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Interview: KARKADAN
Titel: Idealistisch gesinnt

Dieses süddeutsche Quintett spielt herrlich düstermelodischen Black Death Metal, dessen manisch melancholische Dark- und Heavy Metal-Tendenzen wie ein aufmüpfiger Ackergaul nach allen Seiten recht ungestüm ausschlagen.

Trotz der gebotenen schwermetallischen Klangvielfalt wirkt hierbei aber alles wie aus einem Guss. Klingt nach einer ebenso eigenständigen wie auch interessanten Mischung? Ganz genau so ist es, in der Tat. So konnten Karkadan bereits mit ihrem 1999er Vorgängeralbum „Eternal Black Reflections“ in positiver Weise auf sich aufmerksam machen.

Nun endlich ist der Albumnachfolger „Utmost Schizophrenia“ auf die bleiernen Beine gestellt. Und dem in seiner Musik vollkommen aufgehenden Fünfer um Sänger Robby Beyer gelang eine beachtliche musikalische Leistung, um nicht zu sagen ein Meisterwerk an vertonten rabenschwarzen Emotions-Kapriolen. Beyer bezieht Stellung zur gegenwärtigen Situation seiner Band.

„Wir hoffen, dass man uns nach wie vor nicht so recht in irgendeiner Ecke platzieren kann. Denn das, was Karkadan seither ausgemacht hat, war einfach ein großes Maß an Abwechslung und das haben wir eigentlich beibehalten. Wenn man von der Publicity spricht, so kann man uns sicher nach wie vor eher als Underground-Band betrachten“, schätzt der trotz hasserfüllter Phrasierungen immer wieder sehr einfühlsam agierende Shouter in aller Nüchternheit fest.

Wie sich im weiteren Verlauf des Gespräches auftut, ist der Bandname der persischen Mythologie entlehnt. Robby erläutert: „Karkadan ist der Name eines Tieres, das halb Säbelzahntiger und halb Einhorn ist. Es heißt, dass es ein sehr blutrünstiges Tier war, aber mit dem Gesang der Nachtigall gezähmt werden konnte. Das beschreibt eigentlich ganz gut die Stimmung in unserer Musik, die manchmal melancholisch verträumt und manchmal doch um einiges aggressiver daherkommt.“ Die wissen was sie tun, und was sie wollen, ohne Zweifel.

Der Metal der 1980er und 1990er war damals, vor nun schon sieben Jahren, der Grund, warum Karkadan damals aus der Taufe gehoben wurde, wie nachfolgend zu erfahren ist.

„Skandinavischer Black Metal der neuen Generation, welcher damals allerdings noch in den Kinderschuhen steckte sowie einige alte Thrash Metal-Heroen hatten mächtig Eindruck auf mich gemacht und so wollte ich selbst etwas Ähnliches schaffen.“ Das erklärt die stilistische Ausrichtung von Karkadan erschöpfend.

Und eigentlich war diese spezifische Mischung schon von Beginn an Programm in dieser begabten Truppe. Der Sänger lässt hierzu verlauten: „Entgegen meinen damaligen Intentionen von 1997, rauen Black Metal zu spielen, entwickelte sich die Band mit jedem neuen Mitglied weg von selbigem hin zu einer Melange mit einigen Zutaten an traditionellem Metal und Death Metal. Mittlerweile ist eine gesunde Mischung aus Melodie und Aggression schon fast unser Markenzeichen. Da im Endeffekt jedes der Mitglieder seinen Teil zum Songwriting und zum Gesamtsound beiträgt, ergibt sich zwangsläufig ein Schmelztiegel, der die Vorlieben aller in sich vereint.“

Und jeder der fünf Musiker in Karkadan legt hierbei eine andere Sichtweise an den Tag, was auch schon die differierenden musikalischen Vorlieben mit sich bringen.

„Eigentlich legt jeder auf andere Aspekte im Metal wirklichen Wert. Ich kann hier jedoch nur für mich sprechen. Ich fühle mich der Metal-Szene nach wie vor sehr verbunden und fühle mich dabei auch verpflichtet, ihr etwas zurückzugeben – was ich mit meinem eigenen Label Supreme Chaos Records und vielen Veranstaltungen, darunter auch das Metallic Noise Festival, versuche in die Tat umzusetzen. Da gehört natürlich viel Idealismus dazu, aber das war schon immer ein wichtiger Bestandteil der Metal-Szene – purer Idealismus. Leider finden sich in den letzten Jahren immer mehr Idioten ein, die meinen, cooler als andere sein zu müssen, so wie es auch in der Hip Hop-Szene üblich ist. Je böser, desto besser. Dass damit gerade der wahre Spirit verloren geht, den sie für so wichtig halten, kapiert keiner.“

Für eine Band ohne großen Namen lief das erste Album „Eternal Black Reflections“ ganz gut, wie Robby weiter preisgibt. „Wir haben ja auch über vier Jahre lang kein neues anbieten können“, grinst er verschmitzt. „Sicher gibt es Bands, die mehr verkaufen, aber wir sind eigentlich sehr zufrieden damit, wie es läuft. Es ist ein langer, schwerer Weg nach oben, den man sich hart erarbeiten muss.“

