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Interview: FEUERSCHWANZ
Titel: Flammende Begierden

„Des Hauptmanns geiler Haufen“ nennt sich dieser verflixt schelmische sechsköpfige Schlitzohren-Spielmannszug aus Erlangen. Und die gleichsam spiel- wie auch scherz- und trinkfreudigen fränkischen Komödiantenseelen um ihren Anführer Hauptmann Feuerschwanz verspritzen mit ihrem höchst süffisant-tabulosen Liedgut den bissig-sexistischen Charme von unheilbar lebenssüchtigen Vollblutherzen. Kredenzt wird ein variantenreiches Klang-Gebräu aus klassischer Rockmusik, aufbrausend verspielter Mittelalter-Folklore nuancenreicher Natur und höchst vielfältigen Gesängen. Garniert mit ansteckend erheiternden Hörspielmomenten.

Mittelalterliches Brauchtum umfasst eben neben umfangreichen Reenactment-Aktivitäten und wohlbekanntem Markt- und Gelagetreiben auch das betont freizügige lyrische Kultivieren damaliger Gepflogenheiten in Sachen fleischlicher Sinnesgenüsse, so die Auffassung der pfiffigen Meute um den eisern behelmten dauerbrünftigen Hauptmann. Wenn die fünf verschmitzten Feuerschwänze samt ihrer Pfeifrohr-Frau Ronja Hodenherz sich im Jahr 2008 auch eher eindeutig zweideutig formulieren (müssen).

Dass die aktuelle Liedersammlung dieses zügellosen Haufens demnach „Met & Miezen“ betitelt wurde, verwundert daher nicht im Geringsten. Ebenfalls nicht gering war auch die Menge an köstlichem Met, welches der stets tapfer freiende Hauptmann bei unserem Zwiegespräch manisch unbekümmert in sich hinein kippte.

Der gewitzte Barde, Saitenmann und Gruppengründer plaudert munter beherzt drauflos:

„Früher hatte ich eine Musikantentruppe namens Merlons unter meinen Fittichen, ich bin also nicht erst seit gestern dabei. So konnte ich die einheimische Mittelaltermusik-Szene seit den frühen 1990er Jahren gut beobachten. Ich war also mit wachem Auge beim Aufstieg von In Extremo, Schandmaul und Corvux Corax zugegen. Und irgendwie hatte ich dabei stets den Eindruck, dass da noch was ganz Bestimmtes fehlt. Mir selbst schwebte da der Ansatz vor, das Ganze zusätzlich noch mit komödiantischem Beiwerk zu versehen; also, sich textlich selber eher nicht ernst zu nehmen.“

Als seine Merlons also 2001 den Bach runter gingen, fing er damit, entsprechende Kompositionen zu gestalten. Die Initialzündung für Feuerschwanz hatte gefunkt:

„Das war im Grunde eine lang gehegte Idee, aus der Beobachtung der Szene heraus. Im Grunde genommen können alle Bands des Genres musikalisch ja nur das wiedergeben, was sie sich unter dem Begriff Mittelalter vorstellen. Keiner davon war wirklich persönlich dort. Ich persönlich stelle mir diese Zeit sehr derb vor und das möchte ich mit Feuerschwanz genau so rüberbringen. Wir sind daher nicht eine weitere Romantikergruppe wie beispielsweise Faun oder Schandmaul, welche sozusagen immer diesen sanften Blütenschleier über ihre Lieder legen. Und das soll auch bereits vorab über unsere Künstlernamen durchschimmern“, so der Met-Mann.

Und das kann er laut sagen, denn Pseudonyme wie eben Feuerschwanz, Sir Lanzeflott oder auch besagte Flötistin Hodenherz sprechen Bände. Satirische Sichtweise wird also ganz groß geschrieben im Lager der Erlanger Witzbolde:

„Ich finde die angesprochene Romantik auch ganz gut, denn dadurch können sich all die Hörer für eine Zeit lang aus ihrem hektischen und oftmals farblosen Alltag in eine geheimnisvolle Zeit wegträumen. Wir liefern der Zielklientel einen etwas anderen Ansatz dazu, und zwar den, dass wir für solcherlei historische Stimmungen erstmal immer ein Fass Met sowie einige leicht beschürzte Miezen brauchen.“

Künstlerische Vielseitigkeit ist ohnehin sein liebstes Pläsier, so der Hauptmann mit tropfendem Mundwinkel. Und daher spielen Feuerschwanz gleichfalls auf Mittelaltermarkt- sowie auf Rockbühnen zum ausgelassenen Tanze auf. So lest:

„Unsere textlich expliziteren Lieder spielen wir aber stets zu fortgeschrittener Stunde. Während Nachmittagsauftritte die harmloseren Kreationen umfassen. Denn wir wollen ja beileibe keine Kinder erschrecken, sondern den Besuchern ausschließlich Freude bereiten. Und das Rezept ging bisher immer gut auf, denn die jüngsten unter den Anwesenden fangen stets an fröhlich und beschwingt zu tanzen, wenn unsere Klänge im Sonnenlicht ertönen.“

Ansonsten sollen die Leute bei der erlesenen Freigeister-Darbietung von Feuerschwanz ihre „Persönlichkeits-Ketten“ ablegen dürfen, so der singende Gitarrist.

„Gerade weibliche Verehrer unserer Minnekunst erfreuen sich der Lieder, und genießen es dabei, sich auch mal wieder mental gehen lassen zu können, ohne großartig tiefgründig darüber nachdenken zu müssen. Trotzdem ist unsere Musik natürlich für beiderlei Geschlechter gedacht“, legt mein Gegenüber Wert darauf, dies festzustellen.

Zum Zeitpunkt des Dialogs ist die kecke Erlanger Gemeinschaft laut Aussage des redefreudigen Hauptmanns gerade mit den Arbeiten an einem Live-Album zugange:

„Das Material dazu wurde im April dieses Jahres bei uns hier in Erlangen aufgenommen. Die Veröffentlichung ist für kommenden Herbst angedacht. Eine sehr wichtige Sache für uns. Leider können wir das Konzert nicht als DVD auf den Markt bringen, denn das können wir uns bislang einfach nicht leisten. Auf alle Fälle wollen wir den Leuten da draußen unser tolles Live-Feeling endlich mal auch auf Tonkonserve vermitteln!“

© Markus Eck, 31.05.2008

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