Interview: | SIEGFRIED |
Titel: | Tragische Nibelungenhymnen |
Ihr gelungenes 2001er DebĂźtalbum âDrachenherzâ brachte diese geistesgegenwärtigen Ăsterreicher Klangkrieger in so einige MĂźnder. MĂźnder, die davon kĂźndeten, was den Ohren ihrer Besitzer damit widerfahren war: Siegfried, das imposant vorgehende heroische Sagensextett aus Innsbruck bot darauf sehr kräftig instrumentierten, hymnisch gehaltenen Dark Gothic Heavy Metal mit durchgehend deutschen Texten.
Und nicht nur textlich war âDrachenherzâ voll von beseelter Schaffenshingabe der Urheber an ihre mit Herzblut gespielte epische Schwermetallrichtung. Lyrisch dreht sich auch auf dem nun neu erscheinenden Albumepos âEisenwinterâ abermals alles um die grandiose deutsche Nibelungensage.
âWir sind im Nachhinein gesehen eigentlich sehr zufrieden. FĂźr ein DebĂźtalbum einer bislang unbekannten Band sind 5.000 verkaufte Scheiben sicherlich nicht schlechtâ, trägt Dunkelbarde Bruder Cle alias Hagen meiner anfänglichen Frage nach dem Erfolg des DebĂźtalbums Rechnung, um nach meiner Neugier hinsichtlich positiver wie negativer Meinungen Ăźber das Erstwerk noch anzuhängen:
âIn den Reviews spiegelten sich in der Tat Licht und Schatten journalistischer Untiefen wider. Leider erhielten wir ausgerechnet im Rock Hard Magazin eine gelinde gesagt etwas seltsame Kritik. UnglĂźcklicherweise schienen sich einige an der Kritik im Rock Hard zu orientieren. Im Gegensatz dazu erhielten wir aber in vielen Magazinen auch sehr gute Kritiken. Seltsamerweise schnitten wir auĂerhalb des deutschsprachigen Raumes im GroĂen und Ganzen viel besser ab, was sich auch in den Interview-Anfragen widerspiegelte.â
Der Meinung des Sängers nach ist der hauptsächliche kompositorische wie auch instrumentelle Unterschied von âEisenwinterâ zum DebĂźtalbum vor allem in der zeitlichen Komponente zu suchen.
âDie spielt eine groĂe Rolle. FĂźr das DebĂźtalbum hatten wir die Songs in einem wesentlich längeren Zeitraum geschrieben, fĂźr `Eisenwinter` hingegen hatten wir viel weniger Zeit. So klingen die neuen Songs dann auch mehr wie aus einem Guss. AuĂerdem haben unser Gitarrist und Keyboarder Ortwin und meine Wenigkeit auch noch viel intensiver zusammengearbeitet als zuvor. Die musikalische Umsetzung der Texte beziehungsweise umgekehrt funktionierte dieses Mal einfach besser.â
AnschlieĂend kommen wir auf die gegenwärtig bei Siegfried vorherrschende musikalische und inhaltliche Konzeption zu sprechen. Hagen nennt daher die hauptsächlichen neuzeitlichen musikalischen EinflĂźsse fĂźr das Songwriting.
âZur musikalischen Konzeption ist sicher Ortwin berufen, sich zu äuĂern. Inhaltlich beschäftigen wir uns nach wie vor mit der Nibelungensage aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln. Andere historische Ereignisse wie der Konflikt zwischen Heiden und Christen im frĂźhen Mittelalter beziehungsweise der ausgehenden Antike, geheimnisvolle Volkssagen, Mystisches, etc.: Alles das spielt in unseren Texten wieder eine Rolle. Grundsätzlich sind es eigentlich erneut typische Metal-Themen; ungewĂśhnlich daran ist nur, dass sie auf Deutsch vorgetragen werden, was vielen offensichtlich positiv wie negativ ins Auge sticht.â
Nun bringt sich in diesem Kontext also endlich Saitenscherge und Tastenkämpfer Ortwin in die Unterhaltung ein. âWir wollten mit diesem Album den Stimmen unserer drei Sänger sowie unserer Sängerin etwas mehr Entfaltungsfreiraum lassen. Das äuĂerte sich natĂźrlich besonders im Songwriting. Die Songs sind im Gesamten gesehen kompakter als die auf `Drachenherz`. Um auf deine Frage der EinflĂźsse einzugehen: Eigentlich bin ich im ganzen Metal-Sektor zuhause, wobei ich aber in den letzten Jahren immer mehr in Richtung Black- und Death Metal tendierte.â
Hagens weiterer Ansicht nach charakterisiert die Titulierung Heroic Epic Metal Hymns die aktuelle musikalische SchĂśpfung der Innsbrucker Band am besten. Der erneut auskunftsfreudige Vokalist unterbreitet nachfolgend auch die Bedeutung, welche hinter dem neuen Werk âEisenwinterâ steckt.
