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Interview: PENUMBRA
Titel: Durch Zeit und Raum

Seit dem Debütalbum „Emanate“ sowie dessen grandiosem Nachfolger „The Last Bewitchment“ hat sich eine Menge bei diesen französischen Gothic Metal-Schöngeistern getan. Ihr aktuelles Album „Seclusion“ beleuchtet das anmutige Schaffen des sehr auf Ästhetik bedachten Septetts von einer überraschend veränderten Seite her.

Betraten sie mit „Emanate“ also noch voller anfänglicher Neugier die Bühne tragischmelancholischer Dramen, so brillierten Penumbra auf dem zweiten Epos „The Last Bewitchment“ mit einer schier verschwenderischen Fülle an bombastisch orchestrierten Monumental-Aufführungen.

Musikalischer Gigantismus und betörend schöne Arrangements sind zwar auch auf dem aktuellen Werk „Seclusion“ zu finden, jedoch scheint diese bewundernswerte Band dafür um einiges besonnener an ihre neuen Stücke herangegangen zu sein.

„Auf unser letztes Album `The Last Bewitchment` erhielten wir überwiegend gute bis sehr gute Reaktionen. Interessant war vor allem, dass die ausländischen Kritiken im Allgemeinen besser als die aus unserer Heimat waren. Das machte uns wirklich glücklich. Weil die ganze Band sich immer ganz besonders Mühe mit den Stücken gibt und jeder von uns immens viel von sich selbst einfließen lässt, sind wir natürlich bei jeder neuen Veröffentlichung sehr neugierig auf die Reaktionen von außen. So herrscht bei uns eine gesteigerte Empfindlichkeit und es tut uns daher extrem weh, wenn man unsere Musik nicht mag. Glücklicher Weise kann ich mich an kein einziges schlechtes Review für `The Last Bewitchment` erinnern“, weiß Bassist Agone am Beginn unseres Gespräches mit Freude in der Stimme zu berichten.

So hofft der Franzose laut eigenem Bekenntnis doch sehr, dass sich Penumbra mit ihrem neuen Album „Seclusion“ gegenüber dem Vorgängerwerk erneut steigern konnten. Agone:

„Zwei ganze Jahre sind seit dem letzten Werk verstrichen. Eine Zeit, in der wir alle uns weiterentwickelt haben, sowohl als Persönlichkeiten als auch als Musiker in der Band. Es ist viel geschehen seitdem, was seine Spuren hinterlassen hat. `The Last Bewitchment` war ein sehr episches Album, sehr orchestral und klassisch gehalten. Auch war diese Scheibe etwas schneller in Sachen Spielgeschwindigkeit. `Seclusion` ist intimer ausgefallen, die Lieder darauf reflektieren unserer gegenwärtigen Emotionen. Auch herrscht durch die neu verwendeten Instrumente und Effekte sowie durch die breiter genutzten stimmlichen Möglichkeiten viel mehr an Atmosphäre vor. `Seclusion` ist daher in vielen Belangen offener, vor allem aber, was unsere stilistische Entfaltung anbelangt“, lässt mich der Bassist wissen.

Daher findet der neugierige Hörer auf dem aktuellen Output von Penumbra auch irische Sackpfeifen, Flöten und typisch bulgarische Melodik vor.

Mein Gesprächspartner legt den zugrunde liegenden Entstehungshintergrund dar:

„Die erzählte Story von `Seclusion` führt an vielerlei verschiedene Schauplätze in differierenden Zeitperioden. Daher mussten wir entsprechende Instrumente einsetzen, um die erwünschten Atmosphären zu erzielen. Wir hatten zum Glück die Möglichkeit, echte Flöten und Sackpfeifen in das Album einfließen zu lassen. Dies passt hervorragend zur Konzeption des neuen Albums, welche mit einer Suche durch Zeit und Raum beschrieben werden kann. In Verbindung mit Metal hören sich diese Instrumente großartig an, wie wir finden.“

Jedoch, trotz modifizierter Klanganmut herrschen auch auf ihrem dritten Album prägnante Klassikeinflüsse vor. Nicht gerade leicht für Agone, die von mir verlangten klassischen Komponisten aufzulisten, die als inspirative Paten gedient haben.

„Jeder in der Band hat da natürlich so seine eigenen Favoriten. Unser Keyboarder Zoltan komponiert die meisten der klassischen Parts bei Penumbra. Meine Einflüsse beziehe ich von Komponisten des Barock wie beispielsweise Delalande, Charpentier und auch Marin Marais. Zoltan hingegen lässt sich mehr von Bach, Mozart oder Vivaldi beeinflussen. Wir übernehmen solche Inspirationen jedoch nicht, ohne unser ganz ureigenes Songwriting daraus zu machen.“

Der aktuelle Albumtitel lässt sich auf vielerlei Weise deuten, wie nachfolgend zu erfahren ist.

„`Seclusion` steht für uns für Einsamkeit, Alleinsein und Isolation – jedoch in stärkender Hinsicht. Gerade der Begriff Isolation ist aber eigentlich das perfekt umschreibende Wort für den Albumtitel, um die dahinter stehende Story zu veranschaulichen. Diese dreht sich um zwei Wesen, welche nicht zusammen leben können, weil sie jeweils anderen Welten entstammen. Obwohl diese beiden immer wieder zusammenkommen, fühlen sie sich hilflos in ihrem Inneren isoliert. Die daraus resultierenden Fragen quälen sie sehr, machen sie simultan aber auch stärker, um den Kampf gegen ihre inneren Dämonen im Alleingang auszufechten.“

Entsprechend der geäußerten Meinung von Agone kann mit dieser Thematik auch eine Parallele ins wirkliche Leben gezogen werden.

„Leben wir alle nicht mehr oder weniger in solcher Isolation? Auch wenn wir von uns liebenden Menschen umgeben sind, ist unser einziger wahrer und wirklicher Begleiter doch letztlich ausschließlich die eigene Persönlichkeit.“

So spinnt die aktuell erzählte Geschichte auf dem neuen Album denjenigen Faden weiter, mit welchem auf „The Last Bewitchment“ begonnen wurde.

„Es wurden viele Eindrücke verwendet, die auch schon zu den Texten auf dem letzten Album führten. Dadurch entstanden abermals mannigfaltige Metaphern, um die diversen Gefühlswelten der fiktiven Charaktere zu übermitteln. Einige der aktuellen Lieder sind persönlicher Natur, andere sind imaginäre Dialoge dazwischen. Alles ist jedoch in logischer Art und Weise lyrisch miteinander verknüpft. So wird der Hörer durch vermittelte Empfindungen wie Erwartung, Liebe, Hass, Verzweiflung und Hoffnung sowie Einsamkeit von Song zu Song weiter geführt.“

© Markus Eck, 03.10.2003

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