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Interview: VINTERSORG
Titel: Stets aufs Neue

Seit dem 1998er Debütalbum „Till Fjälls“ ließen ihm die enthusiastischsten seiner Fans keine Ruhe mehr, einen direkten Nachfolger zu veröffentlichen.

Irgendwann dämmerte es selbst Andreas Hedlund, dass dies wahrlich eine gute und aufrichtige Sache wäre. Und der schwedische Sänger und Multiinstrumentalist, bei seiner Band Vintersorg primär als Mr. V bekannt, ging schließlich in die Vollen.

So gibt es nun, nach den diversen, teils doch arg experimentellen Ausflügen der letzten Jahre ins progressive Lager, wieder rundum beherzten und naturnahen Viking Folk Metal zu hören. „Till Fjälls Del II“ wurde das neue Album sinngemäß betitelt, und, wie Andreas berichtet, war es ihm dennoch nie danach, genau das zu tun, was andere von ihm erwarten.

„Ich hatte damals wirklich keinerlei Vorstellung davon, wie ‚Till Fjälls’ überhaupt bei den Leuten ankommen würde, oder was man sich primär in Black Metal-Kreisen beispielsweise darüber denken würde. Ich schrieb die Musik direkt nach dem, was mir Geist und Herz diktierten. Ich war aber überaus zufrieden mit dem, was dabei herauskam. Ich hatte schon immer ein Faible für verschiedene Arten von Musik. Daher dachte ich zwischen 1993/94, es wäre eine großartige Idee, Black Metal mit Akustikgitarren, Klargesängen und Keyboards zu mischen. Anfangs waren einige Hardliner natürlich nicht wirklich begeistert von derlei Neuem. Später machten einige von denen aber dann genau Dasselbe, als es populärer wurde. Als ich das Album 1998 aufnahm, war das auf gewisse Weise noch ziemlich einzigartig. Ich fühlte es so, als hätte ich damit den Code zu dem geknackt, was ich als Musiker und Lyriker bin. Seitdem habe ich eigentlich immer das Gleiche gemacht: Ich folgte einfach meinem Herzen. Daher haben auch alle Vintersorg-Alben eine ganz eigene Identität, ein individuelles Wesen im stilistischen Rahmen der jeweiligen Veröffentlichung.“

Ob seine progressive Phase damit nun vorerst der Vergangenheit angehört, kann und möchte der Musikus nicht genau sagen. „Wenn ich komponiere und Texte verfasse, spiegelt das ja immer eine gewisse Stimmungslage wieder, einen speziellen emotionalen Status. Dementsprechend prasseln die Inspirationen auf mich ein, dementsprechend ist dann meine Wahrnehmung derselben. Ich kann nie vorhersagen, wie es mir ein Jahr später gehen wird und worauf ich dann in Sachen Interessen und Neigungen anspringe. Für mich ist von großer Wichtigkeit, mich als Komponist nie zu wiederholen. Ich würde in dem Fall sicherlich das Interesse an dem Ganzen verlieren. Mit ‚Till Fjälls Del II’ fühlt es sich jedenfalls derzeit so an, als wäre es ein ‚Heimkommen‘ nach vielen Jahren, nach unzähligen gemachten Erfahrungen und mit neuen Perspektiven.“


Das Debütalbum hat er sich demnach auch gar nicht erst wieder angehört, als es an das Songwriting für den aktuellen Nachfolger ging, so der Ausnahmesänger mit der fesselnd-markanten Stimme.

„Auch währenddessen und danach nicht. Die Scheibe sollte ihren ganz eigenen Charakter in optimaler Abgeschirmtheit entwickeln können. ‚Till Fjälls Del II’ ist als Fortführung gedacht, nicht als Kopie. Wir sind sehr zufrieden mit dem Resultat. Ich habe bereits den Grundstock des nächsten Albums geschrieben, so sehr hat mich die Inspiration gepackt.“

Andreas empfand den vorangegangenen Schaffensprozess letztlich wie eine großartige Reise, sagt er.

„Gleich einer sehr angenehmen, aber teils auch harten Fahrt. Aber weder anstrengend, noch kompliziert. Das einzig schwierige war die Erfüllung meiner eigenen Erwartungen an die Songs. Ich arbeitete in der Tat sogar bis zum letzten Tag des Album-Masterings an den Stücken. Ich bemühte mich, alles so perfekt wie möglich werden zu lassen, um genau die Vision zu treffen, die ich von dem Album in mir trage.“

In dem Kontext darum gebeten, zu resümieren, was die eigene Musik und das intensive, jahrelange Befassen damit aus ihm hinsichtlich Wesens- und Charakterbildung sowie Mentalität gemacht hat, wird Mr. V auf einmal nachdenklich. Dann besinnt er sich:

„Das ist schwer für mich darzulegen. In meinem Inneren geschieht immer vieles. Als Mensch bin ich ohnehin eine sehr neugierige Person, die ständig Neues lernen will. Ich arbeite als Lehrer und bin auch als Projektmanager dafür tätig, digitale Geräte in unsere Schulen zu übernehmen. Es ist immer wieder ein sehr anregender Beruf, all die vielen jungen Studenten zu erleben, die sozusagen noch am Anfang ihres Lebens stehen. Sie sind noch so frisch im Geist und stecken voller konkreter Pläne!“



Andreas selbst sieht sich in diesem Aspekt eher noch wie ein Kind, so bekennt er unumwunden. „Ich möchte so vielen Ideen und Vorstellungen folgen. [lacht] Als Musiker hingegen entwickle ich mich spieltechnisch nicht großartig weiter, denke ich. Jedoch mache ich dafür ständig große Sprünge vorwärts als Arrangeur, Tontechniker, Mixer und Studiomitarbeiter. Ich habe mein Leben sowieso nicht primär damit verbracht, einzig zu komponieren. Musik an sich ist nämlich so viel mehr als nur irgendwelche Noten zu spielen.“

© Markus Eck, 13.06.2017

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