âDie Germanen der VĂślkerwanderungszeit bis zur Zeit Karls des GroĂen kämpften mit Heim und Familie im RĂźcken oft genug um ihr nacktes Ăberleben. In den langen harten Wintern der Alpen und in den weiten Ebenen des Alpenvorlandes kam es zu einigen entscheidenden Schlachten zwischen RĂśmern und Germanen, in denen anfänglich die Aggressoren aus dem SĂźden, später oft genug auch unsere Vorfahren erfolgreich waren. Doch das spielt keine Rolle. Krieg kennt keine Sieger, sondern nur Verlierer, nach denen der Tod seine grimmigen Klauen ausstreckt. Das Leid, die Grausamkeit, die Hoffnungslosigkeit, aber auch der Mut der Verzweiflung spiegelt sich in Songs wie dem TitelstĂźck, `Winterblut` oder `Eckesachs` nun einmal gut wieder.â
Das Album-Frontcover fĂźr die aktuelle VerĂśffentlichung gefällt mir wirklich gut, und nicht nur mir, wie Hagen hierzu resĂźmiert. âDieses stammt wieder einmal von unserem guten Freund Stefan Lechner, der ansonsten als Illustrator fĂźr Perry Rhodan bekannt ist. Mit dem neuen Cover hat er die Stimmung des aktuellen Albums einfach vortrefflich eingefangen und wir alle waren vollkommen begeistert, als wir das Ergebnis sahen. Stefan hat wieder einmal alle unseren Erwartungen Ăźbertroffen. AuĂerdem ist er auch mittlerweile ein sehr guter Freund geworden und wir werden auch in der Zukunft sicherlich mit ihm zusammenarbeiten. In GrundzĂźgen hatte ich ein Bild eines sterbenden Kriegers vor Augen, dem â tĂśdlich verwundet â das Schwert aus der Hand rutscht. Ich habe Stefan die Bilder beschrieben, die in meinem Kopf herumspukten, den Rest hat er dann gemacht. Ich war total weg, wie genau er meine Visionen umgesetzt hatte. Fast schon so, als hätte er mit meinen Augen gesehen. Unglaublich. Ich glaube, wer die Texte zu `Winterblut` und `Eisenwinter` liest, versteht die Botschaft, die das Cover schickt. Die Verzweiflung, die Einsamkeit im Augenblick des Todes â dennoch die Gewissheit, das Richtige getan zu haben und das Vertrauen in eine bessere Anderswelt zu gelangen, die ohne Leid und Hass auskommen kann.â
Die Songs fĂźr âEisenwinterâ waren laut Ortwin nach circa eineinhalb Jahren fertig. âMit Ausnahme des Bonustracks âDu und Ichâ. Dies war der erste Song, den ich fĂźr Siegfried geschrieben habe. Einige HĂśrer mĂśgen ihn noch vom âFafnirâ-Demo kennen. Wir haben das Lied nochmals neu aufgenommen und als Bonustrack auf die Limited Edition des neuen Albums gepackt. Um deiner Frage zu entsprechen: âEinflĂźsseâ ist ein sehr zweideutiges Wort. Einige Songs wurden sicher in einer etwas melancholischen Stimmung geschrieben. Einige andere wieder nachdem man sich einige Zeit zuvor Meisterwerke wie âGladiatorâ oder âDer 13te Kriegerâ angesehen hat.â Hagen kann seinen Bandkollegen hier nur loben: âOrtwin hat sämtliche Kompositionsarbeit geleistet und das ist auch gut so, denn er hat einen ureigenen Stil, der nun einmal Siegfried ausmacht.â
