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Interview: CANDICE NIGHT
Titel: Am liebsten mitten im Leben

Mit den beseelenden Liedern ihres dritten Soloalbums brachte sich die reflektierte Sängerin und Musikerin von Blackmore’s Night selbst zurück in freudigere Tage, wie sie freiherzig bilanziert. Candice Night empfand vor allem die Covid-Zeit insbesondere den damaligen Lockdowns in den USA als ziemlich beklemmend, sagt sie, und ruft dabei in Erinnerung, wie wichtig selbst die vermeintlich kleinsten Dinge im (Familien)Leben doch eigentlich sind. So verarbeitete die Gattin von Gitarrengott Ritchie Blackmore für „Sea Glass“ überwiegend sehr persönliche Themen, welche im für sie typischen, romantisch-sehnsüchtige Folk-Stil zu erleben sind.

„Als man während der Ausgangssperren zeitweise das Haus gar nicht verlassen durfte, fehlten mir die Strandspaziergänge und das Umherstreifen in der Natur mit am allermeisten. Ich bin ein Mensch, der sich beispielsweise schon wirklich riesig freut, wenn er eine farbige, vom Sand abgerundete Glasscherbe am Meer findet, sie nach dem Aufheben dann direkt gegen das Sonnenlicht hält und das dadurch entstehende bunte Erstrahlen genießt - echte Glücksmomente! Daraus entstand schließlich auch der aktuelle Albumtitel und das Artwork.“

Die neuen Lieder komponierte die vielseitige und motivierte Künstlerin wieder an ihrem hoch geschätzten Lieblingspiano, welches eine ganz besondere Story birgt.

„Als wir damals hier in unser Haus einzogen, wollte ich zuerst unbedingt ein Piano haben - also zogen Ritchie und ich los und suchten, um schließlich eines zu finden, welches meinen Anforderungen entspracht. Es ist uralt, und die betagten Herrschaften, die es uns verkauften, hatten zunächst eine Grundbedingung, die wir ihnen versprechen mussten: Ihr Erbstück sollte in gute Hände, die es ebenso liebevoll und sorgsam behandeln würden. Nun, da brauchten sie sich bei mir keinerlei Sorgen zu machen. Es erhielt einen Ehrenplatz in einem speziellen Raum hier bei uns, und seitdem sitze ich an zahllosen Tagen und vor allem auch Nächten daran und spiele und spiele - so entstanden die neuen Kompositionen für ‚Sea Glass‘.“

Auf das einprägsame und wunderschön gewordene Instrumental „Dark Carnival“ angesprochen, bringt Mrs Night mit einem breiten Lächeln sofort erneut ihr inniglich geliebtes Tasteninstrument „ins Spiel“.

„Ja, ich weiß es noch ganz genau: Ich saß eines Nachts daran und spielte, während ich in mich versunken aus dem Fenster schaute - ich habe das Piano extra so aufgestellt, dass ich gleich aus mehreren Fenstern in die Ferne blickend schweifen kann, in der Kombination aus entspanntem Klavierspielen und visuellem in die Weite schweifen entstehen immer wieder meine tiefgründigsten Kreationen. Ich spielte und spielte und schaute und schaute, als ich auf einmal die Grundmelodie für das Stück herausgearbeitet hatte - um kurze Zeit später zu registrieren, dass mein Mann hinter mir stand und zuhörte. Ich schaute ihn an und war gespannt auf seine Reaktion - er murmelte etwas wie ‚du wirst schon wissen, was du am besten kannst‘ und ging wieder. Ich kenne Ritchie nach all den Jahren so gut und wusste intuitiv, dass allein sein wohlwollender Blick meine neue Komposition schon ‚guthieß‘! Tatsächlich ist ‚Dark Carnival‘ auch einer meiner persönlichen Favoriten auf dem neuen Album.“

Die aktuellen Songs entstanden über einen Zeitraum von zehn Jahren, berichtet die durch und durch lebenslustige Candice, seit ihrem letzten Soloalbum „Starlight Starbright“, welches 2015 erschien. „Ich habe es erst kürzlich so richtig realisiert, dass seitdem tatsächlich eine Dekade ins Land zog! [lacht] Mittlerweile wurden meine damaligen Kleinkinder zu Teenagern - so bin ich nun im Größenvergleich die ‚Kürzeste‘ bei uns in der Familie. In diesen letzten zehn Jahren ist aber nicht nur bei uns viel passiert, sondern generell in der Welt da draußen. Ich muss nochmals die Covid-Zeit erwähnen, die sich für uns anfühlte, als hätte man uns zwei Jahre unseres Lebens genommen. Es war eine dunkle Zeitspanne, strotzend vor Herausforderungen, wie es zu meistern ist. Nicht auf Konzerte gehen zu können oder mal ins Restaurant, es waren schon Entbehrungen - partiell war es nicht erlaubt, jemanden zu umarmen. Wir haben einen sehr engen, vertrauten Freundeskreis hier, der mit viel Liebe gepflegt wird, das war also wirklich beschwerend zu erleben - vor allem auch, weil man im Bewusstsein hatte, dass es eben nicht nur die eigene Region betrifft, sondern die ganze gesamte Welt; und man wusste auch länger nicht, wie das Ganze letztlich enden würde.“



Umso froher und spürbar glücklich ist die gänzlich Musikbegeisterte nun, dass sie ihr neues Liedgut an den Start bringen und auch schon bald auf auserwählten Bühnen performen kann. „Viele Konzerte werde ich nicht geben, was von mir als Mutter und Ehefrau bewusst so entschieden wurde - aber diejenigen Auftritte, die ich spielen werde, bedeuten mir unsagbar viel.“

© Markus Eck, 12.04.2025

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