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Interview: MARDUK
Titel: Brutale Linientreue

Nachdem diese unverwüstlichen Schweden nach langen Jahren derselben Besetzung ihr Line-Up umgestellt haben, melden sich Marduk in effizienter Quartettformation nun wieder mit voller Kampfkraft zurück zu den Klangwaffen.

So ist das neunte Albumgemetzel „Plague Angel“ ohne jeden Zweifel der bisher brutalste Black Metal-Output dieser manisch blasphemischen Horde überhaupt.

Ja, eine dermaßen rigoros wütende Schwarzmetallscheibe von solch immenser akustischer Wucht und simultaner rasiermesserscharfer instrumenteller Hochgeschwindigkeits-Präzision scheint bisher überhaupt noch nicht gehört worden zu sein. Gitarrist Morgan Steinmeyer Håkansson bestätigt mir meine ihm geschilderten Eindrücke:

„`Plague Angel` unterscheidet sich sehr von allem, was wir bisher so gemacht haben. Dieses neue Album ist um einiges extremer und schneller als unser bislang kreiertes Material, und das in vielfacher Hinsicht – musikalisch, textlich und vor allem auch in Sachen Produktion. Denn wir wechselten seit längerer Zeit mal wieder das Studio, in welchem wir von 1996 bis 2002 aufgenommen haben, nämlich das berühmte Abyss Studio von Hypocrisy-Frontmann Peter Tägtgren. `Plague Angel` wurde im Endarker Studio unseres neuen Bassisten Devo Andersson aufgenommen, die Zusammenarbeit war durchweg von geradezu magischer Übereinstimmung der Ziele. Gemastert wurde schließlich von dem erfahrenen Soundtüftler Peter in de Betou, der bereits sehr gute Ergebnisse für Bands wie Dimmu Borgir, Meshuggah und Rammstein erzielt hat“, weiß das Sprachrohr von Marduk zu berichten.

Morgan hängt mit ebenso schnell gesprochenem wie auffallend präzisem Englisch daran an: „Der Sound, den wir aus dem Abyss nach Hause getragen hatten, war uns irgendwann viel zu sauber und irgendwie auch um einiges zu digital. Wir wollten rauer und trotzdem druckvoller klingen, eben mit einem stark puristischen Schwarzweiß-Sound, könnte man auch sagen.“

Ihren zahlreichen Fans wollten Marduk auf jeden Fall treu bleiben, wie der Axeman, Komponist und Songtexter der vier Schweden sich anschließend ergänzt: „Wir haben eine perfekte Einheit aus Musik, Texten, Frontcover und 24seitigem Booklet-Layout geschaffen: Das Ding kommt daher wie eine Faust ins Gesicht. Und obwohl die aktuellen Songs brutaler und dabei auch variantenreicher ausgefallen sind, ist `Plague Angel` ein typisches Marduk-Album geworden. Die jetzt zum Tragen gekommene Entwicklung zeichnete sich ja schon mit den letzten Jahren bei Marduk ab, für uns war dies daher eine rein natürlich entstandene Form solcherlei Progression. Eben der Weg, wie wir die Dinge sehen und sie auch reflektieren.“

Im zügigen gegenseitigen verbalen Schlagabtausch kam das angeregte Gespräch schnell an den Punkt der veränderten Bandbesetzung, welche Morgan wie folgt kommentiert:

„Wir wechselten unseren alten Sänger Legion bekannter Maßen Ende 2003 aus, für ihn kam Mortuus, der zuvor u.a. hauptsächlich bei unseren Landsleuten Funeral Mist sang. Ich wollte genau ihn haben und bekam ihn dann auch. Ich bin sehr zufrieden mit Mortuus bis jetzt. Obwohl ich auch mit den Leistungen und dem Einsatz von Legion immer zufrieden war, mit dem wir immerhin achteinhalb Jahre zusammenarbeiteten. Sofort nach seinem Einstieg bei Marduk beteiligte sich Mortuus an fast allem, was das neue Album anbelangt: Den Songs, den Texten, dem Layout der CD usw. Mit ihm teile ich Hingabe und Faszination für eine ganze Reihe von Dingen, er ist schlicht gesagt der perfekte Mann für uns.“

Den vakanten Posten des Bassisten übernahm hingegen Tieftöner Devo Andersson, der bereits von 1992 bis -94 in Diensten von Marduk stand:

„Unser vorheriger Bassist B.War wechselte in die USA über, nachdem er über zwölf lange Jahre in der Band war. Keine Ahnung, was ihn so genau dazu bewegte; Menschen verändern sich eben. Devo zögerte jedoch Mitte Mai letzten Jahres 2004 keine Sekunde, wieder bei uns einzusteigen, nachdem er uns da vor exakt zehn Jahren verlassen hatte.“

Der aktuelle Albumtitel steht laut Aussage von Morgan als rote Linie für die enthaltenen Songtexte:

„Diese drehen sich um die verschiedensten Plagen der Menschheit sowie den aus ihnen resultierenden Tod in all seinen Formen. Ich werde hier nicht näher auf die Texte der neuen Songs eingehen; unsere Fans sollen sie wie immer in aller Ruhe durchlesen und sich eigene Meinungen beziehungsweise Anschauungen darüber bilden. Viele, beziehungsweise fast alle der Lyrics auf `Plague Angel` basieren auf historisch tragischen Gegebenheiten, da ich viel lieber Texte über reale historische Ereignisse wie Kriege, Massensterben und Seuchen schreibe, als mir wie so viele andere Bands in unserem Genre irgendetwas auszudenken. Solcherlei Thematiken faszinierten mich schon seit jeher. Dabei entsteht dann auch immer Musik für Marduk in meinem Kopf. Dussligen Fantasietexten über Trolle, manisch suizidalen Depressionen oder melancholische Nebeltage kann ich jedenfalls absolut nichts abgewinnen. Davon abgesehen, würde so eine ausgelutschte Scheiße sowieso nicht zur extremen Attitüde und zum brachialen Sound von Marduk passen.“

Was das diesmal optisch eindringliche Frontcover von „Plague Angel“ betrifft, so waren wir uns darüber einig, dass es uns beiden auch noch in 20 Jahren gefallen wird. Morgan: „Es sollte zeitlos sein, und dabei exemplarisch für Tod und Verfall stehen. Die dafür zugrunde liegende Fotocollage entstammt Bildern von der alten Berliner St. Nicolai-Kirche.“

© Markus Eck, 02.01.2005

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