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Interview: WALDGEFLÜSTER
Titel: Ganz innen ⇔ ganz außen

Mit dem aktuellen Doppel-Studioalbum „Knochengesänge“ untermauern die bayrischen Black Metaller um Bandgründer und Frontmann Winterherz einmal mehr ihre besondere Stellung im Genre.

Der spirituell mystifizierenden Naturverbundenheit wird einmal mehr tiefster Raum in den Kompositionen gewährt, was ebenso aufwühlendes wie fesselndes Material mit sich bringt.

„Es ist gerade eine aufregende Zeit für mich und ich bin etwas nervös, dieses doch sehr emotionale und persönliche Werk mit der Welt da draußen zu teilen. Auf der anderen Seite fällt mir auch etwas Last von den Schultern, weil das Album endlich fertig ist“, offenbart Gevatter Winterherz unumwunden.

„Für mich ist es aktuell das stärkste Album, an dem ich jemals gearbeitet habe. Ich glaube ‚Part 1‘ ist das Album von Waldgeflüster, das am meisten auf den Punkt kommt. Und mit ‚Part II‘ konnten wir so viele neue Ideen erforschen, das macht aus es meiner Sicht unheimlich spannend.“

Mit Martin Schirmann, seit 2024 neuer Bassist, hat sich die Formation perfekt eingespielt, wie zu erfahren ist. „Martin war ja schon länger immer mal wieder als ‚Aushilfe‘ mit uns unterwegs. Er hat sich nahtlos in das Konstrukt Waldgeflüster eingelebt, übernimmt viele Aufgaben und treibt uns an. Das schätze ich sehr an ihm.“

Winterherz selbst weiß nach wie vor einfach am allerbesten, wie Waldgeflüster insgesamt zu sein hat, dieser Fakt hat sich bis heute nicht geändert.

„Also ich das anfängliche Soloprojekt zu einer richtigen Band umgeformt habe, hatte ich damals den Jungs ganz klar gesagt, dass es weiter mein Baby sein wird und ich ein ‚Vetorecht‘ habe. Jeder kann sich einbringen so viel er möchte - aber wenn etwas für mich nicht nach Waldgeflüster klingt, dann kommt es auch nicht rein. Ehrlich gesagt musste ich davon aber noch nie Gebrauch machen.“

Erneut ist eine Song-Kooperation mit Austin Lunn von Panopticon zu erleben, welcher von den USA aus ebenfalls als musikalischer Einzelkämpfer am stilistisch ähnlichen Werk ist - diesmal in „Krähenpsalme“.

„Inzwischen ist es ja eine Tradition dass Austin in ein Waldgeflüster-Album auf die eine oder andere Art involviert ist. Ich wollte ihn auch diesmal unbedingt dabei haben. Normalerweise haben wir das Problem mit der Sprachbarriere bzgl. der Texte – diesmal hatten wir aber das große Glück, dass Austin mich letzten Dezember besucht hatte und wir in der Zeit seinen Part in Deutsch erarbeiten konnten.“

Ganze vier Jahre wurde an dem neuen Doppel-Release gewerkelt.

„Es war anstrengend und emotional herausfordernd. Wie man hoffentlich merkt, ist ‚Knochengesänge‘ ein sehr persönliches Album mit schwierigen Themen. Ich musste mich da einigen Dämonen stellen, das hat an mir gezehrt. Gleichzeitig musste das Album perfekt sein – was dann dazu geführt hat, dass wir einen Song gelöscht haben, und einen komplett neuen schreiben mussten - als ich schon dachte dass wir eigentlich fertig sind. Aber als ich die Demos im Gesamten angehört habe, wurde festgestellt, dass der Flow durch den einen Song ziemlich kaputt ging. Und deswegen habe ich zum ersten Mal in meiner Karriere einen Song wieder von einem Album geschmissen.“

Vier Jahre sind eine vermeintlich lange Zeit in diesen ziemlich unsteten Tagen auf der Welt - auch voller Hochs und Tiefs im Entstehungsprozess der neuen Lieder, wie zurückblickend bilanziert wird.

„Hochs gab es vor allem immer dann, wenn sich nach den ersten Demos endlich der Nebel gelichtet hat und ein neues Lied langsam Sinn ergab. Ein Tiefpunkt war dabei sicherlich, den oben geschilderten Song wieder runterzuschmeißen und nochmal von vorne zu beginnen.“

Als Inspiration für das Thema „Sterben“ bzw. was wir als Menschen hinterlassen, wenn wir diese Welt verlassen, nennt Winterherz viele schlaflose Nächte und Panikattacken, in denen er mit der Angst vor dem Tod konfrontiert wurde: „Und das musste ich irgendwie verarbeiten.“

Einige Liedertitel lassen einen philosophischen textlichen Tiefgang in den Song-Lyriken erahnen - was bzw. welche durchs Sinnieren gewonnenen Erkenntnisse haben den Musikus wohl am allermeisten und vor allem nachhaltigsten beim Verfassen der neuen Songtexte bewegt?

„Dass alles Streben, all die Monumente, die ich versuche zu erschaffen irgendwann vergessen sein werden und alles zu Staub und Asche wird. Dem Gedanken musste ich mich stellen.“

© Markus Eck, 02.11.2025

Photo Credit: Oliver König

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