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Interview: BOMBENSTURM
Titel: Zielsetzung: Eigene Akzente

Ihr meisterliches Debütalbum „Machtwerk“ bietet sagenhaften Melodic Pagan Black Metal vom Allerfeinsten. Das Wuppertaler Zornes-Duo Bombensturm liefert damit eine rohe Schlachtplatte an, die ungewöhnlicher und interessanter wohl nicht angerichtet sein könnte. Leckerer aber auch nicht.

Mit einer fesselnden Kraftladung an majestätischen Großatmosphären versehen, mit melodisch zupackender Erhabenheit geradezu gesegnet sowie an Ganzkörper-Gänsehaut bringenden Überraschungen alles andere als arm, ermöglicht das Album unzählige Fiktivreisen, viele davon tief ins eigene Ich. So kann hier getrost von einer der gehalt- und wertvollsten Genre-Veröffentlichungen der letzten Jahre an sich geschwärmt werden.

Dazu gibt nicht zuletzt auch die wohltuende Einflussvielfalt einigen Anlass, welche auf „Machtwerk“ in homogen dazupassender Weise mit brillantem Intuitivgespür involviert wurde. Eine abartig räudig phrasierende Zornkehle mit Künstlernamen Sturm sowie der wuchtige Saitenmann Bomber zeigen sich hier derart von der stockdunklen Muse geküsst, dass man als Hörer aus dem Staunen schier nicht mehr herauskommt.

In erster Linie war es laut Aussage von Vokalist Sturm anfangs nur eine fixe Idee, ein Experiment zu der Frage, was das Duo mit seinen bescheidenen technischen Mitteln wohl so alles verwirklichen könnte.

„Wir wollten nur Musik für uns machen, probieren was möglich ist und hatten uns daher auch nicht konkret auf eine Stilrichtung festgelegt. Von daher sind wir über unsere ursprünglichen Vorstellungen sogar hinausgeschossen, aber man setzt sich ja mit jeder Verbesserung, die man erreicht, neue Ziele.“

Und die Bandgeschichte an sich ist schnell erzählt.

„2003 war quasi das Geburtsjahr von Bombensturm, ein Jahr später kam dann unser erster Demo-Tonträger "Skumrask". Da wir, wie oben angesprochen, das ganze mehr als ein Experiment sahen, gingen wir dessen Verbreitung entsprechend ambitionslos an: Es dürften davon nur rund 30 Stück existieren. 2005 kam es dann mehr zufällig zu dem Plattenvertrag mit Perverted Taste Records, im gleichen Jahr erschien unser Erstling "Machtwerk".“

Ich frage nach, was es für die beiden Protagonisten persönlich denn bedeutet, als Band zusammenzuarbeiten und Musik machen zu können. Sturm hierzu:

„Man sitzt zusammen, bastelt an Songs und trinkt nachher ein Bier. Ich würde nun nicht sagen, dass das nur ein Hobby ist, aber als meinen Lebensinhalt oder ähnlich Hochtrabendes würde ich es auch nicht bezeichnen – wenngleich Musik einen hohen Stellenwert darin einnimmt.“

Sturm selbst ist es im Grunde ziemlich schnuppe, wie er mir anschließend bekundet, woher genau nun eine Band kommt – auch wenn er aus dem Black- und Pagan Metal-Bereich größtenteils doch einheimische Bands hört, da sie dem Vokalisten musikalisch am meisten zusagen.

„Derzeit sind es hauptsächlich Falkenbach, Riger, Bergthron usw. Aber wie wir zu der Szene stehen? Eigentlich gar nicht. Weil uns "Szenen" nicht interessieren.“

Zur selbst gespielten Musikstilistik an sich ist der Zornsänger von Bombensturm rein zufällig gekommen, wie er mir erzählt. „Musik war mir schon immer wichtig und es ist immer mal ein Musikgenre dazugekommen. Daher höre ich auch heute noch Genre-fremdes wie Blood For Blood oder gar The Shins. Wenn es einen solchen Moment, sozusagen ein Schlüsselerlebnis, gegeben hätte, dann wäre es sicher eines dieser Gänsehaut-Erlebnisse gewesen, wie es bei mir der Fall war, als ich das erste mal "The Heralder" von Falkenbach gehört habe.“

Ich bitte ihn daraufhin, den einzigartig dunkel strahlenden und vollkommen weltflüchtig anmutenden Klangkosmos von Bombensturm mit eigenen Worten zu definieren.

