Interview: | WARFIELD |
Titel: | Mit schweren Geschützen |
Der maximal explosive und höllisch bissige Thrash-Sound von Warfield hört sich an, als würden ganze Teutonen-Legionen wie im Schlachtrausch aus allen Rohren feuern - doch Sänger und Bassist Johannes „Jojo“ Clemens, Gitarrist Matthias „Matze“ Clemens und Drummer Dominik „Dome“ Marx sind „nur“ drei, aber was für welche!
Mit „With The Old Breed“, dem aktuellen Nachfolger zum 2018er Albumvorgänger „Wrecking Command“ fegt der rheinland-pfälzische Drilling dermaßen bombig durchs Metier, dass einem die Kinnlade runterklappt.
Und wie Dome bilanziert, kommt diese infernalische Ladung auch nicht von ungefähr. „Wir haben die letzten Jahre viel Zeit und Arbeit in das neue Album gesteckt. Die Pandemie, berufliche Abschlüsse und einige sonstige private Herausforderungen haben es nicht gerade einfach gemacht. Ruhig waren die letzten Jahre trotz des langen Wartens auf das neue Album demnach nicht. Wir haben während dem Songwriting aber trotzdem immer versucht, nichts zu erzwingen und das zu machen, was sich für uns authentisch und richtig angefühlt hat. Die Reaktionen auf die bereits veröffentlichten Single-Auskopplungen sind allesamt klasse ausgefallen. Auch, dass wir mit dem Album ein so bekanntes Label überzeugen konnten zeigt uns, dass sich das investierte Herzblut gelohnt hat. Dort sind wir mit Bands wie Exodus, Destruction oder Evil Invaders in bester Thrash-Gesellschaft und die Voraussetzungen für den Release stehen super.“
Auch letzteres ist neben der dramatisch hohen Qualität des neuen Materials ein Riesensprung für Warfield. Matze freut sich, damals wie heute:
„Ich empfand die Reaktionen zu ‚Wrecking Command‘ bereits sehr positiv! Auch mit den Ergebnissen der Reviews waren wir durchaus zufrieden. Was für uns aber vor allem zählt, ist das direkte Feedback von den Leuten. Und da gab es einige herzliche Gespräche, beispielsweise nach Konzerten, die einem wohl ewig in Erinnerung bleiben werden. Das ist genial und pusht uns ungemein. Wir hoffen, dass wir solche Erfahrungen beim neuen Album auch machen dürfen. Die größere Bühne ist diesmal schon spürbar. Es war immer auch ein ‚Ziel‘ zu wachsen und unsere Musik einem breiteren Publikum anbieten zu können. Diesem Wunsch konnten wir nachgehen und hoffen nun mit dem Release von ‚With The Old Breed‘ auf mehr Shows, eventuell zusammenhängende Tourneen. Gleichzeitig wissen wir aber auch, was wir an der ‚familiären‘ Veröffentlichung von ‚Wrecking Command‘ hatten.“
„With The Old Breed“ ist wahrlich hyper-intensiv geworden, und das auf so vielen Ebenen - als hätte sich da vielfach etwas aufgestaut in den Dreien.
Dome nickt zufrieden: „Schön zu hören, dass uns das gelungen ist. Wir wollen die Themen, die uns gerade umtreiben, mit so viel Intensität wie möglich vermitteln. Egal ob bei Live-Gigs oder im Studio. Es finden tagtäglich Ereignisse statt, die Wut, Enttäuschung oder sonstige Emotionen in einem auslösen. Thrash Metal bietet da die perfekte Gelegenheit, solche Prozesse zu verarbeiten, aus dem Alltag auszubrechen und die Gefühle rauszulassen.“
„With The Old Breed“ zeigt eine überraschend breite Palette an Songwriting-Stärken und spielkulturellen Möglichkeiten auf. Laut Jojo hatten die Beteiligten sich auch aktiv vorgenommen, auf dem neuen Album in allen Aspekten nochmal eine Schippe draufzulegen - auch in kompositorischer Weise.
