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Interview: DARKWELL
Titel: Permanente Passionen

Mittels „Conflict Of Interest“ gibt es nun endlich wieder neues Tonmaterial von Darkwell zu vernehmen. Das Minialbum kann mit hochkarätigem Songmaterial darüber hinwegtrösten, dass derzeit noch kein volles Album erhältlich ist. Es bietet wie schon das Vorgängeralbum „Suspiria“ sehr anspruchsvollen und kompositorische Tiefe aufweisenden Gothic Metal, welcher sich nach Belieben einer breiten Emotionspalette bedient.

Allerfeinste Melodik, sehr ästhetische Arrangements und mit Bedacht inszenierte Härte verleihen auch „Conflict Of Interest“ ein musikalisch wertvolles Prädikat. Sopranistin Alexandra Pittracher wirkt neuerdings gar noch in ihren ohnehin schon brillanten Vokalisierungsfähigkeiten gesteigert.

So vertieft sich Darkwell-Tieftöner und Bandleader Roland Wurzer aus aktuellem Anlass erneut mit mir in einen anregend informativen Dialog. Seit der Veröffentlichung des Debüts hat sich die Besetzung bei Darkwell verändert, wie zu erfahren war. Roland blickt zurück und ist mit der Lage zufrieden.

„Ja, geändert hat sich eigentlich so einiges bei uns, vor allem das Line-Up. Bereits kurz nach der Veröffentlichung hat uns unser Keyboarder Chris, ein paar Monate später dann unser Gitarrist Roman verlassen. Hauptgrund bei beiden war wohl der Zeitmangel, sprich, es gibt kein böses Blut etc. Die neuen Mitstreiter sind Matthias Nussbaum an der Gitarre und Raphael Lepuschitz am Keyboard. Es hat zwar etwas gedauert, aber mittlerweile ist die Band zusammengewachsen und agiert auch im Kollektiv, was dazu führt, dass wir uns in der neuen Konstellation sehr, sehr wohl fühlen.“

Die seit dem Release von „Suspiria“ bestrittenen Konzerte waren nicht immer einfach umzusetzen für unsere österreichischen Helden, wie man erfahren soll.

„Schon bei den ersten Darkwell-Konzerten stellte es sich heraus, dass es nicht so leicht ist, unsere Musik live umzusetzen. Teilweise sind die Stücke sehr nachdenklich und emotional. Das ist natürlich schwer, es dann auf der Bühne so richtig in Szene zu setzen. Wenn man in einer Death- oder Black Metal-Band spielt, muss man die Aggression kanalisieren und umsetzen. Dies ist eigentlich recht leicht und das habe ich ja lang genug getan. Wenn es aber darum geht, einen nachdenklichen Song wie beispielsweise `Armageddon` vom Debütalbum live zu spielen, fällt das ungleich schwerer. Natürlich könnte man viel mit visuellen Effekten erreichen, das ist jedoch eine Kostenfrage und lässt sich leider nicht so leicht umsetzen. Mittlerweile haben wir jedoch eine Live-Linie gefunden und sind endlich zufrieden.“

Trotzdem gibt es zu diesem Kontext rückblickend nicht nur Erfreuliches zu berichten, wie Roland weiß. „Eigentlich ist jedes Konzert für uns erfreulich. Am meisten freut uns aber, wenn wir von Konzert zu Konzert eine Steigerung wahrnehmen können. Die übelste Erfahrung hatten wir im schwäbischen Aalen: Gegen 18 Uhr war dort immer noch nichts von einer PA oder ähnlichem zu sehen, das Konzert hätte aber eben um 20 Uhr beginnen sollen. Wir hatten uns dann mit der Situation und Absage abgefunden und uns dem Alkohol hingegeben. Als wir 20 Uhr zurückkamen, war wie durch ein Wunder die PA da und aufgebaut. Ohne Soundcheck und sturzbetrunken mussten wir auf die Bühne und haben dem Alkoholspiegel entsprechend versagt. Richtig peinlich wurde es aber erst, als wir feststellten, dass so ziemlich alle Publikationen, die im Schwabenland heimisch sind, anwesend waren. Wie die Konzertkritiken nachfolgend ausgefallen sind, kann man sich sicherlich leicht vorstellen. Echt peinlich.“

