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Interview: TANZWUT
Titel: Geradliniger Geist

Wohlbekannt dafür, stilistisch ebenso wandelbar wie dabei trotzdem aufrichtig zu sein, beglücken die Berliner Mittelalter Rocker ihre Jüngerschaft mit dem taufrischen Album „Seemannsgarn“. Was vom Titel her wie ein obligatorischer Ausflug ins Piratenmetier der Gilde erscheint, zeigt jedoch den Rabaukensound des geselligen Haufens um Sänger Teufel in über die letzten Jahre eingewöhnter Manier.

„Als ich so um die 14 bis 15 Jahre alt war, wollte ich tatsächlich sogar mal zur Marine - ja, ich wollte auf See um die Welt fahren“, leitet der Rotgehörnte optimal gelaunt dazu ein. 


„Ich hatte zuvor auch viel darüber gelesen und mich damit auseinandergesetzt. Mich fasziniert vor allem der abenteuerliche Aspekt des Ganzen bis heute sehr. Leider wurde es mir nicht von der damaligen Ostdeutschland-Obrigkeit gestattet, da wirklich befürchtet wurde, ich würde beim ersten Anfahren eines weit entfernten Hafens nie wieder zurückkommen. [lacht] Ansonsten hätte mein Leben vermutlich doch wohl einen ganz anderen Lauf genommen.“

Grundsätzlich, so leitet der Sympathikus zum neuen Auswurf „Seemannsgarn“ über, dreht sich diese Scheibe aber gar nicht primär um maritime Belange. Teufel:

„Es ist viel eher so gemeint, dass das klassische ‚Seemannsgarn’ ja bekanntlich dafür steht, der Wahrheit eher nur zur Hälfte zu entsprechen und ansonsten erzählerisch richtig mächtig auf die Pauke zu hauen. Und da sind wir auch schon wieder bei uns als Spielleuten, die auch überaus gerne in alten Kaschemmen hocken und dies und das zum Besten zu geben haben. Im Laufe der Jahre werden alte Geschichten immer mehr ausgeschmückt und dadurch doch letztlich immer schöner.“

Was nicht wenig an moderne Nachrichtensendungen und das dortige Wirken von allerlei Lobbyisten erinnert, liegt dem Mann einfach stets ganz nahe am Herzen. „Ich verbringe daher nur zu gerne meine Zeit mit Leuten, die lange ‚on the road‘ waren - sei es nun mit dem Schiff, auf Rädern, mit Flügeln oder auch zu Fuß. Je mehr die Reisenden dabei erlebt haben, desto besser für ihre erzählten Geschichten. Wer aus dem Hamsterrad ausbricht, der erlebt die Welt! Ich bin ein Typ, der da auch lange zuhören kann. Und selbst erzähle ich natürlich auch gerne Geschichten und erfreue mich, wenn Leute zuhören und gut unterhalten werden - und sich dann einiges an Laune breitmacht. Ich sehe das auch bezüglich des neuen Werkes gar nicht mal so sehr als Kunst, sondern vielmehr als gemeinsames Kundtun von individuell Erlebtem.“

So kommt laut Teufel auch auf „Seemannsgarn“ ein ganzes Sammelsurium an kunterbunten Begebenheiten zusammen, wozu man Staunen, Lachen, Weinen oder was auch immer tun kann.

„Mir haben es dabei auch vor allem die ganzen - bevorzugt amüsanten - Merkwürdigkeiten angetan, mit denen man als Mensch so zu tun hat. Das Album steht für mich unter einem bestimmten Stern, welcher beispielsweise über Seefahrern steht, die sich nach sehr langer Schiffsfahrt in einer Hamburger Hafenkneipe zusammenfinden, überschwänglich schwadronieren und sich im Zuge des gemeinsamen Hineinsteigerns allerlei Fantastisches zusammenspinnen, was das Zeug hält.“

Eine gute Geschichte verdient es allemal, ausgeschmückt zu werden, da stimmt der Frontmann gerne zu. „Spielleute oder Seefahrer - Geschichtenerzähler sind wir doch alle! Genau das ist das eigentliche Thema auf unserer neuen CD. Ich bin nun schon ganze 30 Jahre als Musiker und als Künstler unterwegs, und habe nie damit aufgehört, mir meine Freiheit zu bewahren. Ich bin froh, dass ich damit mein Brot verdienen kann und das ich kreativ das machen kann, was ich möchte. Allzu viel gibt es dazu ansonsten ja auch immer noch nicht zu sagen - ich bin eben ein Typ, der einfach sein Ding macht, ohne nach rechts oder links zu gucken.“

© Markus Eck, 13.04.2019

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