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Interview: EDENBRIDGE
Titel: Vom entferntesten Punkt aus gesehen

Die 1998 in Linz gegründete österreichische Band selbst bezeichnet ihre Musik als Angelic Bombast Metal, was aufgrund herausragender kompositorischer Höhenflüge auch ganz gut greift.

Der bisherige Erfolg ihrer Alben „Sunrise In Eden“ und „Arcana“ gibt Edenbridge und ihrer stilistischen Direktive recht, welche auch das folgende und dritte Album „Aphelion“ auszeichnet. „Aphelion“ wird im kommenden Januar 2003 erscheinen.

Gitarrist und Songwriter Lanvall blickt ebenso freudig auf dieses Veröffentlichungsereignis wie er die Vergangenheit nach dem Release von „Arcana“ Revue passieren läßt.

Die meiste und begeistertste Fanpost kam bisher ganz eindeutig aus Brasilien, so tut sich auf.

„Die dortigen Fans sind einfach dermaßen enthusiastisch, daß es eine wahre Freude ist. Generell erhalten wir aber von überall weltweit Fanpost. Auch aus unserem Heimatland, obwohl der Markt hier relativ klein und überschaubar ist.“

„Arcana“ lief wirklich prächtig, wie ich eingangs von Lanvall erfahre.

„Ja, das kann man so sagen. Während viele andere Bands Einbrüche erlebten, konnten wir unsere Absatzzahlen in Europa sogar steigern, was in der momentanen Situation angesichts der schlechten Wirtschaftslage sicherlich nicht einfach ist. Jetzt heißt es mit dem kommenden Album kräftig einen draufsetzen.“

Letzteres sollte wirklich überhaupt kein Problem für Edenbridge darstellen. Konzerte wurden auch so einige von der Gruppe bestritten, Lanvall resümiert diesbezüglich:

„Manche davon liefen gut, manche weniger. Highlight war sicherlich die Korea-Tour. Die Europa-Tour mit Metalium lief leider nicht sehr gut, was die Zuschauerzahlen betraf, obwohl auch hier einige Highlights zu verzeichnen waren, wie beispielsweise die Show in Oslo. Das gänzliche Fehlen der Presse bei den Konzerten in Deutschland hat sicher auch nicht positiv dazu beigetragen. Unser erfolgreichster Gig aber war ganz sicherlich der Open Air-Auftritt am International Busan Rock Festival vor 20.000 Fans. Die Double Headliner Show mit Sinergy in Seoul war auf jeden Fall die beste Clubshow.“

Edenbridge wollten vor nicht allzu langer Zeit auch erstmals in Südamerika mit ihren Songs auf Tournee gehen, wie dann zu erfahren ist.

Lanvall erklärt das Nichtzustandekommen der dortigen Konzertreise:

„Die Brasilien-Tour wurde leider abgesagt. Die Währungsentwertung und die schlechte Wirtschaftslage machte es für die Veranstalter unmöglich. Man darf nicht vergessen, daß dort ein Ticket etwa einen halben Monatslohn eines durchschnittlichen Arbeiters kostet. Aber es sieht sehr gut aus, daß wir höchstwahrscheinlich im April dort touren, möglicherweise auch in Ländern wie Mexiko oder Chile. Das neue Album ist dann auch dort veröffentlicht, was die Sache auch einfacher macht.“

Seit dem Release des letzten Albums hat sich so einiges getan bei der Band, es vollzog sich auch ein Besetzungswechsel am Bass.

„Kurt Bednarsky teilte uns schon letzten Dezember 2001 mit, daß er die Band verlassen werde. Kurt hat einen sehr zeitaufwändigen Job und wollte einfach mehr Zeit für sein Privatleben haben. Das respektierten wir natürlich. Kurt spielte dann noch die komplette Tour mit, inklusive Korea. Interimsmäßig half uns dann Andreas Oberhauser, ein alter Kumpel der Band aus, dem aber auch die Zeit fehlt um fix bei uns einzusteigen. Neuer Bassist bei uns ist jetzt Stefan Model aus Deutschland, der dann erstmals auf dem kommenden Album zu hören sein wird.“

Die Musik von Edenbridge deckt eine große Bandbreite an Emotionen ab, welche ich von Lanvall charakterisiert haben möchte. Meinen Anregungen folgt: „Romantisch auf jeden Fall, melancholisch zeitweise, depressiv ganz sicher nicht, sondern das Gegenteil, nämlich optimistisch. Wunderschön? Ich denke das sollten die Fans beurteilen. Musik sollte im Normalfall von Emotionen geprägt sein und das versuchen wir auch rüberzubringen, verbunden mit positiven Messages.“

Gefällt ihm denn die Stildefinition Melodic Metal für seine Musik?