Obwohl die Reviews dafür durchweg positiv ausfielen, ist die Combo selbst heutzutage allerdings nicht mehr zufrieden mit dem Album: „Es hat einfach zu viele Keyboards und einen zu rockigen Sound. Da fehlt eine gehörige Portion an Wumms. Das wurde dann auch manchmal bemängelt, aber hat sich mit dem neuen Album ja entsprechend geändert.“

Mit dem Ergebnis von „Utmost Schizophrenia“ hingegen können sie alle sehr gut leben. „Mittlerweile sind wir recht zufrieden. Direkt nach dem Studioaufenthalt war speziell ich sehr unzufrieden, aber das bringt wohl die Nähe mit sich als auch die vielen Scherereien, die wir mit dem neuen Album so hatten. Es war nicht einfach. Da denkt man natürlich über viele Sachen nach, die man hätte besser machen können. Im Vergleich mit vielen anderen Bands sind wir aber ganz gut im Rennen, denke ich. `Utmost Schizophrenia` ist ein qualitativ hochwertiges Album, das wirklich viel fürs Geld bietet und Spaß macht. Darum geht es ja im Endeffekt auch. Es ist definitiv ein starkes Album.“

Die Band Karkadan fungiert als Einheit, generell sind also laut Robbys Aussage alle Mitglieder gleichberechtigt. Er ergänzt:

„Allerdings hat in der Vergangenheit unser alter Gitarrist einen Großteil des Songwritings übernommen und die gesamte Band hat dann jeweils die Feinheiten ausgearbeitet. Nun sind wir total heiß drauf, mit dem neuen Line-Up da anzuknüpfen, wo wir mit dem alten aufgehört haben.“

Wir kommen auf das Album-Frontcover zu sprechen, das doch eine etwas verwirrende Optik aufweist.

„Das höre ich in letzter Zeit ständig. Dass das Cover so viel Beachtung bekommt, hätte ich nicht gedacht. Aber irgendwo gibt das dem ganzen Cover-Artwork ja auch wieder recht, denn das ist ja Sinn eines Covers. Es handelt sich stets um Bilder, wie auch im Inneren, die Gesichter zeigen, die aus der Ebene herauszukommen versuchen, in der sie sich gerade befinden. Das Cover selbst sollte man mit der Rückseite des Booklets betrachten, sprich, das Booklet aufklappen, dann erschließt sich das Ganze doch etwas mehr. Es soll einfach eine Art Zerrissenheit, ein Stück Wahnsinn darstellen, dem Titel entsprechend.“

Der Albumtitel „Utmost Schizophrenia“ soll laut Robby absolut höchste Schizophrenie, Zerrissenheit, die Spaltung einer Seele und das Wissen darum bedeuten. Er regt zum Nachdenken an:

„Ich denke, es kann einen doch fertigmachen, zu wissen, dass man in der nächsten Minute ein völlig anderer Mensch sein kann, dass man selbst etwas sein kann, dass man mit seinem eigenen Verstand nicht begreift und das einem so unendlich unwirklich erscheint.“

Die Inspirationsquellen für die Songs von Karkadan sind daher stets Momente der Verzweiflung, der Einsamkeit und der Hilflosigkeit.

„Jeder von uns fühlt sich manches Mal dem Wahnsinn viel zu nah. Genau das ist dann der richtige Augenblick, um zum Stift zu greifen und die innere Gefühlslandschaft zu Papier zu bringen, wodurch jegliche Arten von dunklen Emotionen zu Tage kommen. Das ist auch die Essenz der Texte für Karkadan, ein gewisses Maß an Melancholie vermengt mit Hass.“

Früher haben diese Schwaben noch versucht, mit Feuer und Ähnlichem auf der Bühne auf sich aufmerksam zu machen. Doch: „Bei Karkadan steht aber die Musik im Vordergrund, weshalb wir uns heute auf eine reine, mit Energie geladene Metal-Show konzentrieren. Es muss einfach etwas passieren. Eine gute Band kann auf der Bühne das Publikum wie ein guter Entertainer paralysieren. Dass dabei natürlich auch der musikalische Aspekt nicht zu kurz kommen soll und ein Level an Fähigkeiten, Studio-Songs auch im Konzert umzusetzen, vorhanden sein muss, versteht sich von selbst. Wer möchte kann sich gern auf unserer Homepage über anstehende Konzerte informieren und sich dann selbst ein Urteil bilden, ob wir dazu in der Lage sind.“

In der nahen Zukunft möchten Karkadan ihr neues Line-Up weiter festigen, damit sie sich ab Herbst 2004 dem Schreiben neuer Songs widmen können. Robby schließt ab: „Mit einer neuen Scheibe kann es aber noch einige Zeit dauern. Natürlich sind wir auch weiterhin live aktiv. Denn erst auf der Bühne können wir uns den Songs frei von den Zwängen eines Studios hingeben.“

© Markus Eck, 06.08.2004

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