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Interview: DRACONIAN
Titel: Dunkler denn je zuvor

Wer das 2003 erschiene Debütalbum dieser Schweden in die Finger bekam, wurde als Fan von düsterem Gothic Doom Metal rasch in den Bann von Draconian gezogen. Denn mit dem grandiosen „Where Lovers Mourn“ berührte das Septett seine Hörer nachhaltig.

Die effiziente Rezeptur ihres sich schwer dahin schleppenden Monumentalsounds liest sich dabei wie ein dunkles Sammelsurium negativer Gefühlsregungen: Unheilbare Melancholie, immense Trostlosigkeit und grenzenlose Verzweiflung werden vom dem in jeder Hinsicht tiefgründig agierenden Septett erneut zu einer bombastischen Fülle an Weltuntergangsklängen zusammengebracht.

Auch mit dem neuen Dramatikmanifest „Arcane Rain Fell“, einem weiteren Qualitätswerk, dürfen Draconian sich getrost zu den emotional authentischsten und besten Vertretern ihres stilistischen Dunstkreises zählen. Aus diesem tritt Sänger Anders Jacobsson für mich heraus.

„Uns allen geht es derzeit blendend. Gegenwärtig proben wir an altem und neuem Material, um uns für anstehende Konzerte fit zu machen“, lässt mich der Vokalist wissen.

Kennern der Band wird angesichts der neuen Scheibe auffallen, dass das alte Logo nicht vorne drauf prangt. Und dies hat seinen Grund:

„Es passte aus optischen Gründen nicht aufs Cover drauf, traurig aber wahr. Doch mir gefällt das neue Frontcover trotzdem sehr gut. Selbstverständlich werden wir jedoch unser altes Logo beibehalten“, versichert mir Anders.

Im direkten Vergleich mit dem Vorgängerwerk „Where Lovers Mourn“ schätzt der Schwede die symbolschwangere Leidensmusik von Draconian dunkler und atmosphärischer ein, wie er sich dazu nachfolgend äußert:

„`Arcane Rain Fell` ist mehr `back to the roots`-orientiert und noch ein wenig doomiger geworden, das steht zweifellos fest. Heavy, episch und obskur, so könnte man unsere neuen Kompositionen umschreiben. Der neue Song `The Apostasy Canticle` ist vielleicht der dunkelste Track, den wir jemals gemacht haben.”

Er selbst mag das neue Album daher auch um einiges mehr als das Debüt, wie Anders zugibt.

„Die neue Scheibe kommt den Intentionen von Draconian viel näher, als es der Vorgänger tat. Der weibliche Gesang von unserer Lisa Johansson bekam daher in den neuen Liedern weit weniger Entfaltungsspielraum, als dies zuvor noch der Fall war, um alles noch düsterer und lichtloser wirken zu lassen. Um den Gesamtsound noch um einiges schwerer werden zu lassen.“

Man mag ihm in dieser Hinsicht nur zu gerne Recht geben, schließlich mutet „Arcane Rain Fell“ um ein Vielfaches trauriger und bitterer als „Where Lovers Mourn“ an.

„Das war ehrlich gesagt aber eigentlich gar nicht geplant. Die Songs sind eben letztendlich genau so ausgefallen. Wir konzentrierten uns lediglich darauf, den Sound wie gesagt sehr heavy und doomig hinzukriegen, emotional kälter und dabei auch noch epischer. So gerieten uns die Lieder dann auch immer noch trauriger. Wir finden das gut, denn unserer Auffassung nach wird unsere Musik umso mehr besser, je schmerzerfüllter sie wird.“

Anders ergänzt in diesem Zusammenhang noch, dass für ihn eine große Ausdruckskraft in leidvollen Atmosphären liegt. „So etwas spricht perfekt zu meiner Seele und lässt mich im günstigsten Falle beim Philosophieren die Wahrheit über mancherlei Dinge herausfinden“, bekennt der Denker mit dem latenten Hang zur Dramatik. Er hofft sehr, dass das neue Album es Draconian hauptsächlich nun endlich vollständig ermöglichen wird, als professionelle Band zu arbeiten und Konzerte zu bestreiten.

