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Interview: GRIEF OF EMERALD
Titel: Antireligiöse Auslöschungswut

Diese überaus beständige Schwedenschwadron im devoten Dienste des Todes hat schon einige Jahre Band-Existenz auf dem Buckel. Dieser Tage erscheint mit dem neuen Langspieler „Christian Termination“ endlich der Nachfolger zu ihrem letzten Album „Malformed Seed“.

Bereits vor über zehn Jahren gegründet, liefen die Dinge anfangs jedoch nicht immer gerade nach dem Gusto der stahlharten Truppe aus dem idyllischen Uddevalla.

Grief Of Emerald jedoch bissen sich durch, auch durch interne zwischenmenschliche Querelen, an denen schon so manche verheißungsvoll gestartete Formation des Genres letztendlich zerbrach. Mit „Christian Termination“, ihrem nunmehr dritten Fulltimer, hat das aggressionsgeladene Quintett aus dem Land der Elche sein bisher stärkstes Material am Start. In Schallgeschwindigkeit blitzsauber gespielter, mächtiger und tatkräftig tastenunterstützter Melodic Death Metal von stellenweise monströser Klangerscheinung mit durchgehend unheilschwangerer Atmosphäre.

Und mit tonnenweise spielerischen Raffinessen. Abartig, mit welcher Besessenheit Grief Of Emerald ihre neuen Songs inszenieren. Keine Frage, der Sache mußte ich unbedingt auf den Grund gehen. Keyboarder Robert Bengtsson stellt sich unerschrocken meinem über ihn hereinbrechenden Ansturm von Fragen.

„Ich habe keine verdammte Ahnung mehr, wann genau ich damals zur Band stieß. Die Gründung muss jedenfalls so um 1990/92 gewesen sein, denke ich. Sie riefen mich eines Tages an, als sie gehört hatten, daß ich angefangen hatte, Keyboards zu spielen. Ich spielte damals noch mit unserem jetzigen Lead-Gitarristen und Sänger Johnny in einer Projekttruppe namens Oderu, also kannte mich ja zu dieser Zeit schon einer von den Grief Of Emerald-Jungs. Wie auch immer, gegen Ende des Jahres 1994 fragten sie bei mir an, ob ich Lust hätte, bei ihnen mitzumischen und schon zu Beginn des darauf folgenden Jahres nahmen wir unser erstes Demo auf.“

Es ging weiter, doch um einiges langsamer als gewollt, wie Robert im Weiteren berichtet. „Aus diesem Demo wurde dann einige Zeit später die mittlerweile unauffindbare Mini-CD `The Beginning`. Nach dem ersten Demo nahmen wir mit der selben Besetzung wie zuvor Songs für ein geplantes Album auf. Doch danach begann erstmals eine Pechsträhne für uns: Erst verließ uns unser alter Drummer Dennis, dann lief auch noch die anvisierte Veröffentlichung unseres bereits aufgenommenen Debütalbums auf Grund. Wir kämpften natürlich mit aller Kraft für unser Ziel. Doch wir bekamen es einfach nicht auf die Reihe, den Release durchzuboxen. In dieser Zeit stieß ein neuer, erst 17-jähriger Kesselwart namens Fredrik zu uns. Und der Kerl war irre schnell mit Händen und Füßen. Wir nahmen zwei neue Songs auf sendeten sie zu einer Reihe von Labels, empfingen gute Resonanzen und entschieden uns schließlich dann für Listenable, die uns am enthusiastischsten erschienen.“

Resultat dieser zustande gekommenen Kooperation waren die Aufnahmen für das eigentliche Debütalbum.

„Kurze Zeit darauf standen wir schon im Studio und nahmen die Tracks für unser erstes Langeisen `Nightspawn` auf. Die Vorarbeit zahlte sich am Ende doch noch aus, denn wir konnten aus dem Vollen schöpfen, was die Songs anbelangte.“

Das Feedback der weltweiten Presse auf „Nightspawn“ war überwältigend, wie der Stromorgelspieler zu berichten weiß.

