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Interview: EDGE OF PARADISE
Titel: Wer dominiert wen?

„Ich bin hier der Boss“, stellt die grazile Sängerin Margarita Monet froh lachend klar, zu ihrer Position in einer Band aus lauter männlichen Schwermetallern befragt.

Doch um die Bandchemie in der kalifornischen Formation muss sich niemand sorgen, denn bei Edge Of Paradise ziehen alle Beteiligten nur zu gerne am gemeinsamen Strang, wie zu erfahren ist - und das ist auf dem neuen Album „Prophecy“ auch überdeutlich zu registrieren.

2011 in Los Angeles mit einer festen Vision gegründet, sollte dieser innovationshungrigen Metal-Meute so einiges möglich sein, wie sich auf dem aktuellen sechsten Langspieler einmal mehr aufzeigt.

Der von Margarita ungemein charismatisch und maximal facettenreich besungene Mix aus sagenhaft kraftstrotzendem (Acht-Saiten)Modern-Metal-Riffing und findig ausgefeilten Synth-Feuerwerken hebt das intensive Schaffen der in Los Angeles Beheimateten erstaunlich markant hervor.

Thematisch dreht sich „Prophecy“ um das überwiegende Abmühen der Menschen, mit der Digitalisierung und der damit auch immer enger verzahnten Technisierung des Lebens Schritt halten zu können.

„Ich hatte schon immer ein ausgeprägtes Interesse am Fortschritt und der Entwicklung der Gesellschaft und als auch damit, wie sich Neues auf die Leute auswirkt. Wenn sich über all die Zeit alles um Macht und Geld drehte, so kam schließlich die globale Digitalisierung als dritter ‚Treiber‘ hinzu. Ich ging diesen inhaltlichen Bereich bereits auf unserem 2019er Album ‚Universe‘ an, insbesondere die sich ausbreitenden, diversen Online-Süchte im User-Bereich. Auf dem nachfolgenden Album ‚The Unknown‘ in 2021 haben wir dem Ganzen einen Song namens ‚Digital Paradise‘ gewidmet. Ein dauerhaft spannendes Thema, wie Menschheit und Technik immer mehr zu Einem werden - mit der finalen Frage: Wird es gut enden? Unser 2023er Vorgängeralbum ‚Hologram‘ stellt diese gewichtige Frage an die Hörerschaft gar noch deutlicher - man muss letztlich für sich selbst entscheiden, solange es einem überhaupt noch möglich ist, inwieweit man darin aufgeht bzw. inwiefern man sich eventuell auch darin verliert.“

Der Kontext mit den Hologrammen hat es ihr sehr angetan. „Man kann damit Sachen machen, die sich viele heute noch gar nicht recht vorstellen können, hochgradig faszinierend. Es gibt viel darüber zu erfahren und zu lernen. Vernünftig und verantwortungsvoll genutzt, sicherlich eine prima Sache, doch wie immer birgt es auch allerlei Unheil und Gefahr.“

Guter Übergang zum neuen Output - Margarita weiß firm zu kontextualisieren: „‚Prophecy‘ schließt tatsächlich direkt an ‚Hologram‘ an und steht als Gesamtwerk mit seinem ganzen Konzept für das finale, mutig-entschlossene Aufstehen und die unbeirrbare Standhaftigkeit der Menschen gegen die von ihr selbst geschaffene Künstliche Intelligenz. Wenn es nicht gelingt, die KI kontrolliert zu nutzen, wird es ganz sicherlich fatale Folgen haben, die man sich auch mit viel Fantasie derzeit überhaupt nicht gänzlich vorstellen kann.“



Leicht vorstellbar ist es hingegen, wie KI von obligatorischer Machtgier und verblendeter Selbstherrlichkeit missbraucht werden kann, da stimmt die aufgeweckte Frontfrau zu. 



„Von daher ist es so immens wichtig, kollektive Kontrolle darüber zu behalten. KI trainiert sich bekanntlich exponentiell selbst, und das Tempo dabei ist absolut atemberaubend - wir Menschen können da schon längst nicht mehr mithalten. Mit ‚Prophecy‘ setzen wir unser Statement dazu, wie sich unser aller - kollektives - Bewusstsein mit KI auseinandersetzt, was wir davon überhaupt zulassen, welches gigantische Potenzial wir damit nutzen usw.“

In der Storyline des neuen Albums bleibt ein einziger, sich final aufbäumender Antagonist übrig, dessen Geist stärker und entschlossener als der aller anderen ist - er stellt sich übermutig der fiktiv unkontrollierbar gewordenen KI, wie es auch auf dem Cover-Artwork abgebildet ist, so die Sängerin.

Wie Margarita kritisch kontrastierend zurückblickt, ist sie trotz heutiger digitaler Annehmlichkeiten schon auch durchaus froh, als Kind noch nicht direkt mit den vielen heutigen Überforderungen konfrontiert gewesen zu sein.



„Wir waren viel draußen, spielten zusammen, kletterten auf Bäume etc. - ich habe dies jederzeit klar im Kopf. All die heutigen Fehlentwicklungen konnten wir damals nicht erahnen - ich kenne Leute, deren Kinder gewissermaßen seit einigen Jahren bereits schon von ‚iPads erzogen‘ werden.“

Als sich der durchwegs harmonische Dialog abschließend mit der verheerenden, apokalyptischen Feuerkatastrophe beschäftigt, die über Los Angeles ab siebten Januar hereinbrach, berichtet die Vokalistin mit berührter Stimme:

„Es hat hier partiell monatelang keinen merklichen Regen gegeben, und die üble Trockenheit mit all den heftigen Winden war für das Riesenfeuer massiv förderlich. Wir sind hier wo ich wohne zum Glück verschont davon geblieben, es ist eine unfassbar schlimme Zeit gerade hier für uns alle.“

© Markus Eck, 13.02.2025

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