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Interview: MANNTRA
Titel: Gemeistertes Wagnis

Kribbelnd neue Aufbruchsstimmung im Lager der Kroaten! Hatten Manntra ihre ersten drei Alben noch rein in der Landessprache besungen, erscheint das neue Album „Oyka!“ nun erstmals mit englischen Lyrics. Klanglich geht die abenteuerliche und interessierte Reise der außergewöhnlichen Formation weiter wie bisher - kernig gespielter, auch melodisch gehaltvoller Metal, inbrünstig und leidenschaftlich, mit gleichermaßen gewichteten Industrial- und Folklore-Bestandteilen versehen.

Woher die tiefe, spirituelle Aura seiner nonkonformen Hartmusik kommt? Darauf hat Sänger Marko Matijević Sekul eine ganz eigene Antwort, schließlich konnte er sich bereits als Zwölfjähriger schon sehr für Musik an sich begeistern.

„Ich erinnere mich noch gut“, sagt er mit erhellter Miene, „es begann vor ungefähr 15 Jahren, als mein Bruder mir damals eine Musikkassette des berühmten Depeche Mode-Albums ‚Ultra‘ kaufte. Davor konnten mich lediglich Fußball und diverse Videospiele in den Bann ziehen. Als ich mir dann im Alter von 15 Jahren den Fuß beim Fußballspielen als Torwart brach, war das wohl Unglück und Glück in einem. Ich hatte einen Monat zu ruhen und komplett still zu liegen deswegen. Mir war schnell langweilig dabei, weswegen ich auf der Gitarre eines guten alten Freundes herumzuklimpern begann. Früher hatte ich schon meine ersten Erfahrungen mit der Klampfe als Bassist in einer Coverband gesammelt, doch dies kam über ein Spaßprojekt nie hinaus. Mein für mich typischer Ehrgeiz erwuchs jedenfalls erneut - und so übte ich schließlich mehr und mehr. Bereits nach vier Wochen konnte ich bereits meine Lieblingssongs spielen.“

Als das Gespräch zu den ersten drei Langdrehern von Manntra übergeht, fangen seine Augen noch viel mehr zu strahlen an. „Wir wurden im Laufe der Zeit zu regelrechten Underground-Helden hier - mittlerweile hat zumindest jeder im Land unseren Bandnamen mindestens schon mal gehört oder gelesen. Wenn wir auch noch bei euch in Deutschland so berühmt werden, könnten wir uns als echte Institution titulieren“, lacht der Frontmann in ansteckend ausgelassenem Gestus.

Auf den Dreh mit den englischen Songtexten kam die Band letztlich durch die Gigs, die außerhalb der Heimat gespielt wurden. „Das ging auf einmal ganz schnell, nachdem der Gedanke erstmal aufkam beziehungsweise gefasst war. Diese Konzerte waren schließlich sehr gut aufgenommen worden. Also dachten wir uns, wie die Leute auch außerhalb von Kroatien ihre Freude an Manntra haben könnten. Die Antwort lag ja praktisch direkt auf der Hand - international verständliche Texte! Ich würde auch ungemein gerne einen oder mehrere Lieder auf Deutsch singen, aber die Sprache beherrsche ich leider nicht. Es liegt zwar ein gewisser Charme darin, etwas zu singen, das niemand versteht, aber am Ende nützt es herzlich wenig, wenn man auf der sonstigen Welt keinen Dunst hat, worüber es in den Stücken der eigenen Band eigentlich so geht.“

So hofft der Sänger, wie er wissen lässt, dass möglichst viele Menschen auf dem Planeten durch die erzählten Stories des neuen Manntra-Albums gut unterhalten, fasziniert oder auch inspiriert werden.

„Es ist immer schön, wenn sich Hörer mit Texten identifizieren können und für sich jeweils etwas rausziehen können. Für uns alle in der Gruppe ist ‚Oyka!‘ ein wirklich wichtiges Album, und das nicht nur, weil es unser Debüt in Englisch ist, sondern auch, weil wir auch erstmalig in unserer Historie als ein richtiges Team daran gearbeitet haben. Es floss all unserer Energie und unser Herzblut mit ein, und ich bin mir sicher, dass die Leute das auch beim Anhören so spüren werden.“