Bei der Antwort hinsichtlich der neuen Veröffentlichung und warum es nur für ein Minialbum gereicht hat, besticht Roland dann durch eine Sympathie zeitigende Ehrlichkeit. „Wieder eine gute Frage. Alle vier neuen Songs stammen eigentlich aus einem relativ produktiven Monat. Ich hatte irgendwie ein musikalisches Konzept vorliegen und habe darauf bezugnehmend einfach drauf losgeschrieben. Dieses war jedoch nach den vier genannten Lieder auch schon wieder erschöpft. Egal, was ich hinzu komponiert hätte, es hätte künstlich gewirkt. Dementsprechend ist es uns lieber, wenn diese vier Songs auf der Mini-CD zu erhalten sind. Es gibt ja schließlich auch Bonus-Material: Einen Coversong, einen Live-Track und diverse MPG’s. Somit bekommt man doch einiges für sein Geld. Hätte ich noch drei Songs hinzukomponiert und es als Album veröffentlicht, hätte ich mich nicht wohl gefühlt und es wäre Abzocke gewesen. Ich hoffe, den Leuten gefällt auch das neue Material von uns.“

Trotzdem bin ich persönlich der Meinung, dass nach der langen Wartezeit doch mindestens ein Album drin gewesen wäre. Was der Viersaitenspieler auch nicht abstreitet:

„Ja, eigentlich schon. Aber wie gesagt, das lässt sich nicht so leicht aus dem Ärmel schütteln. Denn einfach alle neuen Songs auf CD packen, sobald wir 40 Minuten Musik geschrieben haben, ist nicht unsre Art. Ich weiß zwar noch nicht wann wir mit dem nächsten Longplayer soweit sind, aber es wird dann sicher schneller gehen als zwischen Debütalbum und aktueller Mini-CD.“

Roland und Co. sind trotz allem Erfolgs auf dem Teppich geblieben. „Für die meisten von uns hat sich eigentlich nicht viel geändert, denn für uns alle war Musik schon vorher im Mittelpunkt unseres Lebens. Der Unterschied ist eben jetzt, dass man mehr in der Öffentlichkeit steht, weil wir eine CD über ein Label veröffentlicht haben. Positiv ist auf alle Fälle, dass viel mehr Leute Zugang zu unserer Musik haben. Dementsprechend freuen wir uns über alle Reaktionen aus aller Welt.“

Doch leider gibt es Neider: „Wirklich negativ ist manchmal der Neid anderer Bands. Früher bewegten wir uns gemeinsam mit den anderen Gruppen im Underground und man tat sich recht leicht. Sobald man als Band jedoch den begehrten Plattenvertrag hat, fragen sich die anderen `wieso sie, wieso nicht wir?`. Erklären kann man das denen auch nicht, somit endet das oft sehr unfreundlich. Vor sieben bis acht Jahren war das noch alles recht einfach, es wurde etwas geredet und somit war es erledigt. Aber Rivalitäten blieben im Untergrund. Seit es das Internet gibt, wird das dann eben alles öffentlich und jeder User kann gemütlich von zuhause mitposten, hetzen oder Stress machen. Das finde ich schade und leider auch negativ.“

Mit interessanten oder ungewöhnlichen Hobbys kann Roland nicht dienen. „Eine gute Frage. Eigentlich frönt keiner von uns intensiv irgendwelchen Hobbys. Vielleicht aber tun das die anderen der Band in ihrer Freizeit und ich kriege es nur einfach nicht mit?“