„Daher freut es uns extrem, dass sich die Mühen gelohnt haben und das auch bei den Hörerinnen und Hörern so ankommt. Auch wenn es spieltechnisch definitiv eine Herausforderung ist, die neuen Songs live zu zocken, gibt es uns ein gutes Gefühl zu wissen, dass wir das Maximale aus den Tracks herausgeholt haben. Wichtig war uns dabei, trotzdem die Rawness und die Aggressivität des ersten Albums nicht zu verlieren. Und ich denke, das haben wir auch nicht - ganz im Gegenteil!“
Wie Dome erzählt, waren die Songs tatsächlich überwiegend bereits schon vor Beginn der Pandemie fertig geschrieben und aufnahmebereit. „Bis auf zwei, drei Ausnahmen nutzten wir diese Phase dann auch, um uns mit dem Pre-Recording zu beschäftigten. Das war definitiv ein neuer Ansatz. ‚Wrecking Command‘ ist, wie es der Name verspricht, eine reine Abrissbirne. Da blieb keine Luft zum Atmen. Beim neuen Album wollten wir das Songwriting auf ein neues Level bringen und etwas mehr Variationen und neue Elemente miteinbeziehen, ohne den Grundkern und die Energie zu verlieren. Dabei waren die ‚Big Teutonic 4‘ und Bay-Area-Legenden, gepaart mit der ein oder anderen Black-Thrash-Attacke, weiterhin ein großer Einfluss und das wird hoffentlich auch immer so bleiben. Natürlich verläuft bei so einem Prozess auch nicht immer alles so, wie man sich das erhofft. Es werden Songs, die fast fertig sind vielleicht doch nochmal geändert oder man hat urplötzlich neue Ideen, die man noch ausprobieren möchte. Es fühlt sich aber immer wieder gut an, wenn man merkt, dass sich diese extra Meter am Schluss auszahlen.“
Fett! Jojo wächst auf dem Album gesanglich regelrecht über sich selbst hinaus. Er freut sich: „Die Stimmlage die ich heute verwende, habe ich zwar auch auf ‚Wrecking Command‘ schon hier und da angewendet - doch gerade durch die vielen Live-Shows in der Zeit zwischen den Releases hat sich diese Art zu singen immer mehr manifestiert. Ich versuche immer, alles an Emotionen in meine Gesangspassagen zu legen und meine komplette Energie herauszulassen. Das bedarf natürlich einer gewissen Technik und passiert nicht unkontrolliert - dennoch ergibt sich das eher organisch und fast automatisch. Solange es giftig und räudig klingt, bin ich mehr als zufrieden!“
In welchen speziellen Stimmungen lässt man eigentlich so derart bissige, aggressive und wirklich überwältigend intensive Songmonster entstehen, lautet die nachfolgende Frage. Songwriting ist für die Warfielder auch eine Art Ausgleich, so antwortet Matze.
„Vermutlich lässt sich das so erklären, dass wir unsere Wut oder Aggressionen einfach in der Musik kanalisieren. Ich kann mich jetzt nicht an einen speziellen Moment erinnern, in dem uns übernatürliche Kräfte durchströmten und wir den intensivsten, zerstörerischsten Song aller Zeiten geschrieben haben. Aber wenn sich die Woche über viel angestaut hat und am Wochenende Zeit zum Komponieren ist, kann das schon manchmal böse werden.“
Der neue Thrash-Stoff hört sich auch klanglich echt oberklasse an - wie von Dome dazu in Erfahrung zu bringen ist, haben Karsten Aurig vom Darkone Studio und Phil Hillen vom SU2 Studio diese enorm gute Arbeit geleistet.