Eine harte Nuss für Sturm, wie es scheint:

„Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich damit immer ein wenig schwer tue, jede Beschreibung wäre da rein subjektiver Art. Ich könnte nicht mal genau sagen, welches genaue Genre wir bedienen und Vergleiche mit anderen Bands will ich da schon gar nicht ziehen. Das habe ich bisher unterlassen und das werde ich auch weiterhin tun. Da soll sich jeder selbst ein Bild darüber machen und bei uns reinhören, sei es über unsere Internetseite oder wie auch immer. Das wäre mir lieber, als wenn sich nun jemand auf Grund einer misslungenen Beschreibung meinerseits die CD kauft und dann scheiße findet.“

Mit ihrem wohltuend abwechslungsreichen Verachtungssound möchten die beiden begabten musikalischen Bombenstürmer kein bestimmtes Publikum ansprechen, so Sturm.

„Das ist uns im Grunde egal. Wenn es anders wäre, müssten wir auch andere Musik machen. Aber am liebsten wären uns natürlich schon junge hübsche Frauen. Die Pagan/Black Metal-Richtung ist derzeit nach wie vor zweifelsohne sehr gefragt, das wird aber auch irgendwann wieder abnehmen. Eine Gefahr der Übersättigung sehe ich da allerdings nicht. Neben nicht wenigen 0815-Bands gibt es auch viele einzigartige, die Akzente setzen, andere Bands beeinflussen und das Genre bereichern. Solange es solche Bands gibt, die durch ihren unverkennbaren Stil für ein weitreichendes Spektrum dieser Musikrichtung sorgen, solange wird es auch eine Weiterentwicklung und ein Fortleben dieses Genres geben – zu dem wir uns im Übrigen gar nicht zählen. Pagan ist für uns nur ein Einfluss von vielen.“

Es schien mir an der Zeit, die Bedeutung des Bandnamens Bombensturm zu hinterfragen. „Der Name entstand eigentlich nur aus unseren jeweiligen Synonymen. Man kann natürlich an dem Namen heruminterpretieren, aber ob dabei ein sinnvolles Ergebnis zustande kommen würde, wage ich zu bezweifeln.“

Das aktuelle Album „Machtwerk“ ist komplett in Eigenregie aufgenommen worden, wie zu erfahren ist. „Ja, vollkommen "homerecorded", wie man so schön neudeutsch sagt. Die Aufnahmen werden so irgendwas zwischen einem halben und einem Jahr gedauert haben, genau weiß ich das aber nicht mehr. Wir sind die Sache wie immer Lied für Lied angegangen, ohne den Gedanken an ein fertiges Album, schließlich ist es kein Konzeptalbum. Daher sind auch die Erfahrungen, die wir gemacht haben, von Lied zu Lied unterschiedlich. Es gibt natürlich immer Dinge, wo man sich nachher sagt, dies und das hätte man besser machen können. Hauptsächlich sind das Dinge, die mit Aufnahme und Technik zutun haben und in mangelnder Erfahrung wurzeln. Man lernt eben immer dazu und wir hoffen, dass wir das Gelernte auf dem nächsten Album umsetzen können. Grundsätzlich sind wir aber zufrieden, weil es für uns persönlich einfach ein großer Schritt nach vorne war. Dank unserer sporadischen Arbeitsweise und einem selbst gesetzten Zeitrahmen wurde das ganze gegen Ende dann doch etwas stressig; wir konnten den zuvor vollmundig versprochenen Abgabetermin nicht mehr einhalten usw. Das werden wir beim nächsten Mal dann wohl etwas weniger blauäugig angehen.“

Ich selbst habe das betörende Album „Machtwerk“ das erste Mal bei einem Chicago-Trip im dortigen Plattenladen „Metal Haven“ gehört. Da war ich, ebenso wie der dortige Verkäufer, tief beeindruckt. Mich interessieren in diesem Kontext die bisherigen Reaktionen, auch aus dem Ausland, auf die Klänge von Bombensturm.

„Die Reaktionen sind recht unterschiedlich ausgefallen. Es gibt solche denen es gefällt, andere können damit gar nichts anfangen. Es ist mir aber auch lieber, wenn von zehn Leuten dreien unsere Musik gefällt und der Rest findet uns scheiße, als wenn uns zehn Leute durchschnittlich beziehungsweise belanglos finden. Aus dem Ausland haben wir bislang außerordentlich gute Kritiken bekommen, soweit ich das mitverfolgen konnte. Vor allem in den USA scheint man noch weniger Genre-fixiert zu sein, vielleicht ist das der Grund, warum von dort die meisten positiven Reaktionen kamen.“

Ich habe hier in Deutschland bisher auffallend wenig von Bombensturm gelesen, was wohl nicht zuletzt daran liegen dürfte, dass sich andere Schreiber nicht recht an die Band beziehungsweise ihr Material herangetraut haben; wohl aus Angst, eventuell rechts gesinnte Musiker zu unterstützen. Sturm stimmt zu:

