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Interview: KORPIKLAANI
Titel: Zu Ehren von Naulinkari

Mit dem vorhergehenden 2006er Studioalbum „Tales Along This Road“ konnte dieser spielfreudige finnische Forst-Clan seine fröhlich beschwingenden Rasanz-Hymnen gezielter als je zuvor in zahlreiche Ohren schießen.

Umjubelte Auftritte auf einer Vielzahl an internationalen Freiluft-Veranstaltungen dienten dem trinkfesten Trupp dabei wie gewohnt als optimales Podium, um solch´ oberschmissige Liederkunst leibhaftig darzubieten.

Egal, ob beispielsweise in Wacken, auf dem Masters Of Rock- oder dem Metalmania-Festival und dergleichen mehr, überall fanden die flinken Finnen ein haltlos-frenetisches Fan-Publikum vor, welches seine Lebensfreuden nur zu gerne von den mitreißenden Korpiklaani-Kompositionen entfesseln ließ. Kaum davon erholt, machte sich das Sextett schon wieder daran, neue hochdynamische Folk Metal-Nummern zu schreiben.

Resultat ist der neue und vierte Langspieler „Tervaskanto“, was übersetzt „Alter Mann“ bedeutet.

Und alles andere als alt muten die aktuellen Stücke an, deren belebende Unverbrauchtheit erneut selbst die betagten Tanzbeine von Spätrentnern zum rhythmischen Aktionismus zwingt.

Nur mit einiger Mühe bringe ich Gute-Laune-Gitarrist und Rentier-Reiter Jonne Järvelä also mal wieder vom enthusiastischen Saitenschrubben ab, um ihn zum aktuellen Korpiklaani-Klangteller zu befragen.

„Dass die neue Platte so dermaßen flüssig und dabei so sehr in sich geschlossen klingt, liegt vor allem auch daran, dass wir seit mehr als zwei Jahren in derselben Besetzung zusammenspielen. Unser Bassist Jarkko ist der neueste Mann in der Band, und er betätigt sich schon bestens als aussagefreudiges Sprachrohr von Korpiklaani. Der Kerl liebt es ohnehin, sich ständig mit jemandem zu unterhalten und auch sonst den ganzen Tag zu reden, von daher sind wir doppelt glücklich mit ihm in der Gruppe“, entgegnet mir Jonne, der bärtige Langhaarige eingangs, der sonst auch noch das Gesangsmikrofon malträtiert.

Auf dem neuen Tonträger „Tervaskanto“ ist auch ein ganz spezielles Stück enthalten, welches die linientreuen Lokalpatrioten dem klitzekleinen Dörfchen Vesilahti gewidmet haben. Jonne expliziert:

„Dort hatten sie auch eine Band, in welcher unser Bassist Jarkko als Jugendlicher früher die vier Saiten zockte. Das Stück `Vesilahden Veräjillä`, was übersetzt soviel wie `An den Toren von Vesilahti` bedeutet, erzählt jedoch nicht von den Tagen unserer Kindheit und darüber hinaus. Vielmehr geht es darin lyrisch um die uralte Zeit, als die ersten christlichen Priester damals nach Finnland kamen und versuchten, all die ansässigen Menschen vom Heiden- zum Christentum zu bewegen. Es war beileibe keine leichte Aufgabe für diese missionierenden Gottesmänner, von denen auch einer den Weg nach Vesilahti fand. Und es war der letzte Ort, den er bekehren sollte, denn einer der berühmtesten historischen Schwertmänner und Hordenführer namens Kirmu tötete ihn an einer kleinen Flussinsel. Kirmu nagelte den Priester danach an den größten Pinienbaum auf dieser Flussinsel, denn der Mann erzählte den Leuten schlimme Geschichten von Kreuzen und damit verbundenen Nagelungen. Kirmu hatte und liebte seine eigenen Götter, und er wollte die ganzen blutigen Storys von Jesus und den Kreuzen absolut nicht hören. Die kleine Flussinsel erhielt daraufhin den Namen Naulinkari, übersetzt `Nagelungsinsel`. Und ich sah diese Insel täglich, wenn ich aus dem Fenster meines alten Kinderzimmers blickte.“ Eine schöne Geschichte.

Als er und ein paar Kumpels damals in der Zeit von 1993 bis -96 noch in seiner Heimat traditionelle Folkloremusik auf Akustikinstrumenten darboten, erlebte Jonne seine wildesten Zeiten, wie er bekennt.

„Im HulluPoro-Restaurant ließen wir die Puppen tanzen, und wir hatten allesamt einen Heidenspaß dabei. Es war wie ein schöner Traum: Die dortigen Skifahrer und Touristen, vor allem die Deutschen, tanzten regelmäßig zu unseren Klängen ausgelassen auf den Tischen.“

Und zu dieser Zeit hätte der Saitendehner, mittlerweile verantwortungsbewusster Familienvater, sich auch nicht träumen lassen, demnächst eine Japan-Konzerttour absolvieren zu dürfen.

Denn der einwöchige Fernost-Trip im September dieses Jahres umfasst drei Auftritte, jeweils in Tokyo, in Nagoya und Osaka. Zwischen den Auftritten wird die beliebte skandinavische Forsthorde haufenweise Interviews für die dortigen Musikmedien geben.

Mein Gesprächspartner präzisiert zu diesem Kontext: „Seit einiger Zeit schon bekommen wir viele Meldungen und Anfragen von Fans und Agenturen aus Japan, was von Album zu Album sogar immer mehr wird. Ich erfuhr auch, dass unseren Videoclips dort schon seit Jahren so einiges an Präsenz und Aufmerksamkeit zuteil wird. Unsere japanischen Anhänger sind also sehr aktiv für uns, sodass wir die kommende Nippon-Tour auch als entsprechende Danksagung unsererseits betrachten.“

Der Finne vertraut den Lesern noch an: „Hoffentlich bekommen wir dort etwas Anständiges zu beißen, denn ich habe ehrlich gesagt so gar keine Lust darauf, Sushi zu futtern.“ Dann lacht er laut und offenbart noch:

„Ich denke daher, ich werde wohl meine eigene Gabel und einen Löffel im Gepäck mitschmuggeln, denn ich habe keinerlei Ahnung davon, wie man mit diesen komischen Stäbchen isst.“ Auch allerlei eindeutige Avancen hat der ausgesprochene Naturbursche von den weiblichen japanischen Fans bereits zur Genüge erhalten, doch er stellt dazu mit verschmitztem Lächeln eindeutig klar:

„Ach, ich überlasse solcherlei doch viel lieber den unverheirateten Bandmitgliedern.“ Sehr vernünftig, und seine Mitmusiker werden da auch rein gar nichts dagegen haben.

© Markus Eck, 04.06.2007

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