„Ja, wirklich hervorragend - und haben auch immer wieder eigene Ideen mit eingebracht. Man war stets im Austausch und sie setzten unsere Vorschläge und Vorstellungen perfekt um. Ich hoffe wir haben die beiden mit unserem ausgeprägten Perfektionismus nicht allzu sehr in den Wahnsinn getrieben! [lacht] Aber es war durchweg ein reibungsloser Ablauf und alles lief entspannt ab. Wenn es auf der menschlichen Ebene passt, ist das schon mal verdammt viel wert und wir sind froh, dass das vorliegend zu hundert Prozent der Fall war! Beim Mixing und Mastering hat uns Phil immer den neusten Stand rübergeschickt. Zum Teil auch mehrere Varianten, welche wir dann probegehört und zu denen wir unser Feedback abgegeben haben. Bei der Findung des passenden Snare-Sounds sind wir dann abschließend in kurzer Zeit nochmal um ein paar Jahre gealtert! [lacht] Aber auch das hat sich letztendlich ausgezahlt. Das neue Album hat definitiv mehr Durchschlagskraft und das ist genau das, was dem Debütalbum doch etwas fehlt. Für mich hat ‚With The Old Breed‘ die perfekte Mischung aus rohem, wuchtigem und aggressiven Sound, ohne dass es überproduziert klingt.“
Die neuen Kompositionen drehen sich thematisch auch um den Kontext „Alpenschlachten im ersten Weltkrieg“ - womit sich die drei Beteiligten im Sinne des Bandnamens und genereller inhaltlicher Ausrichtung der Kriegshistorie vollauf treu bleiben.
Jojo: „Ja und nein - unsere Texte drehen sich nicht ausschließlich um historische Kriegsszenarien, sondern beinhalten auch viel Kritik an den sozialen Missständen unserer aktuellen Zeit. Dennoch: Auch der Erste Weltkrieg spielt mehr als einmal eine tragende Rolle bei den neuen Lyrics. Dazu gab es nicht wirklich das eine Buch oder den einen Film - wobei ich von meinem Kinobesuch des Films ‚1917‘ schon enorm fasziniert war -, sondern wir haben uns verschiedenste Quellen aus dem Internet zusammengestellt. Zu ‚Lament Of The White Realm‘ kann ich sagen: Ich bin irgendwann über dieses Thema gestolpert und konnte es einfach nicht fassen, durch welche Tortur die Menschen in den Alpenkriegen gehen mussten. Eine Frontlinie auf den Spitzen der vereisten Berge zu errichten, der organisatorische Aufwand, die körperliche Qual - so etwas kann wirklich nur von Leuten veranlasst werden, die nicht selbst ihr Leben dafür geben müssen. Das Paradoxon der himmlischen Landschaft gegenüber dem höllischen Leid hat sich in meinen Kopf gebrannt, weswegen ich unbedingt darüber schreiben musste.“
Dome weiß zu ergänzen: „Das Buch ‚What every person should know about war‘ von Chris Hedges hatte Auswirkung auf die Entstehung des Textes zu ‚Fragmentation‘. Der Begriff ‚Fragging‘, also das gezielte Töten von Angehörigen der eigenen Truppe, blieb dadurch länger bei mir haften. Dies wird auch im Film ‚The Hurt Locker‘ zwischenzeitlich dargestellt und demonstriert die Auswirkungen des Krieges auf die einzelnen Soldaten nochmal stärker. Da der Fokus beim neuen Album vermehrt auf diesen Themen liegt, reihte sich die Behandlung solcher Vorkommnisse gut in die textliche Ausrichtung ein.“
Kriege, Schlachten, Leid, Unheil, Tote: Was fasziniert Warfield so dermaßen an markanten und schlimmen Kriegs-Ereignissen - das im Nachhinein immer wieder Unbegreifliche?
Dome: „Das ist auf jeden Fall einer der Punkte. Es ist immer wieder erstaunlich und erschreckend zugleich, zu beobachten, welche neuen Wege die Menschen finden, um sich gegenseitig Leid zuzufügen. Ob wie im ersten Weltkrieg mit Gaseinsätzen, Alpenkriegen, im Vietnamkrieg mit unter anderem psychologischer Kriegsführung, mit welcher versucht wurde den spirituellen Glauben der vietnamesischen Soldaten zu beeinflussen und somit den Rückzug zu erzwingen, oder auch bei aktuellen Kriegen. Fortschritt und Entwicklung wird nicht dazu genutzt, Frieden zu schaffen, sondern dazu, um neue Möglichkeiten zur Selbstvernichtung zu kreieren. Ein Knopfdruck reicht aus, um zahlreiche Menschenleben oder ganze Stadtteile zu zerstören.“
Die Vernunft in der Menschheit bzw. ihren „Anführern“ und „Eliten“, sie scheint wirklich nicht nur vom Aussterben bedroht zu sein in diesen unseren Tagen, sondern sie ist offenbar schlicht nicht mehr vorhanden.
