Interview: | CELLAR DARLING |
Titel: | Im Wechselbad der Gefühle |
2018 waren die drei Schweizer weltweit umfangreich auf Tour. Dazwischen fanden Cellar Darling auch Zeit, um das Material für ihr zweites Album „The Spell“ zu erarbeiten.
Das neue Konzeptwerk führt die Linie des 2017er Debüts „This Is The Sound“ fort. Verträumter, betont stimmungsvoller Progressive Rock, ebenso schwer wie markant und organisch, diesmal noch mehr in Richtung Metal wandernd.
Geschmackvoll angereichert mit klassischen Doom- und ästhetischen Folk-Nuancen, erhebt sich inmitten der beseelt-tiefgründigen Lieder Sängerin Anna Murphy mit ihrer betörend natürlichen Stimme.
„Das Songwriting für ‚The Spell‘ war im Prinzip fast gleich wie das zum Debütalbum. Wir sehen und fühlen uns als klassische Band und arbeiten sehr eng zusammen. Neue Lieder kommen eigentlich stets von mir oder unserem Gitarristen Ivo Henzi. Jeder von uns beiden nimmt neue Ideen jeweilig bei sich zu Hause auf, und weiter ausgefeilt wird dann zusammen in unserem Proberaum. Immer ein sehr gemeinschaftlicher Prozess, bei dem auch einiges an Energien ausgetauscht wird. Wäre nun ich oder Ivo alleinig im Songwriting tätig, würde das neue Album schon ziemlich anders klingen. Damit unsere Musik so klingt, wie sie klingt, benötigt es uns drei einfach als verschiedene Charaktere. Und dass wir uns diesmal zuerst eine Story ausdachten und erst danach die Songs individuell dazu schrieben, spielt auch eine gewichtige Rolle“, weiß Anna zu erzählen.
Letzteres hat die Vokalistin beileibe nicht als einfach in Erinnerung.
Dennoch, so sagt sie, hat es ihr und ihren Musikern große Erfüllung gebracht.
„Insbesondere dann, wenn man beispielsweise keine richtig guten Ideen an den Start bringen kann, hilft es sehr, wenn thematisch schon etwas vorhanden ist, auf das man aufbauen kann und mit dem man arbeiten kann.“
Die thematische und klangliche Düsternis auf „The Spell“ durchzieht das gesamte Album wie ein dunkler, stabiler Faden mit geradezu dramaturgischer Dichte.
„Glücklich bin ich überhaupt nicht“, offenbart Anna mit einem selbstkritisch geprägten, milden Lachen.
„Bei mir wechselt das allerdings regelmäßig ein bisschen. So gibt es definitiv Facetten und Ecken an und in mir, die das Konzept hervorgerufen haben. Das Ganze entstand dadurch wie von selber. So, wie Musik auf einmal einfach da ist, war auf die Story für ‚The Spell‘ plötzlich in meiner Vorstellung vorhanden. Ich fragte mich anfangs selbst sehr überrascht, wieso mir gerade diese fiktive Geschichte einfiel, vom Tod und dem Mädchen. Mir persönlich ging es damals nämlich eigentlich sehr gut, ich befand mich sogar in einer Art ‚Hochphase‘. Rasch wandte ich mich jedoch ab, es erklären zu wollen. Denn letztlich ist es Kunst, und die soll man als Schaffender doch am allerbesten einfach reifen und entwickeln lassen, damit alles so authentisch und individuell wie möglich gerät.“
Generell findet die Frontfrau in der Dunkelheit mehr Inspiration als im Licht, führt sie weiter aus. „Trotzdem sind die neuen Lieder sehr abwechslungsreich. Vielleicht nicht mehr ganz so variantenreich wie auf dem Debütalbum, denn da stand ja zuallererst die Musik, im Gegensatz zum neuen Release. Diesmal geht es mehr auf einer Linie zur Sache, das hat dem ersten Album aber auch meiner Ansicht nach schon etwas gefehlt. ‚This Is The Sound‘ wirkt aus heutiger Sicht schon ganz schön eklektisch auf mich. Und, entgegen der gewählten Thematik ist die neue Konzeptgeschichte absolut nicht nur traurig. Viele, welche die neuen Stücke bereits hören, finden ‚The Spell‘ als erfreulich ‚komplett‘.“
Natürlich ist das Ganze dennoch nicht so einfach zu verstehen und zu hören, so lässt Anna mit besonnener Stimme wissen.
„Dessen sind wir uns vollauf bewusst. Letztlich ist es auch sehr viel, was auf dem Album zu erfahren ist. Ich weiß noch, als wir uns Gedanken dazu machten, wie die Kompositionen zur Story zu klingen, entstand relativ schnell der Konsens ‚Quasi jeweilig mehr von allem!‘. So ist es für mich extrem schwierig, die neue Platte mit nur einem einzigen Wort zu beschreiben. Denn es kommt dabei sehr wohl ja auch Hoffnung auf, auch in der erzählten Geschichte. Ich sehe es als eine reine Interpretationsfrage an, was letztlich gut, böse oder schlecht ist. Ich denke, dafür gibt es ohnehin ja keine allgemein gültige Regel.“
Die Sängerin ist daher schon sehr freudig darauf gespannt, wie sie anfügt, ob und vor allem wie die Leute sich den thematischen Inhalt beim Anhören der Songs ausdenken können.
„Es steckt sehr viel Arbeit und Herzblut in ‚The Spell‘. Der konkrete Songwritingprozess und so einige Recordings im bewährten Soundfarm-Studio in Luzern zogen sich im Gesamten doch ein ganzes Jahr hin. Der förderliche Umstand, dass ich dort auch generell als Tontechnikerin tätig bin, hat uns vieles sicherlich auch um einiges einfacher gemacht. Weitere Aufnahmen und der finale Mix wurden im New Sound Studio von Tommy Vetterli umgesetzt. Tommy hat uns genau den richtigen Sound gezaubert, nichts klingt unpassend, übertrieben, aufgesetzt oder irgendwie künstlich. Es hört sich fast schon ein wenig Vintage-mäßig an.“
© Markus Eck, 08.03.2019
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