„Das Album bekam überall höchste Plazierungen und wurde frenetisch abgefeiert. Wir waren total happy über die überraschend über uns hereingebrochene Erfolgssituation und alles lief prächtig.“

Doch schon bald schwebte wieder der Schatten des Unglücks über der Band. „Bereits nach einem Jahr gab es mehr und mehr Zwist zwischen Fredrik und Johnny. Sie konnten sich zum Schluß nicht mal mehr im selben Raum aufhalten. Fredrik war es leid, dreimal pro Woche zu den Rehearsals zu erscheinen, ohne live spielen zu können, was ihn anfangs ziemlich mißmutig und zum Ende hin äußerst reizbar machte. Darunter litt die gesamte Band-Chemie. Ich und Johnny wollten aber eben damals noch nicht live agieren, weil wir erst spielerische Perfektion erreichen wollten. Unseren nächsten Trommelbediensteten traf ich auf einer Party. Wir entschieden uns nach kurzer Diskussion, ihn einmal anzutesten. Dann ging alles ganz schnell: Als wir mit Jonas, dem neuen Fellschänder, im Proberaum ballerten, kam Fredrik rein und Johnny sagte zu ihm: `Er ist drin, du bist draußen!` So schnell war der Wechsel vollzogen.“ Harter Tobak, was? Aber so sind sie halt nun einfach mal, diese eisenharten schwedischen Teufelsbraten.

Heute sind diese Mätzchen aus den Anfangstagen jedoch beseitigt.

Die Blasphemiker-Kapelle ist insgesamt gereift und Grief Of Emerald blasen nun mit „Christian Termination“ erneut zur donnernden Phon-Attacke auf dezibelsturmerprobte Gehörgänge.

Den Bandnamen allerdings findet mein Gesprächspartner nicht mehr so begeisternd. Oder, Robert?

„Der Name ist meiner Meinung nach einfach scheiße. Ich kann ihn einfach nicht leiden. Als ich bei Grief Of Emerald anfing, nannten sie sich noch lediglich Emerald. Ich sagte ihnen damals gleich ohne große Umschweife, daß ich ihren Namen idiotisch finde. Dann bestand ich nachfolgend entschieden auf einer Änderung. Doch sie wollten ihn unbedingt beibehalten. Also einigten wir uns schließlich auf Grief Of Emerald. Ich ließ aber trotzdem nicht locker! So wollten wir uns dann nach dem Release des Debüts in Nightspawn umbenennen, leider war es dann aber zu spät. Was soll´s, nun heißen wir halt wie wir heißen“, findet sich Robert mit den Fakten ab. Den für gläubige christliche Herdenschäflein erschreckenden Titel des aktuellen Albums findet er dagegen super. „Ha, er sagt eine ganze Menge aus, ohne daß man eine einzige Textzeile des zugrundeliegenden Albums von gelesen haben muß! Er ist ein aus dem Bauch herausgeschriener antireligiöser Wutausbruch.“

Als ich nachhake, wie die Band den Albumtitel von ihren Fans interpretiert haben möchte, wird Robert dann doch direkt. „Ist mir völlig egal! Nimm es und setze es um, wie immer du willst. Auslöschung der Christenheit, in spiritueller oder realer Form. Uns ist es egal, wie das vollzogen wird. Hauptsache, es passiert letztendlich. Ich denke, wir alle wollten einfach kein Album aufnehmen, welches einen tieferen oder am Ende poetischen Sinn hat, es sollte einfach zerstörerisch klingen und dies auch ausdrücken.“

Enorm provokante Songtitel wie gerade „Raped By The Servant Of God” verleihen dieser ehrlichen Aussage des Keyboarders mit aller Macht Nachdruck. Robert ergänzt:

„Ich schrieb den Text zu diesem Song voller Entsetzen, nachdem ich nun schon des Öfteren in den Zeitungen gelesen hatte, wie unschuldige Kinder unter der Obhut der Kirche mißbraucht werden. Es passiert immer wieder und die Institution Kirche, ganz speziell die katholische, mit ihrer nicht zu unterschätzenden Macht schafft es leider auch immer wieder, diese verdammten Schweinereien zu vertuschen. Erst neulich las ich hier bei uns schon wieder eine solche Meldung: Ein ranghoher Priester flog auf, als bekannt wurde, daß er seit mehr als 30 Jahren immer wieder schutzbefohlene Kinder für seine schandhaften und niederen Triebe mißbraucht hat. Die rangmäßig über ihm stehenden kirchlichen Amtsinhaber eigneten sich jedoch arglistig die von den Anklägern erstellte Liste mit den vermuteten Personenvergehen an und haben sie bis heute nicht an die dortige Polizei ausgehändigt. Diese wiederum unternimmt verdächtig wenig bis gar nichts. Diese verdammten Bastarde decken also wissentlich einen Kinderschänder! Sie machen sich alle mitschuldig. Es ist mittlerweile auch ein offenes Geheimnis, daß ein Großteil der pädophil veranlagten Männer Priester werden.“

Kann man so was überhaupt noch gefasst kommentieren? Da bleibt einem doch echt erst mal die Spucke weg. Doch weg von solcherlei immens beschämenden und bestürzenden Thematiken und zurück zur prächtigen Musik von Grief Of Emerald. Denn die ist höchst erfreulich. Und sie entspringt höchst gesunden und recht aufgeweckten Geistern.

