Interview: | SVARTBY |
Titel: | Aus dem Reich der Zwerge |
Grollkehle und Tieftöner Torhall, Gitarrenschrubber Lindwurm, Tastenreiter Giftsvamp und Keulentrommler Fenrir machen Sache!
Wenn diese vier wilden russischen Rabauken im Kollektiv ihre Instrumente in die Hände bekommen, dann semmelt es ordentlich was weg.
Ein Blick zurück: Als Svartby damals zwischen einigen heftigen Wodkarunden in ihrem moosigen Waldverschlag die ersten ungestümen Songs von Finntroll vernahmen, gab es für die kecken Recken kein Halten mehr.
Solche Klänge wollten sie auch erzeugen, da waren sie sich sofort einig. Und noch heute zelebrieren die schlitzohrigen Sankt Petersburger Enthusiasten ihre zackigen Trollkompositionen unter diesem stilistischen Banner: Hochexplosiver Epic Folk Black Metal also, jederzeit kraftvoll, inbrünstig und manisch mystischmelodisch inszeniert.
2007 ließen die Beteiligten ihr furioses Debütalbum „Kom I Min Kittel“ frei, welchem seit kurzem der überaus schmissige Nachfolger „Riv, Hugg Och Bit“ hart auf den Fersen ist; eine echte Rosskur.
Musikalisch als auch lyrisch verfolgt der ausgelassene Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Russentrupp darauf beachtlich linientreu seine ureigene Mischung.
Und dabei ist es dem sehr humorigen Quartett vollkommen piepegal, was der Rest der Welt in diesem Genre so alles treibt.
Denn Svartby, ganz Vollblutherzen, treiben es auch aktuell glatt bis zur Selbstvergessenheit vor lauter irrwitziger Spielfreude!
Svartby-Lyriker und -Keyboarder Giftsvamp hat mittlerweile auch auf andere Spirituosen mächtig Durst.
„Für mich und viele andere Russen – speziell die jüngeren – ist Wodka mittlerweile nicht mehr das Maß aller Dinge. Die Leute hier saufen ihn hier ja doch eher als klassischen Beerdigungsschnaps. Im täglichen Feierleben jedoch bevorzugen wir daher eine ganze Reihe anderer Drinks. Klischees sind sowieso eine Sache für sich – Finnen beispielsweise lieben Wodka tatsächlich viel mehr als wir Russen. Dumpfe Stereotypen sind ohnehin nur etwas für unbelehrbare Dorftrottel, aber nicht für uns“, bricht es lachend aus ihm heraus.
Und er legt sogleich zügig nach: „Ich persönlich liebe lokal gebrautes dunkles Bier aus Sankt Petersburg, welches hier ausschließlich in Bars ausgeschenkt wird.“
Sogleich haue ich den fingerfertigen Klimpermaxen auf das neue Album „Riv, Hugg Och Bit“ an, beziehungsweise bat ihn, seine Sicht der Dinge darüber zu bekunden. Giftsvamp legt sofort los: „Ja, Mann, die neue Scheibe geriet uns primär mächtig komplex, wie ein wunderschönes Netz – und wir verwoben jede einzelne gespielte Note darin! Der Hörer findet auf „Riv, Hugg Och Bit“ daneben eine große Portion an symphonischen Elementen, diese Platte eignet sich daher viel mehr für tiefgehende musikalische Beschäftigung als für oberflächliches Nebenbeihören. Wir sind jedenfalls der Überzeugung, eine sehr gute Arbeit hierfür hingelegt zu haben und wir sind allesamt 100 % stolz darauf.“
Dabei ging der verschworene Viererbund ohne spezielle Erwartungshaltung an den zugrunde liegenden Kompositionsprozess heran, wie mir mein Interviewpartner resümierend zu berichten weiß.
„Es war in ungefähr so, dass wir es stets genau spürten, wenn es mal wieder soweit war. So, als wenn eine innere Stimme einem sagen würde, dass man nun auf der Stelle einen Song zu schreiben hat, und dann fließt bei uns die Inspiration auch nur so. Zum Glück! Dann wachsen die Ideen immer mehr zueinander an, verschmelzen und ein neuer Song ist geboren. Bei Svartby läuft das alles immer sehr impulsiv. Wir spielten beispielsweise einige Nummern vom neuen Album bereits live auf den Bühnen, bevor wir überhaupt unser Debütalbum veröffentlicht hatten. Andere Stücke wiederum für die neue Scheibe wurden erst circa zwei Monate vor den Studioaufnahmen fertig gestellt. So reflektiert das aktuelle Werk einen langen Zeitraum schöpferischen Aufwands. Somit kann man also eindeutig sagen, dass wir die Kompositionen für „Riv, Hugg Och Bit“ nicht in einer speziellen Zeitperiode kreiert haben – sondern immer nach ganz individuellen Stimmungen.“
Wie der notenkundige Keyboardkerl weiter zu erzählen weiß, behandeln die fiktiven Songtexte des neuen Albums die Zwerge von Svartby.
„Unser Debütalbum berichtet hingegen über die Hexen von Svartby. Auf „Riv, Hugg Och Bit“ künden wir vom Leben der Gnome, ihrem speziellen Denken etc. – aber auch darüber beispielsweise, wie sie Menschen angreifen beziehungsweise wie sie sich dafür kampfstark zusammenrotten. Große bullige Frösche dienen den Kerlchen für ihre Attacken als robuste Transporttiere. Jedes Lied ist eine kleine Geschichte über einen oder mehrere dieser kauzigen Zwerge. Wenn man also mehr darüber lernen möchte, kann man die Übersetzungen der Texte auf unserer Band-Website nachlesen beziehungsweise die Bilder des CD-Booklets sehen und somit ins Leben unserer Zwerge eintauchen.“
Wie kommt man eigentlich auf solcherlei fantastische Geschichten, Meister Giftsvamp? Er entgegnet mir schmunzelnd: „Wir spielen beispielsweise gerne PC-Spiele, in welchen Zwerge vorkommen, wir lesen Comics mit Zwergen drin und widmen uns Fantasy-Literatur. Wir wollten jedenfalls nie die allseits bekannten Vorstellungen kopieren, wie Zwerge auszusehen haben. Auch die Tolkien-Geschichten oder die von Pratchett kamen für unsere Liedertexte nie in Frage, geschweige denn diejenigen aus dem berühmten Märchen von Schneewittchen. Jedoch beeinflussten sie uns trotzdem schon indirekt, weil wir ja so sehr auf so was stehen. Aber uns schwebte von Anfang an eben etwas Individuelles für unsere Stücke vor.“
© Markus Eck, 09.11.2009
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