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Interview: METUSA
Titel: Rückkehr ins eigene Ich

„Metusa in Reinform. Metusa wie es schon immer hätte sein sollten. Eine gehörige Portion Folk mit einem guten Teil Rock, einem Esslöffel Punk, angedünstet in etwas Gesellschaftskritik und dann durchgekocht mit einer gehörigen Portion Spaß. Zum Anreichen ein bisschen Pop drüber“, so beschreibt Domenicus der Saitenreiter die neueste Veröffentlichung seiner Truppe.

Und der Mann wünscht dabei auch gleich schon mal guten Appetit. Der singende Gitarrist, der bei den publikumsnahen Baden-Württemberger Mittelalter Folk'n'Rockern auch als Geiger und an der Nyckelharpa tätig ist, freut sich mit seiner Mannschaft schon riesig auf die Veröffentlichung des vierten Albums „Dreckfresser“.

Auch 2015 wurde intensiv gespielt und geprobt, so Domenicus. „Ich war schwer damit beschäftigt an der jetzt im April erscheinenden Platte zu arbeiten. Ansonsten war es das erste Jahr, in dem wir wieder eine entsprechende Routine an den Tag legen konnten. Es dauert einfach doch seine Zeit, bis sich alle wieder beschnüffelt haben. Spannend war, dass wir das erste Mal in der Bandgeschichte das Gefühl hatten, endlich den Metusa-Sound und auch Stil gefunden zu haben. Das hat sich dann natürlich sowohl im Outfit, der Show als auch im Sound widergespiegelt.“

Für ihn ist es ist immer spannend und aufreibend, mit Metusa eine neue Veröffentlichung an den Start zu bringen.

„Natürlich sind wir immer etwas aufgeregt, wie die neuen Songs beim Publikum ankommen. Allerdings haben wir schon einige der neuen Stücke, lange vor Veröffentlichung, live gespielt. Und die Resonanz diesmal ist umwerfend. Freilich entwickelt sich auch Metusa weiter. Stillstand ist schließlich Rückschritt.“

Metusa ist ein Kunstgriff, eigentlich ein Schachtelwort.

„Wir hatten in der Anfangszeit der Band verschiedene Namen, die uns nicht gefallen haben. ,Carpe Noctem‘ gefiel uns genau einen feuchtfröhlichen Abend lang. ,Kandelratten‘ (schwäbisch für Bordsteinratten) hatte die Presse meist als ,Kanalratten‘ interpretiert und schied somit ebenfalls aus. Auf der Rückfahrt von Speyer im Jahr 2007 entschieden wir, dass wir nicht aus dem Auto steigen, bevor wir uns nicht für einen Gruppennamen entschieden haben. Wir tranken alle zu dieser Zeit gerne und viel Met, folglich musste das auch im Namen wieder zu finden sein. Da Metallica schon belegt war landeten wir eben bei Metusa.“

Zwischen all den Mittelalter-Formationen dieser Tage setzen sich Metusa vor allem durch das verwendete Instrumentarium ab, wie der Frontmann erläutert. „Ich denke, wenn man uns verorten müsste, sind wir mittlerweile näher an Fiddler‘s Green als an dem, was man Mittelaltermusik nennt. Wir haben sehr großen Spaß an der Szene sowie an der Musik. Aber wie sich bei ,Zahn der Zeit‘, der vorigen Platte schon herauskristallisiert hat, bewegen wir uns doch immer mehr zu etwas, das man eher als Rock oder Punk, denn als Mittelaltermusik bezeichnet. Musikalische Einflüsse haben wir viele! Da ist von Duivelspack bis Saltatio Mortis alles dabei.“

Zur Zusammenarbeit der einzelnen Bandmitglieder für die neue Veröffentlichung „Dreckfresser“ befragt, gerät der Mann merklich ins Schwärmen.

