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Interview: ANGELI DI PIETRA
Titel: Immer der eigenen Nase nach

Ihr aktuelles schmissiges Debütalbum „Storm Over Scaldis” bietet einen erfreulich umfangreichen Fundus an Einflüssen auf, welchen die Belgier Angeli Di Pietra mit gigantischer Spielfreude zu einer homogen anmutenden Symbiose clever zu verquicken verstehen.

Die sechsköpfige Folk Metal-Horde selbst tituliert ihren ureigenen Stil in vollauf berechtigter Weise als Powerfolk, denn das agile Material besteht aus hochdynamischen Power- und verspielten Folk Metal-Ingredienzien gleichermaßen. Besungen werden die frenetischen Hymnenkompositionen mit zweistimmiger Inbrunst, und zwar von Vokalistin Sjoera „Cyradis“ Roggeman und Guy „Vortigern“ Van Campenhout.

Und dass dabei auch mit prasselnden Rhythmiken alles andere als gegeizt wird, steht dem Output dieser Newcomer sehr gut ins künstlerische Antlitz. 2002 von den beiden Gitarristen Gaël Sortino and Quevin Smeyers gegründet, kann der stürmische Haufen nun endlich auch breitenträchtig voll loslegen.

Die beiden Recken Gaël und Quevin, eindeutig noch immer grenzenlos beseelte musikalische Idealistenherzen und ausgesprochene Sympathieträger, freuten sich riesig über die Interviewmöglichkeit.

Bislang kommt der mordsflotte belgische Powerfolk-Trupp noch immer gut miteinander aus, so Saitenmeister Quevin:

„Im Großen und Ganzen verstehen wir uns prächtig, wenn auch kleinere Differenzen bei sechs Leuten inklusive einer Frau in einer Band nicht auszuschließen sind. Es ist einfach schlicht unmöglich, ständig alle in der Gruppe gleichzeitig zufrieden zu stellen. Dennoch, glücklicherweise sind wir ein Haufen, der fest zusammenhält. Und das war ja nicht immer so in Angeli Di Pietra, so wurden wir eine Zeit lang von Line-Up-Wechseln heimgesucht. Es gestaltete sich in dieser Zeit äußerst schwierig, eine stabile Besetzung aufrechtzuerhalten. Doch seit circa zweieinhalb Jahren arbeiten wir als Mitglieder fest zusammen in der Gruppe.“

Saitenkollege Gaël ergänzt hierzu überraschend impulsiv: „Es kommt eben immer ganz drauf an, ob man als Gemeinschaft auch im wirklichen Kollektiv für ein gemeinsames künstlerisches Ziel arbeitet. Je mehr man miteinander an einem Strang zieht, desto besser funktioniert es – und einen vernünftigen Anführer, der den anderen sagt wo es lang geht, braucht es dazu natürlich auch.“

Schnell taucht bei einer derart ungewöhnlich musizierenden Individual-Band wie Angeli Di Pietra ja auch die Frage auf, wie wohl die Lyriken der Lieder gestaltet werden beziehungsweise welche Einflüsse dafür verantwortlich zeichnen.

„Da geht es bei uns wirklich sehr verschieden zu. Zumeist lassen wir uns von uralten Legenden und zeitlosen Mythen aller Art gerne inspirieren. Jedoch auch hin und wieder von der gesamten Historie der Menschheit. Es sind auf dem neuen Album sogar historisch fundierte Texte zu finden: Beispielsweise der zum Lied `Lindisfarne`, welcher den ersten damaligen Landgang der Wikinger auf englischem Boden beschreibt. Das Stück `Torquemada` hingegen behandelt das Treiben des damaligen spanischen Großinquisitors. `Ride Into Oblivion` hat die Schlacht zwischen den alten Römern und den Sachsen zum Inhalt, wofür Sjoera hierin manche Textpassagen extra in altem Latein angelegt hat. `Legendary Forest` wiederum ist ein reiner Spaßsong darüber, wie Gnome in einem verzauberten Wald, in den sich noch nie ein Mensch getraut hat, munter und ausgelassen um ein großes Lagerfeuer herumtanzen. Die Nummern `Medusa` und `Mannanan Mac Lir` aber basieren auf mythischen Kreaturen, und der Song `Frost` beispielsweise basiert auf reiner Fantasy-Lyrik. Man merkt, auf dem neuen Album herrscht keine lyrische Konstante vor, denn wir gehen auch auf textlicher Ebene stets möglichst variantenreich vor“, so Gitarrist Quevin mit dem Brustton der Überzeugung.

„Überhaupt, die Texte sind bei uns alles andere als leichte Kost, dank der beiden Sänger. Die zwei lesen sehr viel, sehen sich stets eine Vielzahl an Filmen an und sind somit beim Texten sehr kreative Personen. Daher haben wir am Ende meistens mehr Lyrics als Songs“, platzt es noch schallend lachend zu diesem Kontext aus dem bemerkenswert gut gelaunten Gaël heraus.

In den letzten drei, vier Jahren schossen stilistisch verwandte Folk Metal-Gruppen ja geradezu wie Pilze aus dem Boden. Doch nur die allerwenigsten konnten den Fans des Genres neben eigenständiger Vorgehensweise auch wirkliche und dauerhaft genussreiche Qualität bieten.

Gaël hierzu: „Natürlich ist da eine ganze Menge Mist mit hochgekommen“, so Saitenmann und Maincomposer Gaël, „so ist das aber eben doch immer, wenn aufgrund immenser Nachfrage Quantität die Qualität überholt. Punkt. Ich selbst lasse mich beim Komponieren am allerliebsten einfach nur treiben und gehorche meinen kreativen Instinkten, da kommen stets die besten und eigenständigsten Resultate dabei heraus. Wenn man jedoch scheinbar übermächtigen Idolen nacheifert, wird äußerst selten mehr drin sein als nur eine minderwertigere Kopie des Originals. Ich halte sowieso überhaupt nichts davon, zu kopieren und überlasse das viel lieber den ganzen anderen Bands da draußen.“

© Markus Eck, 26.04.2009

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