Anlass zu entsprechend berechtigten Hoffnungen auf breiteren Erfolg geben Manntra die wohlwollenden Reaktionen auf die beiden bisherigen Singles, so Marko. „Bis jetzt erreichten sie bislang zusammen über eine halbe Million Youtube-Views in zwei Monaten! So kann es nur zu gerne auch weitergehen für ‚Oyka‘.“ Von den Zahlen mal ganz abgesehen, wurden uns aktuell aber auch haufenweise positiv-energische bis regelrecht enthusiastische und unterstützende Reaktionen zuteil, war uns schon vollkommen glücklich macht. Somit zahlt sich die Entscheidung des englischsprachigen Albums bislang definitiv voll für uns aus. Aber ich denke, wir haben es uns verdient. Ich bin ganz ehrlich, wir sind dafür nämlich schon eindeutig aus unserer ‚Comfort Zone’ herausgetreten. Es war ein aufregender und spannender Prozess, und auch die Frage beschäftigte uns dabei natürlich ständig, wie das Ganze sich wohl im Weiteren entwickeln würde. Jetzt fühlen wir uns wie von einer schweren Bürde entlastet, und das ist einfach nur wunderbar.“

Vorab wurde der Songwritingprozess noch ganz gezielt neu durchdacht und dann verändert, wie weiter berichtet wird. „Diesmal gingen wir strikt gemäß der ‚alten Schule‘ an unser Material ran. Wir trafen uns im Studio ohne jede Idee, was genau eigentlich dabei herauskommen sollte. Dann jammten wir munter und frohgemut drauflos und ließen dabei den Empfindungen, allerlei Improvisationen und vielen frischen Ideen ihren jeweils absolut freien Lauf. Vor allem auch die Live-Elemente waren uns dabei von Anfang an von ganz besonderer Wichtigkeit. Wir waren auf einer ureigenen Mission: Zehn Tage, in denen wir zehn Songs fertigbekommen wollten. Es gibt die reizvolle Legende, dass die Beatles es so für eines ihrer erfolgreichsten Alben gemacht haben, und genau so etwas wollten wir auch umsetzen, ohne uns groß um kompositorische Details kümmern zu müssen. Es sollte alles direkt aus dem Bauch und aus dem Herz heraus kommen. Deswegen gerieten uns die Stücke für ‚Oyka!‘ final dann auch so herrlich straight und dennoch so musikalisch und eingängig.“

Darüber hinaus bietet die aktuelle Tracklist auch so einige, historische Folkinstrumente, die dem neuen Sound sozusagen auf den Leib maßgeschneidert wurden, verkündet der Mann.

„Die Mediterrane Mandoline beispielsweise, wie sie vor allem im Süden Kroatiens geschätzt und geliebt wird. Daneben sind einige Flöten und Sackpfeifen zu hören, die von einem alten Handwerker extra für uns hergestellt worden sind. Und unbedingt zu erwähnen ist dabei noch, dass unsere Bassistin Maja als Co-Vokalistin mitwirkt, die ihren Gesang in einem sehr traditionell gehaltenen ‚Folky-Style’ darbietet, und das verleiht der neuen Manntra-Mixtur doch ein großartiges Flair!“

Dennoch war es anfangs ziemlich hart für ihn als Sänger und Texter, so Marko, auf einmal nach längerer, vertrauter Zeit auf eine ganz andere Sprache umzusteigen. „Es stellte tatsächlich eine riesengroße Herausforderung dar, das gebe ich völlig unumwunden zu. Mit die mächtigste Neugier hegte ich dafür, wie sich die Emotionen für mich anfühlen würden beim englischen Besingen der Stücke - und ob es mir dieselben beziehungsweise ganz andere Facetten eröffnen würde. Anfangs war es erwartungsgemäß knifflig und ziemlich anstrengend. Zeitweise fühlte ich keine Verbindung zwischen dem, was ich thematisch mitteilte und dem, was in mir gefühlsmäßig dabei vorging. Doch irgendwann machte es einfach ‚klick‘ in meinem Kopf und alles sollte sich schlagartig ändern. Das war überwältigend. Meine ganze Wahrnehmung dazu verändert sich drastisch und es fing an, sich richtig gut anzufühlen, was die weitere Arbeit an ‚Oyka!‘ zu einem einzigen Vergnügen werden ließ! Dennoch behielten wir das eher ‚raue‘, fast schon primitive Englisch bewusst bei, dass zu diesem Funkensprung führte, und vermieden es tunlichst, polierte Sprachführung anzuwenden, wie man es von amerikanischen Acts eben zur Genüge kennt. Uns ist die markante Individualität von Manntra aber am Ende doch um einiges lieber.“

© Markus Eck, 25.07.2019

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