„Du hast es selbst schon gesagt, es gibt eine Vielzahl von Pagan/Viking-Gruppen und wir haben gerade erst unser Debüt veröffentlicht. Von daher wundert mich das wenig. Ob das nun auch mit einer befürchteten rechten Gesinnung zu tun hat, weiß ich nicht. Es wäre aber ungeschickt, alles was nicht betont links denkt und irgendwie eventuell rechts sein könnte, gleich zu verteufeln.“

Denn Bombensturm war niemals ideologisch motiviert und wird es nie sein, auf diese Feststellung wird Wert gelegt.

„Natürlich würde jemand mit extrem linker Einstellung dem widersprechen, da alles was mit Heidentum zu tun hat, von links außen aus gesehen, leider, als "rechts" gilt. Dummerweise haben wir eventuelle Fehlbeurteilungen durch Thematik und Bandnamen selbst provoziert, eine unglückliche Kombination. Daher kann ich nur versichern, dass wir mit Politik, sprich, mit irgendeiner braunen Gesinnung, nichts zu tun haben und nie haben werden.“

Was das Komponieren der Songs bei Bombensturm anbelangt, so endet letztendlich alles in harmonischer Teamarbeit, wie Sturm mir darlegt.

„Meistens ist es so, dass einer von uns mit einer Idee oder einem halbfertigen Song ankommt und das wird dann gemeinsam umgesetzt. Jeder versucht dann seine eigenen Vorstellungen umzusetzen und das beeinflusst das Endresultat. Die größte Inspiration dabei ist die Freude an der Musik – vermutlich auch das Einzige, das uns wirklich antreibt. Und solange es diese Freude gibt, werden wir Musik machen, sei es mit Bombensturm oder auf irgendeinem anderen Weg.“

In ihren Liedertexten behandeln die beiden das, was sie auch privat beschäftigt, wie meinem Gesprächspartner zu entlocken ist. „Daher entfällt auch eine Recherche dazu, von wenigen Ausnahmen mal abgesehen. Wir schreiben weder Sachtexte, noch versuchen wir durch möglichst geschwollene Wortwahl Inhaltslosigkeit zu kaschieren. In meinen Augen ist der Text eines Songs so etwas wie das Gewissen der Musik. Ist der Text nicht ehrlich, so ist es auch die Musik nicht. Höchste Priorität hat aber die Musik, denn darum geht es schließlich: Der Text ist nur ein Teil der Musik, so wie ein Instrument.“

Ehrlich gesagt ist es Sturm aber fast lieber, wenn sich die Hörer nicht mit den Texten von Bombensturm auseinandersetzen, denn so können sie auch nichts missverstehen.

„Ich habe ja schon die tollsten Interpretationen zu unseren Texten gehört und die waren allesamt Humbug. Schön wäre es, wenn beim Hörer durch Musik und Text – oder Bruchstücken davon, die er versteht – eine gewisse Stimmung entsteht. Das wäre ein größerer Erfolg, als dass er den vollen Text kennt und versteht.“

Wir philosophieren anschließend über all die neuzeitlichen Trend- und Hobby-Heiden, von denen sich nicht wenige leider nur sehr oberflächlich mit den zahlreichen Überlieferungen und Mysterien der Ahnen beschäftigen.

„Ich kenne auch nur wenige Menschen, von denen ich Gegenteiliges behaupten würde. Nur weil man die Edda zu Hause im Schrank liegen hat, macht einen das noch lange nicht zum Vollblut-Heiden. Ich denke, dass die Zeit und die Art und Weise, wie wir in dieser Gesellschaft aufwachsen und leben es schwer machen, mehr als nur an der Oberfläche zu kratzen. Aber ich empfinde es auch als begrüßenswert, dass es wenigstens versucht wird.“

Da Bombensturm nur zu zweit agieren, ist es ihnen laut Statement von Sturm unmöglich live aufzutreten. „Es gäbe zwar die Möglichkeit mit Gastmusikern zu arbeiten, aber das haben wir bislang noch nicht ins Auge gefasst, zumal ich selbst kein großer Fan von Live-Konzerten bin.“

Wie er abschließend verlautbaren lässt, sind die beiden schon wieder dabei, neue Stücke für ein weiteres Album zu schreiben und aufzunehmen. „Aber es wird sicherlich noch einige Zeit ins Land gehen, bis das Teil dann fertig sein wird. Wir haben für das Interview zu danken.“ Ich hingegen habe für die Erschaffung von „Machtwerk“ zu danken.

© Markus Eck, 27.12.2005

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