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Interview: ALESTORM
Titel: Der Schrecken aller Landratten

An Bord ihrer windschnittigen Pirate Power Metal-Fregatte trotzen diese dauerdurstigen schottischen Trunkenbolde selbst tosenden Seestürmen und heftigstem gegnerischen Kanonendonner. Denn allerbesten Wellengang erreichen die unter der berüchtigten Totenkopfflagge segelnden Alestorm vor allem mittels mordsflüssiger Songstrukturen.

Was aber hat man Musikalisches von einem wüsten Haufen zu erwarten, der sich köstlicher Weise „Biersturm“ nennt? Nun, im kreativen Laderaum hat der oberschelmische Rabaukenhaufen aus Perth neben Hektolitern an überschäumenden Bier- und Gute Laune-Vorräten auch das aktuelle Debütalbum „Captain Morgan´s Revenge” lagern.

Diese quengelig ertönende Schurkenscheibe bietet eine mitreißend spielfreudige und opulent arrangierte Freibeuter-Klangmischung aus dem bombastischen Battle Metal-Schaffen von Turisas und der gigantischen Dramatiker-Epik der frühen Thyrfing.

Seine Hochsee-Hymnen hat das hart aber herzlich gesottene Pulverdampf-Quartett mit schön eingängigen Running Wild-Querverweisen zudem packend hart verschnürt.

Beim Klabautermann, es geht also hoch her auf „Captain Morgan´s Revenge”!

Hoch oben hänge auch ich mit Lead- und Rhythmusgitarrist Gavin Harper in der Takelage, wo dieser gleichfalls versoffene wie schlitzohrige Strolch so einiges an Seemannsgarn zusammen spinnt.

„Wir haben uns mittlerweile verdammt gut zusammengerauft in der Band, und derart untrennbar ideell miteinander verschweißt, sind wir eine absolut unschlagbare Mannschaft geworden. Unser vor einiger Zeit neu rekrutierter Tieftöner Dani Evans ist ja bereits seit längerer Zeit hier mit an Bord der Alestorm, er hat sich daher bestens eingelebt. Rudertakt-Schnelltrommler Ian Wilson hingegen befreiten wir vor einiger Zeit halsbrecherisch von einer feindlichen Galeere. Seitdem sorgt er auf unserem stabilen Kahn für zackige Rhythmen zuhauf, da ist so ein mächtiger Stockschwinger doch einfach viel besser aufgehoben“, scherzt Rum-Buddel-Sammler Harper lauthals mit derb-maskuliner Tonlage.

„Wir lieben eben unsere Musik und auch unser Image über alles“, raunzt der fingerfertige Saitenbruder mit kehlig gepresster Stimmphrasierung herum, danach vom Autoren auf die neuen tollen Bandfotos von Alestorm angesprochen.

„Mit dem fähigen Fotografen hatten wir echt verdammtes Glück: Das war nämlich der bereits sehr bekannte Brite Steve Brown, welcher auch schon die genialen Bandportraits von Turisas gemacht hat. Der Mann ist im Musikbereich sehr gefragt, und auch im Metal-Genre wächst seine Popularität und die damit verbundenen Anfragen und Aufträge. Nachdem wir mit Steve endlich einen Termin ausgemacht hatten, gingen wir frohgemut an die Foto-Arbeit, und alles lief wirklich wie am Schnürchen. Wir besorgten uns dafür extra auch entsprechende Kostüme, damit wir auf den Schnappschüssen möglichst stilecht und authentisch aussehen. Wie see- und beutesüchtige Piraten eben. Schließlich geht es uns nicht nur darum, unseren `Scottish Pirate Metal` erdonnern zu lassen, sondern wir wollen auch optisch anständig was hermachen.“

Ob die somit aufgepeitschte Meute der Alestorm-Verehrer von solch lobenswerten Vorsätzen auch bei den anstehenden Live-Konzerten des vierköpfigen Gerstenpullen-Kommandos profitiert, das hängt laut Aussage des gestandenen Hopfenwasser-Matrosen letztlich von den Verkaufszahlen des aktuellen Tonträgers „Captain Morgan´s Revenge” ab.