Das neue Album vertextete er unter dem âEinfluss von Rotweinâ, wie Hagen scherzt. Wir erfahren: âZum Schreiben benĂśtige ich Ruhe, ein paar Glas guten Weines â denn der vertieft meine Emotionen ungemein â und ein wenig Kerzenlicht. Wenn ich eines Winterabends auf das nächtliche SchneegestĂśber vor meinem Fenster blicke, ist mir das oft schon Inspiration genug oder wenn ich in einer glasklaren Mondnacht den mächtigen Anblick der herrlichen Berge hier in Tirol genieĂen darf. Zu viele Menschen sind schon zu blind fĂźr die SchĂśnheiten, die uns das alltägliche Leben mitbringt. Trotzdem ich auch zu den Menschen gehĂśre, fĂźr die Zeit eine Mangelware ist, lasse ich mir den Blick fĂźr solche Dinge genauso wenig nehmen wie meine unbändige Fantasie, die ich als meinen grĂśĂten Schatz erachte.â
Wie der philosophisch veranlagte Gesangspoet mir weiterhin berichtet, sind die neuen Songtexte Siegfrieds abermals hochinteressant und meiner Meinung nach auĂerordentlich lesenswert ausgefallen.
â`Eisenwinter` zeichnet das Bild zweier junger Freunde, die sich auf den Weg zu einem Gefecht mit dem alten Erzfeind ihres Stammes, den RĂśmern, machen, welchem bereits ihre Väter zum Opfer gefallen sind. Der Durst nach Freiheit, aber auch nach Rache nimmt von ihnen Besitz. Im Refrain spiegelt sich diese Mischung aus Adrenalin, Angst und Euphorie im Augenblick des Angriffs wider und zeichnet ein trauriges, poetisches Bild des winterlichen Schlachtfelds aus rot und weiĂ. `Winterblut` kĂśnnte man als die thematische WeiterfĂźhrung sehen. Ein Krieger liegt sterbend auf dem Schlachtfeld und hat sich in sein Schicksal ergeben. Ein sehr trauriger, aber auch sehr kraftvoller Text. `Die Treuewacht` ist ein Song, wie auch schon `Drachenherz`: Er spielt auf mehreren Ebenen. VordergrĂźndig geht es um die Wacht Hagens und Volkers in der Halle, in der die Nibelungen tief im Feindesland der Hunnen, ob meuchelnder Hunnen um ihr Leben fĂźrchten. HintergrĂźndig ist es aber ein sehr starkes Glaubensbekenntnis an die Treue, die in meinem Leben eine sehr, sehr groĂe Rolle spielt. Und zwar ist damit nicht die sexuelle Treue als solche gemeint, sondern die Loyalität zu Freunden, zur Musik, zum Heavy Metal und auch zu sich selbst. NatĂźrlich steht es jedem frei, in den Text hineinzuinterpretieren was er will; schlieĂlich kĂśnnte es auch ein wunderschĂśnes Liebeslied sein. `Hagen von Tronje` zeichnet ein wechselndes Bild von Hagen, der ofthin als MĂśrder und Unhold verschrien ist. Schon im originalen Nibelungenlied werden aber seine Treue und seine Hingabe gelobt und er wird nicht als die schlechte Figur schwarz-weiĂ gemalt, wie man es heute gerne tut. All sein Tun war stets von der Sorge um sein Vaterland und seinen KĂśnig geprägt. Das Schicksal scheint ihm keinen anderen Weg zu lassen als den grimmigen, der ihm vorgezeichnet ist. Er wird zum Spielball der Nornen! Schuld oder SĂźnde im christlichen Sinne existiert nicht. Es gibt nur Erfahrungen, die man sammelt und eventuelle Fehler, die im Widerspruch zu den Prinzipien des Universums stehen. Aber auch diese sind nicht unumkehrbar. `Untot` ist ein Song Ăźber Einsamkeit. VordergrĂźndig, jene eines Vampirs, der sich einem Grabstein als einzigen VerbĂźndeten anvertraut und ihm sein Leid klagt. HintergrĂźndig jene, die