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Interview: ALESTORM
Titel: Im Sturm der Leidenschaft

Mit ihrer neuen EP „Voyage Of The Dead Marauder“, welche dem 2022 veröffentlichten, siebten Album „Seventh Rum Of A Seventh Rum“ nachfolgt, entern die party-piratischen Folk Metal-Freibeuter die Ohren der Fans im Sturm.

Bandmitbegründer, Sänger, Maincomposer und Spaßkapitän Christopher ‚Chris’ Bowes zählt nicht umsonst zu den schillerndsten, aber auch fleißigsten und umtriebigsten Szeneprotagonisten - durch sein Mitwirken bei Bands wie Gloryhammer und Wizardthrone konnte sich der vielseitig versierte Brite viel Zuspruch und Anerkennung verschaffen.

Ob nun gerade Pandemie oder nicht um ihn herum, am Songwriting sitzt er eigentlich immer, so vermeldet der englische Springinsfeld. „Die letzten Jahre hatte ich ingesamt ein Alestorm-Album, ein Gloryhammer-Album und eine Alestorm-EP seit Ende 2021 geschrieben, plus tonnenweise Material für seltsame obskure Nebenprojekte! Ich schreibe etwa 80 % der Musik für Alestorm, gelegentlich mit Hilfe von Freunden und den Jungs in der Band.“

Die meisten Songs, die Chris komponiert und ausarbeitet, haben keine große Bedeutung, so ist vom humorigen Maestro zu erfahren.

„Ich finde, ich bin nicht sehr gut darin, meinen emotionalen Zustand in Musik zu kanalisieren. Aber der Titelsong hat diese vage Thematik der Angst, ‚das Leben aufzugeben‘, die ihn durchzieht. Darüber denke ich oft nach, über diese Art von Selbstgefälligkeit und den Verlust der Leidenschaft, der den meisten Künstlern und Musikern widerfährt, wenn sie älter werden. Ich versuche mein Bestes, das nicht mit mir geschehen zu lassen.“

Zur Initialidee, Entstehung und Ausreifung der neuen EP „Voyage Of The Dead Marauder“ befragt, fährt der Alestorm-Frontmann munter fort:

„Ursprünglich wollten wir ja nur die beiden Coversongs ‚Last Saskatchewan Pirate‘ und ‚Sea Shanty 2‘ als kleine digitale Single veröffentlichen. Eine billige, schnelle Sache, um sicherzustellen, dass die Leute uns nicht vergessen. Aber dann habe ich eines Tages versehentlich einen Song geschrieben und mir gedacht: ‚Scheiß drauf, wir können genauso gut eine EP daraus machen!‘ Also haben wir die Produktionswerte aufgestockt und sind in ein richtiges Studio gegangen, und das ganze Ding kam zusammen!“

Zur getroffenen Auswahl der Songs für die EP gibt der Rabauke herzlich lachend zu Protokoll: „Wir sind nicht wählerisch, welche Lieder wir veröffentlichen oder nicht - es waren buchstäblich die ersten fünf fertigen Songs, die wir zu der Zeit fertig hatten. Weil unsere persönlichen Geschmäcker so durcheinander sind, können wir nie sagen, wann ein Song populär sein wird - abgesehen von seltenen Gelegenheiten -, also finden wir, dass es am besten ist, alles zu veröffentlichen und zu sehen, was hängen bleibt.“

Als der bestens unterhaltsame Dialog die Einschätzung thematisiert, die Chris der neuen EP innerhalb der recht abwechslungsreichen Alestorm-Diskografie zuteil werden lässt, offenbart sich Lesenswertes. „Ich denke, es ist interessant, weil die meisten Metalheads da draußen wahrscheinlich an Alestorm als ‚die albernen Piraten mit den fluchenden Songs‘ denken, was natürlich stimmt - aber wir hatten schon immer einen Haufen längerer und ernsterer Songs auf unseren Alben, nur hört sich die niemand an. [lacht] Dies ist also das erste Mal, dass wir die Veröffentlichung aktiv beworben und mit einem wirklich ernsten Song begonnen haben. Ich bin wirklich gespannt, was die Leute denken. Ich kann es kaum erwarten, dass die Leute sagen: ‚Ich mochte Alestorm lieber, als sie noch dumm waren und Songs über ‚fuck cunt balls ass‘ hatten.“

Für den Titeltrack taten sich unsere salzwassersüchtigen Feierhelden mit Patty Gurdy zusammen, die dem Song mit ihrer Drehleier und auch stimmlich das gewisse Etwas verleiht. Mr. Bowes strahlt:

„Wir haben das erste Mal im Jahr 2020 mit Patty zusammengearbeitet, als sie die Vocals für unser Stück ‚Zombies Ate My Pirate Ship‘ eingesungen hat. Als ich also die Idee für diesen Female-Fronted-Symphonic-Metal-Song hatte, war es ganz natürlich, sie erneut zu fragen. Zum Glück hat sie sofort zugesagt, obwohl es für sie eine ziemlich schwierige Aufgabe ist - etwas zu hoch für ihre angenehme Stimmlage. Ich liebe den Klang ihrer Stimme und das echte Gefühl, das sie in ihre Auftritte legt. Außerdem ist sie wirklich cool und irgendwie noch ein bisschen verrückter als wir, so dass wir uns alle sehr gut verstehen.“

Einmal mehr arbeiteten Alestorm mit Produzent Lasse Lammert, bekannt geworden auch durch seine dynamikreichen Soundwerke für Bands wie Gloryhammer und Wind Rose, in dessen LSD-Studios zusammen.

Frage daher an Chris: Hat Gevatter Lasse, der die neue EP nicht nur produzierte, sondern auch noch für Recording, Mixing und Mastering verantwortlich zeichnete, den Musikern auch noch das Bier eingeschenkt? Die Antwort beginnt erfolgreich mit dem beabsichtigten Lachanfall:

„Zum Glück war das Studio, das wir gemietet hatten, tatsächlich mit einem ständig nachgefüllten Biervorrat ausgestattet, sodass wir einfach unser eigenes einschenken konnten. Es ist immer sehr einfach, mit Lasse zu arbeiten - zu diesem Zeitpunkt wissen wir alle genau, was wir tun müssen, um ein Alestorm-Album zu machen. Wir sind nicht darauf aus, das Rad neu zu erfinden, wir drehen es nur ein paar Mal und fügen hier und da ein paar neue Speichen hinzu. Es ist also ein sehr entspannter Prozess, der immer viel weniger Zeit in Anspruch nimmt, als wir erwartet haben. Und das bedeutet mehr Zeit für Bier!“

© Markus Eck, 27.02.2024

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