„Hoffentlich springt in diesem Zuge auch mal ein brauchbarer Deal mit einer guten Booking-Agentur für uns heraus, das würde uns riesig freuen. Natürlich sehe ich auch den aktuellen Albumverkäufen mit erwartungsfreudiger Haltung entgegen, denn dadurch steigen ja auch unsere Entfaltungsmöglichkeiten als Künstler in dieser Szene. Die gesamte Band kann es kaum erwarten, auf der Straße unterwegs zu sein und ordentlich zu touren. Ich bin auf jeden Fall schon sehr gespannt auf die Reaktionen der Fans, auch, weil unser neues Endprodukt sich ja musikalisch doch ein wenig vom Debüt unterscheidet.“

Im Anschluss daran erläutert der Gitarrist die Bedeutung des Albumtitels:

„Dieser ist eigentlich mehr poetisch als philosophisch, in einem spirituellen Aspekt zu verstehen. Wer sich dagegen zum Philosophieren angeregt fühlt, ist selbstverständlich dazu eingeladen, sich auf diese Weise damit auseinanderzusetzen. Für uns hat das Wort `Arcane` auf alle Fälle eine esoterische beziehungsweise abstrakte Bedeutung, also ein Enigma sozusagen: `Und der Regen der fällt, ist wie Tränen – wie das Sterben der Natur im Herbst.` Alles auf diesem neuen Stück Musik ist sehr poetisch. Und symbolisch für den Schmerz und das Leid der dunklen Engel.“

Wie anschließend in Erfahrung zu bringen ist, hat Lead- und Rhythmusgitarrist Johan Ericson diesmal das komplette Komponieren der neuen Lieder auf sich genommen.

„Er schrieb sämtliche Stücke. Eric ist ein sehr talentierter und produktiver Kerl, der diese Musik wirklich kennt und genau weiß, worauf es dabei ankommt.“

Die Chöre auf „Arcane Rain Fell“ wiederum gehen auf das kreative Konto von Keyboarder Andreas Karlsson.

„Er verfügt über eine ganze Reihe an entsprechenden Gesangs-Samples und dergleichen mehr. Das Resultat hört sich meiner Meinung nach echt großartig an, sehr kraftvoll noch dazu. Dies wirkt auf äußerst geschmackvolle Art und Weise verstärkend auf die Essenz, die hinter unserer Konzeption steckt.“

Anders legt daraufhin dar, dass aktuell primär die Rebellion und der Fall Luzifers für die neuen Kreationen von Draconian herangezogen wurden. „Ja, so ist mehr oder weniger ein durchdachtes Konzeptalbum über die Gefühlswelt der dunklen Engel entstanden, und ihre ausgeprägte Verbitterung gegenüber Gott, dem Licht und der Menschheit. Für mich ist das alles sehr wichtig, denn ich kann oftmals perfekte Parallelen zu meiner Seele feststellen.“

Ansonsten schreibt der Vokalist sehr gerne immer wieder Songtexte über Schmerzen, Einsamkeit, Liebe, Hass, innere Unruhen und hin und wieder auch etwas Okkultes, wie er offenbart.

„Daneben verfasste ich auch diverse misanthropische Zeilen, wie im Song `It Grieves My Heart`, der sich fragend mit der Oberflächlichkeit und stetig steigenden Korruption der Menschheit auseinandersetzt.“

Man fragt sich, welche Bands ein Mensch wie Anders sich privat in die Ohren drückt. Hauptsächlich muss es schon Doom Metal sein, wie er vorgibt. „Ich liebe vor allem und in erster Linie Bands wie My Dying Bride, Anathema, Mourning Beloveth, Saturnus, Shape Of Despair, While Heaven Wept, Void Of Silence, Esoteric, Solitude Aeturnus, Morgion, Evoken und Novembers Doom. An diesen Doom-Gruppen kann ich mich schier nicht satt hören.”

Live aufzutreten, das ist für meinen Gesprächspartner eine durchaus anstrebenswerte Sache, wie er abschließend übermittelt. „Wir spielen so viel auf den Bühnen, wie es uns möglich ist und so lange wie die jeweiligen Auftrittskonditionen natürlich auch halbwegs professionell sind. Es ist immer wieder eine großartige Erfahrung, ich liebe es einfach, auf den Brettern zu stehen. So erhalten wir mit Draconian nächstes Jahr 2005 hoffentlich eine ganze Menge an guten Auftrittsmöglichkeiten.“

© Markus Eck, 28.12.2004

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