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Interview: DEEP PURPLE
Titel: Auf der Bühne zuhause

Wenn eine Hard Rock-Band ihr 18. Studioalbum veröffentlicht, ist das schon etwas ganz Besonderes.

Zumal, wenn die Band Deep Purple heißt, weltberühmt ist und mit „Smoke On The Water“ einen zeitlosen Hitklassiker ihr eigen nennen kann, der einer Umfrage in den USA zufolge nach der Nationalhymne der Vereinigten Staaten das zweitbekannteste Lied bei den Bürgern ist.

Also sogar noch vor „Born In The USA“ von Bruce Springsteen. Recht so, verdient haben sich die betagten Herren um den 60-jährigen Sänger Ian Gillan solcherlei Lorbeeren allemal. Was also 1968, vor beinahe 40 Jahren, mit dem damaligen Debütalbum „Shades Of Deep Purple” begann, findet aktuell mit dem neuen Werk „Rapture Of The Deep” seine vorläufige Entsprechung.

Das britische Erfolgsquintett, unverändert spielfreudig, wirkt auf dieser neuen Platte, es ist kaum zu glauben, musikalisch abermalig gereift, ohne aber seine unverwechselbaren Trademarks wie beispielsweise die typischen Orgelklänge vermissen zu lassen.

Also alles beim Alten bei Deep Purple, und das im wahrsten Sinne der Bezeichnung.

Mir wurde die Ehre zuteil, Gillan samt Bassist Roger Glover im Münchner Le Méridien-Hotel zu treffen und ein Plauderstündchen mit diesen beiden Hard Rock-Dinosauriern abhalten zu können.

„Das erste Mal kam ich 1965 nach Deutschland. Mittlerweile habe ich nicht wenige gute Freunde hier gefunden. Ich mag Deutschland sehr, ganz besonders München natürlich. Wir sind hier Ende der 60er in vielen Clubs aufgetreten. Auch einige Tonstudios hier sind mir durchaus vertraut, in denen wir schon Alben aufgenommen haben“, erzählt mir Mr. Gillan in lockerer Manier.

Das piekfeine Hotelzimmer, in dem wir uns zu dritt auf einer nicht minder edlen Couchgarnitur niedergelassen hatten, war wahrlich ein angemessener Platz, um den erfahrenen Ausführungen der beiden Briten zu lauschen:

„Über all die Jahre sind wir zu einer eng verbundenen musikalischen Familie zusammengewachsen. Fragt man mich wie aktuell nach der in mir vorherrschenden treibenden Kraft, die dafür zuständig ist, noch immer gerne Musik zu machen, so bezieht sich meine Antwort eindeutig auf die noch immer vorhandene große Freude, mit einer Band wie Deep Purple auf der Bühne zu stehen. Denn wir haben wirklich ein unglaubliches, ein fantastisches Publikum – auf der ganzen Welt. Ganz egal, wo wir auftreten, unsere Fans sind da, zu Abertausenden. Das gibt uns gleichermaßen Kraft wie Freude. Daher sind wir auch ständig auf Tour, die letzte Konzertreise umfasste ganze 18 Monate. Die demnächst anstehende Welttour für das neue Album „Rapture Of The Deep“ wird im Januar 2006 starten und wir werden dafür wohl zwei Jahre rund um den gesamten Globus unterwegs sein. Wir können es kaum erwarten zu starten, unglaublich, aber wahr.“

Wie der Sänger anfügt, erträgt er all die Strapazen einer solchen Mammuttournee mit jedem fortlaufenden Jahr scheinbar immer besser als schlechter.

Und das liegt nicht zuletzt auch daran, so Meister Gillan weiter, dass sich die Beteiligten als leidenschaftliche Musiker und Komponisten über all die Zeit der Existenz von Deep Purple immer besser zusammengerauft haben.

„So wissen wir es sehr zu schätzen, über einen solch langen Zeitraum wie den der folgenden Tour täglich beieinander sein zu dürfen. Denn wir lieben es über alles, Musik machen zu können. Je mehr und je öfter, desto besser. Unser Gitarrist Steve Morse, der früher bei Kansas spielte, übt beinahe sechs Stunden pro Tag. Bei uns anderen in der Band ist das nicht viel anders. Daneben arbeiten wir fast ununterbrochen an neuen Kompositionen. Musik ist nun mal unser Leben.“

Wer möchte dem sympathischen Vokalisten das nicht zu gerne glauben?

Anschließend resümiert er in gelöster Stimmung zu den Aufnahmen von „Rapture Of The Deep“.

„Wir haben das aktuelle Album in Los Angeles aufgenommen. Erneut war es ein höchst angenehmer Prozess, der an Routine, Gewohnheit und Gelassenheit wohl nicht zu überbieten ist: Wir standen auf, frühstückten, tranken in aller Ruhe unseren Kaffee und gingen täglich für sechs Stunden ins Studio. Dort lief es eigentlich immer auf die gleiche Weise ab: Wir haben gejammt, warteten auf entsprechende kompositorische Resultate, um die Songs damit zu verfeinern, rissen nicht wenige Witze und begaben uns dann in die Aufnahmeräume. Es mag sich abgehoben anhören, aber für uns ist die Produktion eines neuen Deep Purple-Albums keine große Sache. Überhaupt, für uns ist die Band sowieso wie ein Hobby, das wir sehr gerne und daher freiwillig machen. Sozusagen also ein völlig normaler Vorgang, den man bereits in- und auswendig kennt.“

Dafür hören sich die neuen Songs auf diesem 18. Studioalbum aber nach allem anderen als nach Alltag an. Der Frontmann von Deep Purple stimmt mir in diesem speziellen Punkt natürlich nur zu gerne vollauf zu, und ergänzt trocken:

„Trotz aller Routine haben wir eines nie vergessen: Ein Song, den man in zehn Minuten schreibt, ist in der Regel immer besser als einer, für den man zehn Tage braucht.“

Es ist danach an der Zeit, das Mikrophon auch noch auf Tieftöner Roger Glover zu richten.

Und dieser zeigt sich in liebenswerter Bescheidenheit sichtlich erfreut, das Wort erteilt zu bekommen.

„Für mich persönlich mutet es trotz aller von Ian erwähnten künstlerischen Routine immer wieder wie ein kleines Abenteuer an, ein neues Deep Purple-Album zu machen. Ich fühle mich dabei oftmals wie ein Entdecker, im Sinne des Entdeckens völlig neuer künstlerischer Seiten an mir selbst. Was ich mir, und da stimmen wir bei Deep Purple glücklicherweise allesamt völlig überein, auf einem Album von uns wünsche, ist die Kombination aus neu geschriebener Musik und einem darin eingeflossenen, möglichst authentisch wiedergegebenen Anteil an persönlichen Belangen, die auf realen Eindrücken und Erinnerungen basieren. Dieser Mix ist es, der unsere Lieder für uns so reizvoll macht. Am Anfang beginnt es stets mit – Stille. Wie ein unbeschriebenes weißes Blatt, auf dem ein Brief geschrieben werden soll. Nach und nach füllt sich die Stille mit Tönen und Melodien, die wir als Musiker erzeugen. Dieser Zauber der Kreativität hat mich mein Leben lang als Musiker schon enorm fasziniert.“

© Markus Eck, 06.10.2005

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