Wie erklären sich Warfield das als kreative Köpfe? Will die Menschheit nichts dazu lernen? Darf sie es am Ende nicht, weil die Mächtigen dann einfach weniger mächtig sein würden?
Jojo nickt mit ernster Miene: „Es scheint fast so, um ehrlich zu sein. Erklären kann man sich das wahrscheinlich, indem man realisiert, dass Geld Macht ist. Leute mit viel Geld haben Macht. Und manche Leute sind überhaupt erst an ihr Geld gekommen, weil sie an der ein oder anderen Stelle dafür über Leichen gegangen sind. Diese Personen sind es oft, die an der Spitze von großen Konzernen und Organisationen landen, deren eigener Profit wichtiger ist, als das Wohlsein der Allgemeinheit. Ich möchte damit nicht behaupten, dass alle reichen und mächtigen Menschen automatisch die Verkörperung des Bösen sind - es gibt sicher auch genug Gegenbeispiele. Allerdings kriegt man von den Bösen deutlich mehr mit, was daran liegt, dass Dummheit, Dreistigkeit und Skrupellosigkeit leider immer lauter schreien als Vernunft. Deshalb ist es umso wichtiger, standhaft zu bleiben und sich nicht unterkriegen zu lassen!“
Dennoch, trotz aller Miseren, Krisen und Kriege auf diesem Planeten oder gerade deswegen gibt es so viele Menschen zu erleben, wenn man es - vor allem auch in sich - zulässt, die bewusst so viel mehr Liebe und mehr liebevolles Verhalten für die Gemeinschaft kultivieren wollen.
Im Großen und Ganzen scheint die Menschheit leider nicht aus ihren Fehlern lernen zu wollen, da stimmt Matze dem Verfasser diesbezüglich zu.
„Leid ist allgegenwärtig und ein fester Bestandteil des Lebens. Daran etwas zu ändern, liegt meiner Meinung nach nicht im Ermessen einzelner Bewegungen. Oder um mal ‚Unto Others‘ zu zitieren: ‚There’s too many people to live in peace.‘ Trotzdem denke ich, dass es möglich ist, in diesem Konstrukt Sinn zu finden und seinen Beitrag zu leisten – vorausgesetzt, man hat das Privileg, einen gewissen Lebensstandard zu genießen. Und zwar, indem man sich auf sich selbst und sein direktes Umfeld besinnt und einen möglichst authentischen Lebensweg einschlägt. Nur so stauen sich über die Jahre keine unnötigen Traumata an, die sich andernfalls in Form von negativen Emotionen auf andere übertragen würden. Jede Art von Kunst oder alles, was diesem Prozess dient, kann eine gute Möglichkeit sein, diesen Weg zu finden.“
Dome fügt dem an: „Ja, es scheint so als ob die Menschen immer wieder ihre Vergangenheit wiederholen müssen, um sich daran zu erinnern. Gerade in der aktuellen Zeit herrscht ein zu großes Ausmaß an Respektlosigkeit und Hetze. Die Medien und Social Media im Allgemeinen tragen auf jeden Fall dazu bei, dass man sich gemeinschaftlich immer mehr spaltet anstatt zusammenzufinden. Der Versuch, sich weniger davon abhängig zu machen und sich mehr auf das innere Selbst zu fokussieren wäre bestimmt ein erster Schritt, weniger Ohnmacht und Neid zu empfinden. Man sollte sich stets selbst hinterfragen und die eigenen Emotionen in den Griff bekommen, wenn man in eine weniger gespaltete Zukunft blicken möchte.“
© Markus Eck, 12.03.2025
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