Top
Interview: SATURNALIA TEMPLE
Titel: Schwer zu begreifen

Mit ihrem ganz speziellen Doom Stoner Metal bringen die Stockholmer so einige Hirnwindungen ins Schwanken. Thematisch in allerlei Okkultismus, schwarzer Magie und uralter Hexerei verhaftet, geben sich Saturnalia Temple aber auch astronomischen Belangen hin, solange es nur immer geheimnisvoll, düster und faszinierend genug ist. Das neue Album „Gravity“ zeigt die Band in bislang hermetischster Erscheinung.

Gitarrist und Sänger Tommie Eriksson bringt zunächst den interessanten Hintergrund näher, der Pate für den griffigen Bandnamen stand. „Die Saturnalien, ritualisierte Festtage zum Jahresende hin, waren im historischen Rom eine Ausnahmezeit, in der die Welt sozusagen von oben nach unten invertiert wurde. Die Mächtigen und Reichen wurden zu Bettlern und die Armen und Sklaven durften da vom hohen Thron aus regieren. Auch wir stellen die Welt in unserem eigenen Tempel auf den Kopf und arbeiten mit dem neuen Album wieder daran, dies überall zu etablieren.“

Der Stil von Saturnalia Temple ist eher schwer zu beschreiben - selbst für ihn als Songwriter, welcher zudem als Gründungsmitglied von Anfang an dabei ist.

„Es ist in der Tat nicht leicht, unsere Musik in Worte zu fassen, ohne auf oberflächliche Vergleiche und Vereinfachungen zurückzugreifen. Ich habe selbst schon so einige Platten für Magazine rezensiert, daher kenne ich die Herausforderung genau. Wenn ich ‚Gravity‘ in diesem Kontext perfekt darlegen könnte, bin ich mir nicht sicher, ob ich mir überhaupt die Mühe machen würde, das Album zu rezensieren. Ich habe einmal versucht, unseren ‚Saturnalia-Tempel’ in einem Satz zu beschreiben - und kam auf ‚In einem dunklen Wald, aus dem Körper heraus‘.“

Als der Dialog sich tiefer mit dem aktuellen Albumtitel befasst, zeigt sich der Frontmann nachdenklich.

„Die Gravitation, also Schwerkraft, ist aus vielen Perspektiven ein äußerst interessantes Konzept. Ich beziehe mich hierbei als kreativer Künstler vor allem auf einen esoterischen und magischen Ansatz. Aber auch die Wissenschaft hat eine interessante Wirkung der Schwerkraft auf die Zeit entdeckt, und arbeitet daran, die Dimension der Zeit zu überwinden. Je mehr Masse etwas hat, desto mehr Schwerkraft - und wenn es ins Extreme geht, dann haben wir ein Schwarzes Loch, das ein Loch im Netz des Universums ist und ein Tor zum Universum B öffnet. Ich erachte Saturnalia Temple daher auch als ein solches Schwarzes Loch, geistig und musikalisch.“

Mit allen bisherigen Veröffentlichungen wurde jeweils ein entscheidender Schritt in eine neue und unerwartete Richtung gemacht, wie Tommie weiter darlegt, und dies geschah vor allem mit überlangen Titelsongs. Eine Art Tradition:

„‚UR‘ vollzog 2007 eine Hypnose in 15-minütiger Spieldauer. ‚Aion Of Drakon' überraschte die Leute dann 2011 massiv und konnte viele zu uns ziehen. ‚To The Other‘ karrte 2015 schließlich den ‚Blues-Black Metal‘ an, der ein weiterer Schritt ins Ungewisse war. Das Wichtigste für mich ist somit aktuell, dass ich das echte Gefühl habe, es geschafft zu haben, dies alles mit dem neuen Titeltrack ‚Gravity‘ nochmals zu übertreffen. Hierin verwenden wir Töne und Noten, die wir selbst noch nie zuvor gehört haben - und es fühlt sich abermalig genau so an, als ob wir wirklich einen Schritt in unbekanntes Terrain machen würden.“

Da stellt sich die Frage, welche Art von Emotionen die neuen Nummern eigentlich dominieren. Für Tommie genau das richtige Stichwort: „Alle unsere Lieder und Texte von Saturnalia Temple basieren auf meiner über 25-jährigen, dunklen spirituellen Initiation und der damit verbundenen magischen Arbeit. Das Material, das wir als Band veröffentlichen, setzt sich genau genommen aus verarbeiteten Erfahrungen zusammen - aus all den Ergebnissen und Konzepten, die mein erwähntes Wirken hervorbringt.“

Es geht dem Mann also nicht nur um bewusste Befindlichkeiten und tiefgründige Gefühle an sich, sondern um jenseitige Erfahrungen und Geisteszustände, fernab des Alltäglichen.

„Wenn man spirituell offen ist, bedeutet das Eintreten in die Schwingung unserer Band, dass man einen Prozess der Individuation beginnt.“

Den gesamten Kompositionsprozess weiß er als leidenschaftlicher Notenhandwerker und Perfektionist immer sehr zu schätzen, offenbart der singende Gitarrist.

„Und da wir die Zeit zwischen unseren Alben noch dazu auch immer so lange verstreichen lassen können, wie wir es wollen, besteht weder der Stress noch die Gefahr, dass man uns zwingen kann, ein Produkt vorzeitig auszuspucken. Da ich alle unsere Releases entwerfe, produziere und abmische, ist es wirklich stets aufs Neue harte Arbeit, weil ich ja gleichzeitig auch alleiniger Gitarrist und Sänger bin. Das kann schon auch mal ein echter Kampf sein. Wir nehmen immer in meinem Sitra Ahra Studio in Schweden auf. Wenn ich erst mal so richtig damit anfange, neue Songs zu schreiben, geht das oft schnell - es kann vielleicht einige Wochen dauern, mehr aber nicht.“

© Markus Eck, 02.02.2020

[ zur Übersicht ]

All Copyrights for band-photos & -logos reserved by its Respective Owners.

Advertising

+++