„Metusa hat im Laufe der Jahre eine tolle Konfliktkultur entwickelt und alle arbeiten entsprechend ihrer Stärken sehr intensiv an diesem Projekt mit. Es würde den Rahmen des Interviews sprengen das alles aufzuzählen, zu erklären und zu erörtern. Kurz: Grandios.“

Der weitere Dialog widmet sich dem Zustandekommen der speziellen stilistischen Mixtur, die man auf der neuen Scheibe erleben kann.

„So gemein das klingen mag - aber eine Weile lang hat sich auch bei uns die Frage breit gemacht, ,Was könnte dem Zuhörer gefallen?‘. Dabei ist leider in den Hintergrund gerückt, was uns selbst gefällt. Ich denke, das passiert jeder Band im Laufe ihres Schaffens. Mit dem 2014er Album ,Zahn der Zeit‘ war aber allen Metusa-Protagonisten klar, dass wir wirklich Lust auf moderne Arrangements, moderne Kompositionen zwischen Rock Folk und einer Prise Pop haben. Und dass wir einfach ab und an gerne einen Evergreen einfolken. Anstatt uns darüber den Kopf zu zerbrechen, ging‘s einfach drauflos. Diese Freude und Energie kann man fühlen, sehen und vor allem hören. Im Grunde sind wir zurück zu uns selbst gekommen: Moderne Spielleute. Ja, wir schlafen auch im neunten Jahr noch immer nicht im Hotel sondern im Zelt, auf der Bühne, oder im Anhänger“, entfährt es dem Kerl, von einem breiten Grinsen begleitet.

Musikalisches Mastermind bei Metusa ist er, Domenicus der Saitenreiter, wie in Erfahrung zu bringen ist. „Ich spiele unzählige Instrumente und mache schlicht seit 31 Jahren unterbrochen Musik. Ich bin dabei in fast jeder Stilrichtung zuhause. Unvergessen sind die Bilder von mir, wo ich in Lederhosen volkstümliche Musik gemacht habe. Ich trage den Bärenanteil an dieser Arbeit. Aber ich gehe sehr offen damit um. Texte stelle ich gerne und offen zur Diskussion. Freilich habe ich eine klare Vorstellung, aber alles was einen Song besser macht, ist mir willkommen. Diverse musikalische Stimmen komponiere ich als gelernter Organist leider oft so, dass sie auf einigen Blasinstrumenten nicht mehr abzubilden sind.“

In derlei Fällen kommen dann die anderen Mitglieder aus der Gruppe ins Spiel und biegen alles so hin, dass es wieder spielbar ist, wie Domenicus offenbart.

„Wäre Verena, Flöten und Gesang, keine solche Wahnsinnsmusikerin und Alanna, Dudelsack und Querflöte, nicht so abartig geduldig und zäh… [lacht] Frank ,Odin‘, E-Bass und Background-Gesang, arbeitet häufig intensiv an den Texten mit. Aber auch Verena hat schon das eine oder andere Lied mit Hitpotential beigesteuert. ,König von Morgen‘ stammt aus ihrer Feder. Ich werfe dann schlicht all mein Gewicht ins Rennen um den Song so zu gestalten, dass er der Songwriterin auch wirklich gefällt und es von einer sechsköpfigen Band auf der Bühne spielbar ist.“

Wie viel Zeit das gesamte Songwriting und Ausarbeiten des neuen Materials in Anspruch nahm, ist schwierig zu beziffern. „Aber zwischen zwölf und 18 Monaten liegen da immer dazwischen. Ich und die Band sind eigentlich immer am Schreiben. Mal sehr konzentriert, mal sehr sporadisch. Beizeiten sogar auch mal kurz ins Handy singend um Ideen festzuhalten.“

Und was erhofft sich Domenicus der Saitenreiter primär für die neue Metusa-Scheibe und insgesamt für 2016? „Ein fettes Jahr mit fetten Gigs und viel Spaß auf der Straße. Nicht mehr. Nicht weniger.“

© Markus Eck, 20.03.2016

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