Robert läßt sich wie der Rest der Band laut eigener Aussage am liebsten von Morbid Angel beeinflussen.

„Ansonsten holen wir unsere Impressionen von allem, was wir hören, sehen und fühlen, ob wir es mögen oder nicht.“

Und der schwedische Tastenvirtuose gibt wie alle anderen Mitglieder von Grief Of Emerald im Gegenzug einen feuchten Dreck auf okkulten Hokuspokus, wie er konstatiert.

Und der Mann stellt noch klar: „Mehr will ich hier auch gar nicht darüber ablassen.“

Ehrlich sind sie, das muß man Grief Of Emerald lassen. Und sie haben große Pläne.

„Wir wollen auf jeden Fall einmal ein Album aufnehmen, an das man sich in der Zukunft erinnern wird, was uns mit der neuen Scheibe aber auch schon mal ganz gut gelungen ist. Unser größter Wunsch ist es jedoch, ein Jahrtausend-Riff zu schreiben, wie man es in Songs wie `Freezing Moon` von Mayhem, `Breaking The Law` von Judas Priest oder auch `Smoke On The Water` von Deep Purple vernimmt. Also ein zeitlos gutes Riff und einen dazugehörigen Song. Einen einmaligen Song, an den sich jeder, egal, wann ihn jemand erwähnt, sofort erinnert.“

Wir werden dereinst sicher begeistert lauschen. Live hat sich die Band einiges vorgenommen, muß sich aber vorerst noch gedulden, wie Robert bedauert. „Auf jeden Fall wollen wir so schnell als möglich überall auf der Welt auf die dortigen Bretter!“

Leider ist derzeit noch nichts Definitives im Sack.

„Und neben unserer im April stattfindenden CD-Release-Party hier in Uddevalla mußten wir auch noch eine regionale kleine Tour absagen, weil unser Drummer Jonas sich erst kürzlich an der Schulter verletzt hat; irgendeine Überlastung der Sehnen oder Gelenke. Hoffentlich ist er bald wieder genesen und wir können im kommenden Sommer unseren Fans ordentlich einheizen.“

Wie das bei Grief Of Emerald aussieht, erfahren wir hier noch abschließend von dem Keyboarder.

„Das hängt genau genommen eigentlich immer ganz von Johnnys Feeling ab und den Reaktionen vom Auditorium. Wenn alles nach unseren Vorstellungen läuft, spielen wir uns mit aller Leidenschaft in Rage und werden superschnell. Die Songs kriegen wir live unter günstigen Bedingungen nämlich noch schneller hin als auf CD. Um uns entsprechend vorzubereiten, treffen wir uns vor anstehenden Gigs immer etwas öfter als sonst, um einen Auftritt zu simulieren; was schon mal 30, 45 oder 60 Minuten dauern kann. Und obwohl wir immer meistens versuchen, einen Mix aus allen bisherigen Songs zu inszenieren, sind es dann doch immer unsere schnellsten Stücke, an denen wir hängen bleiben. Keine Ahnung, warum das auch live immer so bei uns ist, aber ich kenne es ehrlich gesagt auch gar nicht anders. Wahrscheinlich kommt es aber daher, daß wir alle in der Band uns fühlen, als wenn wir einen Krieg ausfechten, sobald wir eine Bühne betreten haben. Nach dem Gig fühlen wir uns dann als Gewinner und begießen den Sieg entsprechend mit tonnenweise Bier und Schnaps. Nach einer solch' anstrengenden Tour dauert es erfahrungsgemäß dann ganze ein bis zwei Wochen, bis wir alle wieder fit sind. Aber das ist es uns auch wirklich wert. Wir lieben unsere Musik über alles und wir lieben es auch, sie auf der Bühne mit aller Macht ins Publikum zu blasen!“

© Markus Eck, 23.03.2002

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