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Interview: NOEKK
Titel: Über die Lyrik zum Klang

Über eine Dekade dauerte es, bis sich dieses Duo mit einem weiteren Langwerk erneut offenbart. Und „Waltzing In Obscurity“, der aktuelle Nachfolger zum 2008er „The Minstrel’s Curse“, präsentiert die entrückende Kunst von Markus Stock und Thomas Helm zwar entsprechend gereift, aber immer noch hochgradig eigenständig. Betont atmosphärischer, faszinierend doom-proggiger Vintage Rock der schillernd beschwörenden 70’s-Art ist eben noch immer das Ding von Noekk.

Markus, hierbei unter dem Pseudonym F. F. Yuggoth an Gitarre, Bass und Drums, fühlt sich als sensible Künstlerseele auf diesem Planeten bei seiner Musik einfach auch gegenwärtig am wohlsten. „Tatsächlich wird unsere Welt immer seltsamer, falscher, verschobener und denaturalisierter. Wenn ich Menschen in Städten sehe frage ich mich wie lange die Entfremdung des Menschen von seinem eigenen Wesen noch gut tun kann. Kunst heilt allerdings und hilft zu sich selbst zu finden. Sie ist also wichtiger als je zuvor um Dinge zu verarbeiten und sich in der Welt zurechtzurücken.“

Sänger und Gitarrist Thomas, bei Noekk als Funghus Baldachin auch an den Keyboards, weiß in diesem Kontext zu ergänzen:

„Die Beschäftigung mit Musik und den Dingen, die mir wichtig sind, sind ein bewährter Schutzschild gegen die negativen Aspekte unserer Zeit.“

Dass zwischen dem neuen und der vorherigen Veröffentlichung für so einige Jahre 'Noekk-Pause' war, kümmert ihn nicht - denn die Prioritäten setzt er anders.

„Es ist toll das Album draußen zu haben! Wie es sich klanglich und optisch präsentiert macht mich sehr glücklich, da bin ich allen am Entstehungsprozess Beteiligten dankbar. Die ‚lange‘ Pause hat für mich persönlich keine Bedeutung, weil die Gründe dafür richtig und wichtig waren.“

Mehr: „Ehrlich gesagt hatte ich keine Vorstellung, was ich thematisch mit Noekk machen wollte. Dann bleiben auch die musikalischen Ideen weg. Zusätzlich habe ich mich sehr viel mit der japanischen Kampfkunst Aikido beschäftigt und nebenbei an der Münchener Staatsoper zu arbeiten begonnen.“

Auf seinen Noekk-Künstlernamen F. F. Yuggoth angesprochen, entgegnet Markus in ziemlich mirakulöser Manier: „Dem liegt eine - weitere - Hommage an H.P. Lovecraft von meiner Seite zugrunde und seinem weniger bekanntem ‚Sonett Fungi From Yuggoth‘.“

Neben seinem eigenen Klangschmiede Studio E und der vielfachen Produzententätigkeit ist der bekannte Mystiker auch noch bei mehreren Bands als Sänger, Drummer, Bassist und Gitarrist am Werk. Da liegt die Erwägung nahe, wie man so eine Mehrfachaufgabe eigentlich stemmt, ohne sich dabei innerlich ständig zu erschöpfen.

Markus blickt auf: „Eine sehr gute Frage, da ich mittlerweile an einem Punkt angekommen bin - was auch der Entwicklung der Musikszene geschuldet ist -, mir tatsächlich größere Gedanken darüber zu machen wie ich in Zukunft ohne ‚ausbrennen’ weiter intensiv an Kunst und Musik arbeiten kann, da ich schließlich auch damit meinen Lebensunterhalt verdiene. Der Schlüssel liegt für mich darin, mich noch mehr auf die kreative Arbeit und weniger auf die reproduktive Arbeit zu konzentrieren und meinen eigenen Projekten weit größere Priorität zu schenken als dem Produzieren von Fremdwerken.“

Die für „Waltzing In Obscurity“ vollzogene Kooperation mit dem Mitmusiker wird in den höchsten Tönen gelobt.

„Hervorragend! Thomas und ich kennen und schätzen uns seit den 90er Jahren - jeder weiß was er am anderen hat.“

Aufgrund der Einzigartigkeit des neuen Materials und vor allem auch der stark herauszuhörenden 70s-Nostalgie wendet sich das Gespräch in Richtung musikalischer Einflüsse.

Und diese sind laut Markus auch wahrhaft vielfältig.

„Alles was ich in mir aufnehme, kann sich natürlich als Einfluss wiederfinden. Ich mag immer noch den klassischen Prog der 70er und meine 80er Metal-Helden, aber auch meine berufliche Auseinandersetzung mit der Klassik vom Barock bis zur Moderne spielt sicher mit hinein.“

Das gesamte Songwriting und Ausarbeiten der neuen Kompositionen nahm ungefähr drei Monate in Anspruch, so erzählt er weiter. „Nachdem ich alle Texte von dem Münchner Künstler Peter Wolfgang Kassel alias PWK ausgewählt hatte, mit denen ich arbeiten wollte, ging es ziemlich fix.“

Spezielle Stimmungen, in denen das Songwriting wie geölt vonstatten ging, gab es nicht, so Markus „Ich denke, Ideen kommen immer in einem fokussierten Ruhemoment, dass kann dann durchaus auch in einem vollbesetzten Zug sein.“

Nachdem er alle Stücke fertig hatte, ergab sich schnell eine Liederreihenfolge, welche für ihn dynamisch einen Sinn ergab, erinnert sich der Vielseitige zurück. „Der größte Unterschied zu den früheren Werken von uns ist, dass ich diesmal stringent komponieren wollte, ganz den Texten gemäß eben, was zu recht kompakten Stücken geführt hat. Es passiert viel auf der Platte, was den letzten zehn Jahren geschuldet ist. Und meine Frau zum Beispiel meint, dass der ‚Stranger Things‘-Seriensoundtrack auf dem neuen Album schon deutliche Spuren hinterlassen hat.“

© Markus Eck, 27.08.2019

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