Gavin schreit seine Worte lauthals in den harschen Westwind: „Pläne haben wir da natürlich so einige dazu in der Tasche, unsere Piratensache ist ja auch ein herrliches Betätigungsfeld. Nur allzu gerne würden wir ja mit hochaufwändiger seemännisch gestalteter Bühnen-Dekoration, umfangreichen Pyro- und Beleuchtungs-Techniken sowie derlei mehr arbeiten. Doch so was kostet ja auch immer nicht wenige Dublonen, welche wir derzeit leider – noch nicht – aus den Hemdsärmeln heraus schütteln können. Doch die Hörer können sich absolut sicher sein, dass wir so verbissen als nur irgend möglich versuchen werden, so schnell wie es geht für eine umfangreiche Konzertreise in See zu stechen. Und dabei wollen wir alles an passendem Inventar mitnehmen, was überhaupt nur ins Schiffsgepäck passt.“

So soll es sein. Dass ihr brandneuer Seefahrer-Teller derart ungestüm, aufwühlend und auch gut werden würde, hatten diese schottischen Raubeine selbst nicht erwartet, entfährt es Mr. Harper darauf folgend in aller unbefangenen Offenheit.

Und der unrasierte Säbelrassler lässt hierzu ab:

„Als wir damit anfingen, uns auf die musikalische Schwermetall-Piraterie einzulassen, bemerkten wir blitzschnell, wie viel Freude und Spaß uns das Ganze macht. Das Ganze beflügelte sich gar gegenseitig: Je mehr wir an Enthusiasmus zulegten, desto besser gingen uns die Kompositionen für `Captain Morgan´s Revenge` von der Hand. Und je besser wir beim Songwriting wurden, desto größer und inniglicher gestaltete sich unser Frohsinn damit. Herrlich! Allzu lange dauerte es daher nicht, bis die Stücke alle im Kasten waren. Und ich denke, man hört den Nummern unsere Entschlossenheit und unsere eingebrachte Begeisterung vollauf an. In den hier regional angesiedelten Kneipen funktionierte diese Konzeption jedenfalls bislang absolut perfekt. So konnten wir bereits einiges an Bekanntheitsgrad durch so einige Auftritte erreichen, bei denen das Bier stets in wahren Strömen floss, so dermaßen heizten wir den anwesenden Leuten dabei immer wieder ein. Wir sind eben verdammt lustige Typen, und genau das gefällt uns selbst und auch den Gig-Besuchern bestens. Im Metal ging es mit den Jahren auf thematischer Ebene ohnehin immer ernster und brutaler zu, was unserer Ansicht nach nicht Sinn und Zweck sein kann beziehungsweise sollte. Wir hingegen wollen den Leuten endlich eine Überdosis an guter Laune wiederbringen. Denn für einen trinkfreudigen Gaunerhaufen wie uns ist immer Zeit zu feiern, Tag und Nacht!“

Und dieses gut gesinnte Vorhaben setzten Alestorm mit Bravour um.

Gavin grölt mit lautstarker Stimme in den Nachthimmel über uns:

„Dass sich die Lyriken unserer aktuellen Lieder ausschließlich um Freibeuter-Belange drehen, sollte jedem da draußen von vornherein klar sein. Wir kommen ja aus den nieder gelegenen schottischen Lowlands, also von dort, wo die Menschen noch immer einen sehr tiefen Bezug zu Überlieferungen und Traditionen ihrer Heimat haben. Hier bei uns in Perth gibt es noch immer den uralten Hafen. Heutzutage wird dieser leider nicht mehr viel benutzt – doch tolldreiste und gleichfalls urige wie gruselig erheiternde Schauergeschichten kann man dazu noch immer haufenweise von allen Seiten hören, vor allem von den Alten. Mir haben es diese Piraten- und Seemanns-Storys schon seit jeher angetan, und glücklicherweise kostete es mich auch nicht viel Überredungskunst, die drei anderen in der Band davon anzustecken.“

So entstanden dann letztlich recht pfundig ins Rumpfgebälk krachende Pirate Metal-Brecher. „Wie beispielsweise `Over The Seas, der Titelsong, `Nancy The Tavern Wench`, `Terror On The High Seas` oder auch die kantig klingende Plünderer-Hymne `Set Sail And Conquer`. Unsere zwar unkompliziert angelegten, aber eigentlich doch auch clever ausgefeilten Songtexte sind ganz bewusst sehr humorvoll aufgemacht. Doch von billig anmutendem und plattem Heiterkeits-Vokabular wollen wir überhaupt nichts wissen. Wir Jungs stehen da viel eher auf süffisant Zweideutiges und entsprechend lausbubenhaft Ausgehecktes – schließlich wollen wir ja auch noch in vielen Jahren mit Recht stolz auf unsere klanglichen Piraten-Attacken sein.“ Dazu hat die Alestorm-Besatzung schon jetzt allen Grund.

© Markus Eck, 01.01.2008

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