Top
Interview: BLACK LILIUM
Titel: Wertvolle Erfahrungen

Mit dem erstaunlich stilfrischen Debütalbum „Dead Man's Diary“ kredenzen die Schleswig-Holsteiner Gefühlsmenschen der Szene eine echte Offenbarung.

Derlei gleichfalls eingängige wie dauerhaft in den Sinnen hängen bleibende Kompositionen sind selbst im Wust heutiger Überflussverhältnisse so nicht oft zu finden.

Mit dem bezaubernd sehnsüchtig angehauchten Progressive Melodic Metal der Könner um Sänger Felix Hochkeppel scheint im Kopfkino gar alles möglich, wonach sich ein fantasievolles Herz so sehnt.

„Wenn wir von so etwas wie einem Leitbild oder Selbstverständnis sprechen, dann haben wir grundsätzlich eine soziale und humanistische Grundeinstellung, offenbart Gitarrist Marcel Wroblewski.

„Einzelne Musiker sind in unserer Band auch aktiv engagiert. Innerhalb der Gruppe macht sich das besonders durch einen sehr wertschätzenden und partnerschaftlichen Umgang miteinander bemerkbar. Wir alle sind bereits etwas länger dabei. Das trägt auch dazu bei, dass niemand versucht, der restlichen Band seine musikalischen Beiträge aufzudrücken. Wenn Entscheidungen intern sachlich sinnvoll und gut erscheinen, dann wird das grundsätzlich von jedem Einzelnen akzeptiert, unabhängig davon, ob er sich dann noch persönlich eingebracht hat oder nicht. Immer im Sinne von Black Lilium. Das macht Spaß, wenn man realisiert, dass dadurch das Gesamtergebnis besser wird.“

Tieftöner Lasse Lammer fügt an, dass er auch gegenüber anderen Bands keinen Konkurrenzgedanken hegt.

„Die besten Konzerte, die ich als Fan besucht habe waren die, wo mehrere Bands waren, die ich cool fand. Wenn man da zusammen an einem Strang zieht, kann man meiner Meinung nach immer mehr erreichen. Das gilt insbesondere im kleinen beziehungsweise lokalen Bereich. Wir machen als Band einfach die Musik, die uns gefällt und hoffen, dass es anderen auch so geht - Konkurrenzdenken ist da meiner Meinung nach fehl am Platz, da man seinen Geschmack ohnehin niemandem aufzwingen kann, und der Gedanke ‚gegen wen spielen wir am Samstag‘ schadet letztendlich allen, wenn man jedoch zusammen etwas auf die Beine stellen kann. Letzteres gerne auch stilübergreifend, so ist damit der Szene im Ganzen wesentlich mehr geholfen und es bringt alle nach vorne.“

2019 habe er inzwischen bereits komplett verdrängt, so ergänzt Lasse. „Aber für 2020 denke ich, dass eine ‚Künstlerische Identität‘ zwar wichtig ist, aber nicht erzwungen werden kann - schließlich entsteht sie immer aus einer Schnittmenge der einzelnen Künstler. Sind diese authentisch und bringen sich entsprechend ihrer eigenen Stärken und Vorlieben ein, wird die Gesamtidentität der Band das hoffentlich widerspiegeln und einen authentischen Wiedererkennungswert liefern.“

Somit befindet sich die aktuelle Bandbesetzung von Black Lilium auch geradezu im Optimum. Marcel: „Erfahrung, eine gewisse Unabhängigkeit und unterschiedliche musikalische Interessen zeichnen das Line-Up aus, würde ich sagen. Der überwiegende Teil von uns ist schon lange in der Musikbranche unterwegs. Wir betrachten das daher sehr realistisch und haben da auch keine schrägen Vorstellungen, was die Perspektiven der Band betrifft. Natürlich lassen wir uns auch gerne positiv überraschen. Da wir bislang keine vertraglichen Bindungen eingegangen sind und alles selbst finanzieren, stehen wir auch unter keinerlei Druck. Wir arbeiten an Black Lilium ganz genauso, wie wir es für richtig halten. Das wird sich auch erst dann ändern, wenn es uns wirklich einen wesentlichen Vorteil verschafft.“

Schlagzeuger Jan Knoop pflichtet dem voll und ganz bei: „Wir sind alle in erster Linie wirklich Freunde. Es ist uns wichtig, wer bei uns mitmacht. Auch ist Black Lilium nicht als Band konzipiert, die jedes Wochenende ein bis zwei Gigs spielt. Es bewegt sich zwischen einem Projekt und einer Band. Jedenfalls ist das der aktuelle Stand.“

Die Songs auf „Dead Man’s Diary“ sind für geschmacklich offene Rezipienten erfreulich reibungslos hörbar.