Musikgeschmacklich hingegen ist zu erfahren: „Ich für meinen Teil höre momentan gerne alten Goth Rock wie beispielsweise Fields Of The Nephilim oder Sisters Of Mercy. Andererseits ging mir der Tod von Chuck Schuldiener sehr Nahe. Dementsprechend höre ich momentan sehr oft meine Death-Sammlung durch. Matthias ist der ultimative Hypocrisy-Fan bei uns, er hört aber eigentlich so ziemlich alle Metal-Stile, abgesehen von Black Metal. Raphael hingegen wieder ist der Black- und Gothic Metal-Fan bei uns. Moritz hat momentan die modernere Schiene wie Slipknot und Co. für sich entdeckt. Alexandra hingegen hat, seitdem sie bei Darkwell ist, sämtliche Facetten des Metal für sich entdeckt.“

Die von dem Tieftöner genannten Aversionen hinsichtlich einiger Ekel erregender, massenmedial unsäglich gepushter Musikstile teilt der Verfasser vollauf:

„Eigentlich kann ich mich rudimentär mit allen Musikarten anfreunden, nur mit HipHop, Dancefloor und Techno tue ich mich ein wenig schwer. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass ich Volksmusik einfach nicht ernst nehme. Für meine Bandkollegen kann ich im Moment nicht sprechen, denn wir unterhalten uns eher über die Musik die wir mögen als über die, die wir nicht mögen.“

Zukünftig soll es für Darkwell vermehrt auf die Bretter gehen und es sollte auch mal ein wenig Zaster in die gähnend leere Bandkasse prasseln, so Roland.

„Uns gefällt die Situation momentan recht gut, doch würden wir schon gerne wieder mal eine tolle Tour machen. Ein verkaufstechnischer Durchbruch, welcher uns finanziell etwas bringen würde, wäre natürlich auch wünschenswert. Doch dieser passiert erst, wenn alle Variablen stimmen. Vielleicht kommt es mal soweit.“

Dann runzelt er die Stirn und bekommt große Augen: „Meine größte Sorge ist eigentlich, dass wir es irgendwann nicht mehr schaffen, die Band neben dem alltäglichen Überlebenskampf mit Arbeit etc. aufrecht zu erhalten. Ich hoffe aber, dass wir es noch solange wie möglich schaffen.“ Doch es besteht Anlass zur Hoffnung. Denn Musik machen ist das Größte für den Bassisten. „Therapie? Nein eigentlich nicht. Wir sehen es eigentlich als Berufung, wir haben mit unserer `Kunst` einiges zu sagen und es ist schön wenn andere zuhören.“

Auch auf der Bühne verlieren sich Darkwell restlos in den eigenen Kreationen. „Eigentlich geht dann in uns nicht mehr allzu viel vor. Denn wir vertiefen uns in das, was wir dort im Moment gerade machen. Natürlich gibt es immer wieder mal ein paar Sorgenfalten bezüglich Technik usw. Wenn das jedoch alles passt, geben wir uns voll der Musik hin.“

Roland nennt noch Zukunftspläne. „Das nächste Ziel ist natürlich das nächste Album. Zeitlich möchte ich noch nichts versprechen. Mit dem nächsten Album möchten wir jedoch unsere Augen offen halten, um unter Umständen wieder mal auf einer `fetten` Tour zu landen. Die momentanen Ziele sind relativ realistisch. Dementsprechend hoffe ich, dass wir sie auch schaffen.“

Abschließend hier noch letzte Worte, ganz speziell für die zahlreichen Fans: „An erster Stelle möchte ich mich bei allen unseren Anhängern bedanken, natürlich auch für das starke Feedback. Ihr haltet uns nun schon seit einem Jahr in den Gothic Metal Charts auf MP3.com! Auch freuen wir uns über die zahlreichen Besuch auf unserer Website. Bedanken möchten wir uns aber auch bei allen, die bei unseren Live-Konzerten zugegen sind.“

© Markus Eck, 23.10.2002

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