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Interview: VISIONS OF ATLANTIS
Titel: Auf weitem Ozean zuhause

Seit ihrem erlesenen Studioalbum „Wanderers“ aus 2019 hätte die Post so richtig abgehen können für die international besetzten Symphonic Metal-Erfolgsmodelle um die ausdrucksstarke Sängerin Clémentine Delauney. Leider kam die globale Pandemie ihnen wie so vielen anderen auch massivst in die Quere - doch Visions Of Atlantis sind glücklicherweise überhaupt keine Band, die sich mit Widrigkeiten einfach so abfindet.

So schoben diese ausgesprochenen Geschmacksgeister im Oktober 2020 ihre erste Live-Blu-ray/-DVD nach, „A Symphonic Journey To Remember“ und feilten daneben auch ständig emsig an neuen Liedern. Und letztere präsentiert das herrlich ästhetisch fokussierte Ensemble auf dem neuen Album „Pirates“.

Wie der Albumtitel schon eindeutig adressiert, dreht sich diesmal alles um die ganz große maritime Seensucht in Form von abenteuerlich gesinnter Freibeuterromantik, und die gibt bekanntlich so einiges her, was nicht nur ewige Rebellenherzen vielfach höher schlagen lässt.

Aufgenommen wurden die taufrischen Kompositionen in den Nürnberger Separate Sound Studios unter der Regie von Inhaber Felix Heldt, der sich bislang einschlägig einen Namen vor allem durch seine Arbeiten für Künstler wie Feuerschwanz, dArtagnan, sowie Hämatom machen konnte.

Und Heldt ist als versierter Reglerdreher topfit in seiner Profession, wie man am ebenso opulenten wie organischen und voluminösen Gesamtsound des Langspielers hören kann. Einen gewichtigen Beitrag steuerte dazu aber auch der Däne Jacob Hansen mit seiner Studiotätigkeit als Mixer bei, er ist hauptsächlich durch seine Resultate mit Volbeat bekannt geworden - er bewerkstelligte in seinen Hansen Studios auch das finale Mastering.

Einen goldrichtigen Schachzug vollzog die Gruppe, als sie den österreichischen Musiker Lukas ‚Luki‘ Knoebl, als ‚Orchestermeister‘ verpflichtete - Insider kennen sein Talent von stilverwandten Acts wie Illuminata und Serenity. Lukis Arrangements werten die Lieder doch in der Tat ganz enorm zusätzlich auf.

„Pirates“ wartet regulär mit zwölf wirklich lupenreinen Song-Perlen auf, die sich auf eine knappe Stunde hymnenhaft durchzogener Gesamtspieldauer erstrecken: „Pirates Will Return“, „Melancholy Angel“, „Master The Hurricane“, „Clocks“, „Freedom“, „Legion Of The Seas“, „Wind Elysium“, „Darkness Inside“, „In My World“, „Mercy“, „Heal the Scars“ und „I Will Be Gone“. Dabei legen Visions Of Atlantis auch gehörige Härtegrade vor, was sich auch insgesamt als völlig runde Mischung ausnimmt.

Hatten die atlantischen Visionäre bereits auf „Wanderers“ ihren ganz eigenen, völlig individuellen Stil gefunden, nutzten sie die neuerdings zusätzlich zur Verfügung stehende kreative Zeit deutlich hörbar für einen künstlerischen Rundumschlag in noch tiefere Schöpfergefilde.

Davon künden haufenweise strahlende Feinheiten und Nuancen, wie sie perfekter und epischer wohl nicht umgesetzt und integriert hätten werden können. Der famos eingängig und elegant geglückte Track „Clocks“ belegt dies absolut makellos.

Da ist es nicht verwunderlich, dass auch die enthaltenen Balladen unweigerlich unter die Haut fahren können - „Heal The Scars“ hat sogar definitives Weltklasseformat!

Als Gastmusikant an Flöte und Sackpfeife ist Frohnatur Ben Metzner mit von der Partie, ansonsten bei Feuerschwanz als auch dArtagnan im Line-Up - er reichert die Nummern „In My World“, „I Will Be Gone“, „Master The Hurricane“, „Heal The Scars“ gewohnt spielfreudig und quirlig an.

Für bullig schlagend argumentierende Takte sorgt auf „Pirates“ erneut Kesselwart Thomas Caser, der sein anspruchsvoll konzipiertes, aber nicht zu komplex gehaltenes Spiel verdammt agil und flüssig zelebriert.

Hört man die wunderbar vielfältigen, nicht selten gar nachhaltig berührenden Gesangsduette von Clémentine und - dem sich hochvital, gänzlich beseelt und ansteckend inbrünstig im Power Metal beheimatet gebenden - Instinktkönner Michele Guaitoli, spürt man das riesengroße Verlangen der Urheber nach zeitloser Schönheit. Und davon kann man in diesen üblen Zeiten mehr denn je gebrauchen.

Viele werden sich auch darin einig sein, dass die auch absolut operntaugliche Clémentine mittlerweile de facto zu den allerbesten Vokalistinnen im gesamten Bereich zu zählen ist. Genau so geht adlig-erlauchte, mitreißend und majestätisch bezaubernde Dramatik!

Inhaltlich geht es auf dem neuen Album laut der Sängerin auch um die dunklen Aspekte des menschlichen Daseins. „Diesen Prozess habe auch ich selbst durchlaufen“, offenbart sie. „Ich habe mich stark mit meiner dunklen Seite auseinandergesetzt und sie sogar für mich zu schätzen gelernt – denn sie ist ein Teil von mir“. Clémentine und dunkle Seiten? Das macht alte und neue Fans doch sofort wissensdurstig - mehr davon demnächst!

© Markus Eck, 11.03.2022

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