden wir auch und so haben wir überlegt, wie wir das hinkriegen. Jeany und Michi haben viel telefoniert, haben unendlich viele Mails geschrieben und sich wirklich toll gekümmert. Wir sind den beiden sehr dankbar, denn am Ende stand der Tourplan, den wir nun gerade ziemlich abfeiern, mit jedem neuen Konzert. Also, eigentlich war es sowas wie eine Schnapsidee.“

An die Auftrittsmöglichkeiten zu gelangen, gestaltete sich von Gig zu Gig unterschiedlich, so Arne mit spitzbübischer Miene.

„Aber Du kannst Dir vorstellen, dass es schon ein echter Aufrieb war, diese ‚Live From Luna‘-Geschichte hinzubekommen. Wir mussten ja mit verschiedenen privaten Weltraum-Firmen ins Gespräch kommen, um überhaupt den Transport von uns und unseren Instrumenten nach da oben hinzubekommen. Das zeigte sich so kompliziert, dass wir letztlich gesagt haben: Wir machen das Konzert ‚umsonst und draußen‘, nur um die Anreise muss sich jeder selber kümmern, das erschien uns ein faires Angebot.“

Mühevoll war auch der Duivelspack-Gig im Kreml, fügt er mächtig grinsend an:

„As wir da unseren aktuellen Gassenhauer ‚Viva La Vulva‘ spielten, wollten sie uns festnehmen, weil sie dachten, es sei ein Loblied auf ‚Pussy Riot‘.“

Leider ist laut Arne nicht immer die Zeit vorhanden, um sich an vereinzelten Stationen der Konzertreise touristisch zu betätigen. Jedoch:

„Wir haben uns in Ogdenville das Zentrallager von Walmart ansehen dürfen, aber auch die Baustelle der Monorail-Einsenbahn. In Nashville waren wir natürlich auf den Spuren ganz vieler großer Musiker unterwegs, wie kleine Fan-Boys! Das war schon lustig. Naja, und auf dem Mond haben wir Steine eingesammelt und unsere Namen in den Staub geschrieben, das war irgendwie auch touristisch.“

Es kommen jetzt nur noch wenige Konzerte auf der derzeitigen Tour.

„Dann bereiten wir uns auf den Sommer vor, auf die Open Air-Saison. Aber nun freuen wir uns erstmal vor allem noch auf Lhasa, unser Konzert in Tibet, auf dem ‚Free The Yeti-Band-Aid-Concert‘. Das wird sicherlich eindrucksvoll und wir freuen uns auf spannende Begegnungen.“

Danach geht es mit der „Wir sind der Folk“-Album-Tour gleich weiter auf heimische Bühnen. Duivelspack sind also wieder mal gut unterwegs. Ist das manchmal nicht auch zwischenmenschlich ein wenig anstrengend neben all der Freude und dem Klamauk?

„Natürlich, drei Männer auf engstem Raum, über lange Zeit: Hotelzimmer, Backstage, Bühne … das ist anstrengend, immer wieder mal. Aber zum Glück kommen wir drei wirklich gut miteinander aus und haben einen Riesenspaß am gemeinsamen Musik machen. Ja, mit ‚FunFolk‘ haben wir uns selbst in eine Schublade gesteckt, weil in Deutschland alles ja so seine Schublade braucht. Aber weil wir uns selbst reingesteckt haben, können wir uns auch selbst wieder da raus ziehen. Klamauk war Dieter Hallervorden in den 70ern, der schenkt der Welt mittlerweile auch ernsthaftere Töne. Ja, wir machen ‚FunFolk‘, aber eben nicht nur und das ist großartig: Was gibt es denn schöneres, als Menschen herzlich zum Lachen zu bringen? Und weil wir wissen, dass wir sie zwischendurch mit den leiseren Tönen auch zum Weinen bringen können, macht uns dieses Riesenspektrum unserer Musik eben auch Riesenspaß. Wir dürfen Menschen bewegen und berühren, großartig!“

Wie relevant ist den Musikern wohl die ernsthafte Seite bei ihrem musikalischen Tun beziehungsweise gibt es überhaupt eine, mag sich da manch einer fragen. Arne klärt rasch auf:

„Ja, die gibt es und sie ist uns wichtig. Nach dem Anschlag auf das französische Satiremagazin ‚Charlie Hebdo‘ haben wir, zum Beispiel, sofort unser Lied ‚Je Suis Charlie‘ geschrieben und veröffentlicht und spielen es bis heute, weil es nach wie vor aktuell und wichtig ist. Über ‚Dereinst‘ habe ich ja schon erzählt … jede CD hat immer auch ernste Klänge, ja, wir sind auch politisch. Wir haben die Möglichkeit, auf eine besondere Art und Weise, eingebettet in ganz viel Lachen, auf Missstände hinzuweisen und Dinge anzuprangern und das tun wir bei allem ‚FunFolk‘ auch.“

Befragt, ob es Duivelspack auch hin und wieder mal eher schwerfällt, die dauerlustigen, ewig gut Gelaunten auf den Bühnen zu geben, kontert Arne mit sarkastischem Blick. „Ja, wenn wir Sonntagmorgens um zehn oder elf auf einer Bühne stehen müssen und unser Publikum noch schlimmer aussieht, als wir …“ Köstlich.

2019 wird ein tolles Jahr, so hoffen die Kerle. „Wir werden Veranstaltungen spielen, auf denen wir noch nie waren und auf die wir ganz neugierig sind. Bandintern haben wir einige Dinge zum Jahresbeginn umgestellt und wissen noch gar nicht, wie sich das nun auf uns auswirken wird, es bleibt auch da spannend. Ende Februar machen wir, zum sechsten Mal, unseren Folk-Workshop ‚Folk auf der Burg‘, mit 50 Hobby- und Laien-Musikern sind wir da drei Tage auf einer Burg und machen in fünf Instrumentengruppen miteinander Musik, das ist jedes Jahr super und wir freuen uns auch 2019 drauf.

Im Oktober machen sie zum dritten Mal ihre „GeWanderung“: „Drei Tage wandern in mittelalterlichem Gewand, oder in normalen Wanderklamotten, wie man das mag. Vor zwei Jahren waren wir im Teutoburger Wald unterwegs, vergangenes Jahr in der Eiffel und in diesem Jahr sind wir im Harz. Da gehen auch immer rund 50 Fans und Freunde der Band mit … wobei es immer mehr auch einfach wanderverrückte Menschen sind, die aus der Phantasie- und Mittelalterszene kommen. Wir reißen zwischen 50 und 80 Kilometer in den drei Tagen ab, da geht es schon ganz schön zur Sache. Alle Infos gibt es rechtzeitig immer auf Facebook und unserer Homepage.“

© Markus Eck, 09.02.2019

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