„Guter Punkt, so ein lachender Jan, „von reibungslos, was die ursprüngliche Idee angeht, kann man hier nämlich nicht gerade sprechen. Wir sind mit einer ganzen Menge an Gitarrenspuren, Ideen zu Bass, Gesang, Keys und Schlagzeug ins LSD Studio zu Lasse gegangen - und letztlich mit einer einzigen Gitarre, differentem Bass und Schlagzeug, komplett anderen Keys und einem anderen Sänger wieder rausgegangen. Felix war unsere Rettung bei den Aufnahmen. Mittlerweile ist er fest an Bord und wir sind verdammt froh, dass er Spaß mit uns hat und Lust auf unser Black Lilium-Abenteuer hat.“

Marcel umschreibt das Ergebnis: „Die Songs basieren auf abwechslungsreichen diversen Melodien, die immer auch einen Hang zum melancholischen haben. ‚Alternativer Metal’ oder auch ‚progressiv‘ trifft es sicherlich gut, da wir auch verschiedene Stilrichtungen einfließen lassen.“

Lasse nickt mit zufriedener Miene: „Dem kann ich mich nur anschließen. Ich finde diese Stil-Schubladenfragen ohnehin immer sehr schwierig, da wir tatsächlich musikalisch zum Teil aus komplett unterschiedlichen Ecken kommen; die Verbindung finden wir aber immer wieder in den Melodien und Refrains, die - hoffentlich - im Ohr hängen bleiben.“

Befragt, worauf genau es ihm selbst bei der aktuellen Musik von Black Lilium letztlich am allermeisten ankommt, entgegnet Marcel: „Für mich ist die Tatsache, dass sich alle Bandmitglieder ins Songwriting gleichermaßen einbringen der wichtigste Aspekt.“


Jan sagt dazu: „Mir ist es wichtig, dass ich das Album wirklich gerne hören mag. Klingt komisch und selbstverständlich. Ist aber keine Selbstverständlichkeit. Ich muss mich in den Lyrics und in der Musik wiederfinden können.“

Als das Gespräch schließlich in Richtung nennenswerte musikalische Einflüsse geht, die in den Stücken des Albums ihre Facetten haben, meldet sich Marcel als erster zu Wort. „Meine Einflüsse kommen da sicherlich aus dem düsteren Metal- und Rockbereich. Ich mag innerhalb der Songs gerne bittersüße Melodien. Ich könnte da bewusst keine Bands nennen, weil es eine Summe vieler Bands seit den 1970ern ist.“


Jan legt nach: „Wenn mit ‚musikalischer Einfluss‘ bestimmte Bands gemeint sind, gibt es die sicherlich. Weil alles, was man hört, sich auf jeden Fall bewusst oder unbewusst im Songwriting niederschlägt. Jetzt aber ganz Bestimmte zu nennen, fällt mir schwer. Auf jeden Fall richten wir uns nicht nach bestimmten Bands. Dafür sind unsere Geschmäcker auch zu verschieden. Marcel würde sich bestimmt nicht über eine Playlist von mir als Geburtstagsgeschenk freuen. Umgekehrt übrigens auch nicht.“

Felix informiert zu den hauptsächlichen lyrischen Themen von „Dead Man's Diary“: „Die textlichen Inhalte gestalten sich durch das ganze Album hin recht menschlich und realitätsnah. Hierbei geht es größtenteils um Konflikte mit dem Selbst, dem näheren Umfeld, aber auch gelegentlich um die - natürlich eher subjektive - Betrachtung der Gesellschaft im Großen und Ganzen. Hierbei liegt der Schwerpunkt aber nicht darauf, bestimmte Werte zu vermitteln, sondern um den individuellen Versuch, sich mit der gegenwärtigen Welt auseinanderzusetzen und bestenfalls eines Tages einen Platz in ihr zu finden. Auch weniger tiefgründige Themen wie schlichte zwischenmenschliche Beziehungen haben natürlich ihren Platz verdient. Schließlich sind es gerade solche Dinge, die ein jeder mal zu be- oder verarbeiten hat.“

Und die grundsätzlichen Bezüge der Songtexte sind durchaus an der Realität orientiert, so ergänzt der Sänger.

„Selbstverständlich ist nicht alles eins zu eins aus dem tatsächlichen Leben gegriffen, sondern bildlich oder überspitzt beschrieben, um ein bestimmtes Gefühl zu verdeutlichen bzw. nachvollziehbar darzustellen.“

Bei Black Lilium gibt es laut Marcel keine nennenswerte Konflikte.

„Wir sind ein sehr partnerschaftlicher Haufen. Da wir uns alle schon lange kennen, lassen wir auch solche Situationen gar nicht erst entstehen.“

Lasse steuert dazu bei: „Wie jede Beziehung kann natürlich auch die in einer Band sehr emotional sein - wichtig dabei ist, dass man nicht nachtragend ist und dass man versucht sich nicht persönlich angegriffen zu fühlen, wenn zum Beispiel jemandem eine musikalische Idee nicht so gefällt … das ist unter Umständen vielleicht schwerer, als es auf den ersten Blick scheinen mag, da ja kreativer Output immer etwas Persönliches und sehr nah an dem eigenen selbst ist. Es ist daher nicht immer leicht die Kritik an der Kunst von der Kritik an der eigenen Person zu trennen. Uns hilft dabei die Tatsache, dass wir uns schon über viele Jahre, zum Teil Jahrzehnte kennen, und versuchen ehrlich miteinander umzugehen.“

Wenn es dann für Black Lilium auf diverse Bühnen gehen wird, versucht die Band laut Jan so wenig wie möglich und so viel wie nötig technische Unterstützung live zu nutzen um den Songs live so nahe wie möglich zu kommen. „Außer es findet sich noch ein Keyboarder, der zu uns passt und auch gerne singt. Das wäre die optimalste Lösung.“


Lasse: „Ich möchte live Spaß haben und diesen Spaß auch im Publikum wiederfinden. Eine gute und disziplinierte Vorbereitung ist dabei für mich wichtig, da ich mich nur so auf der Bühne entspannen und sicher fühlen kann.“ 


© Markus Eck, 03.03.2020

[ zur Übersicht ]

All Copyrights for band-photos & -logos reserved by its Respective Owners.

Advertising

+++