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Interview: VADER
Titel: Ausgesprochene Kommerzgegner

Endlich bluten wieder neue Klanggrausamkeiten dieser stilistisch so puristischen Polenbrigade aus den Lautsprechern.

Die wirklich abartig tourfleißigen Thrash Death Metal-Meister Vader sind zurückgekehrt, um mit einer ihrer schnellsten Scheiben seit Jahren erneut auf breiter Ebene von sich reden zu machen.

1986 unter dem Einfluss der damals härtesten Metal-Truppen gegründet, sollten sich diese spieltechnisch begnadeten Hörsturzverursacher bald darauf in einschlägigen Krachkreisen etabliert haben, um heute international zu den besten Vertretern ihrer Gilde überhaupt zu zählen.

Ihre brandneue Albumgranate „Impressions In Blood” zündet mit verheerender Wucht. In einem der daraus zahlreich entstandenen Bombentrichter sitze ich mit Stimmbandverschleißer Piotr Pawel ,Peter‘ Wiwczarek, um über das neue Brachialwerk zu plauschen.

Die derzeitige Stimmung in der Band ist so gut wie schon lange nicht mehr:

„Vor allem nach dem ganzen Stress vor den Aufnahmen und auch im Studio selbst, wo wir doch ein paar mal aneinander geraten sind und uns ziemlich angekotzt haben. Aber jetzt, wo alles unter Dach und Fach ist, könnte es nicht besser sein. 2006 starten wir voll durch im Rahmen unserer Möglichkeiten“, wie er mir eingangs freudig zu berichten weiß.

Vergleicht man den neuen Langspieler direkt mit dem Vorgängeralbum „The Beast“, so fallen neben der ungewohnten Produktion auch diverse kleine Modifikationen auf. Peter hierzu:

„Meiner Meinung nach ist der hauptsächliche Unterschied zum Albumvorgänger vor allem im Klangbild auszumachen. Bereits unser vor `The Beast` veröffentlichtes Minialbum `The Art Of War` wurde in den neuen Hertz-Studios hier in Polen produziert. Mit diesem Studio haben sich die Wieslawscy-Brüder einen lange gehegten Traum erfüllt. Mit den Arbeiten an `Impressions In Blood` leisteten sie nach dem Minialbum ihre zweite komplette Produktion.“

Wie der Frontmann weiter berichtet, fiel die Wahl auf die beiden Studio-Newcomer vor allem durch das kollektive Trachten der Band nach einem ganz neuen Gesamtsound.

„Die Zusammenarbeit war super, die zwei und wir verstanden uns super. Wir folgten ihren Vorschlägen jeden Tag mit mehr Freude, denn ihre Begeisterung für unsere neuen Songs schlug schon sehr schnell auf uns über.“

Neu bei Vader ist auch, dass Gitarrist Mauser voller Ambitioniertheit vier Stücke für das neue Vader-Album geschrieben hat, so der Sänger:

„Die Stücke unterscheiden sich überhaupt nicht von unserem sonstigen Material, was den Rest der Band sehr überrascht hat. Bereits für `The Art Of War` bewies Mauser seine Qualitäten als Komponist, sodass ich mich dazu entschloss, den Guten für die neue Scheibe mehr davon machen zu lassen.“

Für den vierten Song „Helleluyah!!! (God Is Dead)“ wurde gar ein Videoclip gedreht. Peter hierzu: „Dieser Track beinhaltet den einzigen Songtext, welchen ich für das neue Werk verfasst habe. Wie der Titel schon andeutet, dreht sich der Inhalt darum, wie sehr all die Religionen in der blutigen Geschichte der Menschheit Unheil angerichtet haben.“

Dieser massiv provokante Songtitel soll jedoch laut Aussage des Urhebers lediglich in aufklärender Weise aufgefasst werden.

„Die Aussage des Liedes soll den Schleier von den Tatsachen lüften. Die großen Religionen haben sich doch überwiegend weit von ihren einstigen Intentionen entfernt und dienen diversen Machthabern mittlerweile doch nur noch als Massenmanipulation beziehungsweise zur Machterhaltung. Wir wollen die Leute damit ausschließlich zum Nachdenken anregen.“

Insgesamt gesehen ist „Impressions In Blood“ eine Anhäufung aller über die Jahre zusammengekommener musikalischer Stärken dieser polnischen Death Metal-Maniacs, so lässt der Vokalist wissen.

„Viele Hörer waren davon überrascht, dass die `Neue` noch extremer und schneller ist als unser Album `Litany`. Doch `Litany` war viel roher strukturiert, das sollte man nicht vergessen. Unsere neue CD wartet daneben mit viel mehr differierenden Atmosphären auf, zeitgleich offenbart `Impressions In Blood` nicht wenige stilistische Brückenschläge in unsere frühe Vergangenheit. Wir sind eben noch immer mit vollem künstlerischen Herzen dem tiefen Untergrund des Todesbleis verbunden.“

Der stimmstarke Pole erläutert in diesem Zusammenhang zur Musik seiner Gruppe an sich:

„Wir erfinden nach wie vor keine eigenen Namen beziehungsweise Kategorisierungen für unseren musikalischen Stil. Ich denke, es ist noch immer Death Metal mit diversen Einflüssen, aber eben auf unsere ganz eigene Art interpretiert. Sonstige musikalische Einflüsse? Vielleicht ein paar Sachen, die wir selbst so hören. Aber im Großen und Ganzen sind wir uns auch für `Impressions In Blood` absolut treu geblieben und machen auf der Platte das, was wir als Vader schon immer erzeugt haben und was wir am besten können.“

Als wir abschließend noch auf die Unterschiede der extremen Metal-Szene zwischen früher und heute zu sprechen kommen, legt Peter gerne seine Sicht der Dinge dar. „Früher waren Freundschaften zwischen den einzelnen Bands sehr viel ausgeprägter. Vor allem auch übergreifend zwischen den verschiedenen Stilistiken. Dann haben sich die verschiedenen Stile leider irgendwann voneinander abgespalten und die überwiegende Anzahl der jeweiligen Fans sind engstirnig und ignorant geworden. Der Zusammenhalt ist größtenteils verloren gegangen. Und heute haben viele neue junge Bands total falsche Vorstellungen vom Musikmachen und vom Business. Überzogene Gagenforderungen, utopische Ansprüche gegenüber einem Label. Manche denken ernsthaft, man könnte vom Death Metal leben. Diese Ahnungslosen“, winkt der wohlbekannte polnische Saitengroßmeister lakonisch lachend ab.

© Markus Eck, 29.10.2006

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