jeder Mensch erfährt, wenn er allein, ohne Familie und Freunde, Entscheidungen treffen muss, die sein ganzes Leben verändern. `Am Isenstein` ist ein typischer Nibelungensong und spiegelt die Sage um Brunhild und ihren isländischen Hort â wohin sie von Odin verbannt worden ist â wider. In `Rauhnacht` geht es um die Legende, das in den Rauhnächten, also zwischen Heiligabend und sechstem Dezember, alle verlorenen Seelen nach dem Licht suchen, welches sie in den ewigen Frieden fĂźhrt. Deshalb stellen tausende Menschen hier in diesen Nächten Lichter in ihre Fenster, um den armen Seelen heimzuleuchten und den Toten Frieden zu geben. `Das Nachtgebet` ist etwas ähnlich wie Walpurgisnacht â eine Liebeserklärung einer Nonne an ihren teuflischen (imaginären?) Liebhaber. Viele Inquisitionsprozesse sind auf die Hirngespinste und sexuellen Träumereien von Nonnen zurĂźckzufĂźhren, die in ihrer seelischen Verzweiflung und ihrer verkĂźmmerten Sexualität Wahnvorstellungen vom sie beglĂźckenden Junker Luzifer entwickelten. Sie fĂźhlten sich als Besessene und bereiteten damit nicht nur ihren eigenen sondern oftmals auch den Scheiterhaufen vieler anderer unschuldig Angeklagten. Wie viele mussten nur sterben, weil sie sexuelle Tagträume hatten, die nicht in die verquere katholische Philosophie passen wollten. `Du und ich` ist eine wunderbare Liebeserklärung an das Leben in Freiheit und Lust. Nichts ist so unschuldig wie die pure Liebe und die daraus entspringende Lust. Die Kirche hat die wunderbare Gabe der Sexualität stets verdammt und versucht, uns Menschen das Joch der ständigen Scham aufzuerlegen. Doch man hat uns nicht aus dem Paradies vertrieben â Adam und Eva sind mit Luzifers Hilfe aus diesem Gefängnis geflohen, um sich endlich einander hemmungslos hingeben zu kĂśnnen. Befreit Euch von den Fesseln ungesunder Zwänge â in der NatĂźrlichkeit des Menschen liegt der wahre Segen, die wahre Unschuld, die wahre Gerechtigkeit und Moral. Instinktiv wissen wir was gut oder bĂśse ist. Vielleicht war es das, was ein gebildeter Mann vor 2.000 Jahren meinte, als er sagte: `Werdet wie die Kinder!`? Und was hat die katholische Kirche nur daraus gemacht?â Die wirklich beschämende Antwort darauf liegt vermutlich schon in der anklagenden Fragestellung verborgen.
Dann gelangt unser Gespräch abschlieĂend an den Punkt bezĂźglich Live-Shows, und Hagen erĂśffnet: âUnseren Live-Einstand geben wir am 26. Juli 2003 beim Skeleton Bash in Innsbruck und wir freuen uns schon tierisch drauf, wie Songs wie `Eisenwinter`, `Hexenblut` oder `Jerusalem` live knallen werden. Tausend Dank fĂźr das Interview, Markus! Vielleicht sehen wir uns ja am Skeleton Bash?â
Ortwin legt dazu gleich noch nach. âDa ist bis auf den Skeleton Bash noch nichts Konkretes in Planung, aber sobald es diesbezĂźglich Neuigkeiten gibt werden diese natĂźrlich auf unserer Homepage www.siegfried.at.tf publiziert. Auch ich bedanke mich fĂźr das Interview und vor allem aber bei den Fans die uns bis jetzt treu waren. Metal on!â
Š Markus Eck, 13.07.2003
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