„`Melodic Metal` ist in Ordnung, weil der Begriff ja relativ viel Spielraum lässt.“ Dies sehen neben mir viele Hörer ganz genauso.

Der ästhetische Stil von Edenbridge ist überaus eigenständig, so erfahre ich von dem Gitarristen einiges zu den musikalischen Einflüssen und der Entwicklung der Musik über die Jahre bis zur Präsentationstauglichkeit.

„Nun, seit ich begann Songs zu schreiben, schwebte mir immer eine Mischung aus Metal und Klassik, verbunden mit Einflüssen von Künstlern wie Vangelis vor. Ich wollte es aber auf meine eigene Weise entwickeln. Beim ersten Album kamen dann natürlich diese und jene Vergleiche, die aber mit Album Nummer zwei schon deutlich weniger wurden und die meisten Medien bescheinigten uns einen sehr eigenständigen Stil.“

Da schließe ich mich gerne an. Sie ergänzt: „In der Phase meines Soloprojekts hatte ich ja immer schon eine Band aus der dann irgendwann Edenbridge wurde und dann ging alles sehr schnell. Die Präsentationstauglichkeit war dann gegeben als ich die Songs für das erste Album beisammen hatte. Die von dir angesprochenen Melodien bei Edenbridge sind komplett auf meinem Mist gewachsen. Die Gesangsmelodie ist auch meistens Ausgangspunkt des jeweiligen Songs. Erst dann entstehen die Arrangements. Das unterscheidet uns auch von den meisten anderen Bands bei denen zumeist die Riffs und dann erst die Gesangslinie entstehen.“

Schon längere Zeit beschäftigt mich die Bedeutung des Bandnamens.

Lanvall soll dessen Hintergrund daher nun endlich mal erklären.

Steht der Name der Formation gar sinnbildlich für eine musikalische Brücke zum Garten Eden?

„So könnte man es deuten. Der Garten Eden hat für mich nicht die religiöse Bedeutung, da Edenbridge auch keine White Metal-Band ist. Ich muß das von Zeit zu Zeit klarstellen, da wir öfter von Fans gefragt werden, ob dies der Fall ist. Edenbridge steht für positive Energie, die wir dem Hörer vermitteln wollen.“ Alles klar.

Impressionen, Eindrücke und Einflüsse für das Songwriting bei Edenbridge sind für Lanvall laut eigener Aussage Bücher, Filme, Reisen und natürlich auch Musik an sich:

„Die `Star Trek`-Leidenschaft meinerseits wird auch auf dem kommenden Album `Aphelion` zur Geltung kommen. Ich beziehe die meisten Eindrücke für mein Songwriting aus Emotionen, die mich tagtäglich bewegen. Es gibt selten einen Augenblick, an dem ich nicht an Musik denke – das heißt, es ist eigentlich ständig Musik in mir, die darauf wartet geschrieben zu werden. Ich bin in der glücklichen Lage mich voll und ganz auf die Musik konzentrieren zu können, anders wäre eine Band wie Edenbridge vom Zeitaufwand her gesehen wohl auch nicht zu führen.“

Das Album-Frontcover zur letzten Edenbridge-Scheibe „Arcana“ vom einschlägig wohlbekannten Grafikkünstler Markus Mayer findet Lanvall immer noch toll, wie er freudig wissen lässt:

„Markus Mayer arbeitet bereits am neuen Cover und der erste Entwurf hat mich auch schon mehr als zufrieden gestellt. Never change a winning team! Jetzt heißt es noch ins Detail zu gehen. Das Cover von `Arcana` setzt den Titel sehr gut um und bringt eben dieses Mysterienhafte, Gemeinisvolle mit ein.“

Anders als man vielleicht von Edenbridge erwarten könnte, gibt es keine steife Bühnenshow zu sehen, wie Lanvall weiterhin berichtet.

„Wir bewegen uns und nützen nach Möglichkeit den Platz der Bühne. Die Show ist aber im Großen und Ganzen auf Sabine gerichtet, die klarerweise im Mittelpunkt steht. Bis jetzt feilten wir vor allem am Stageacting, in Zukunft sollte aber auch der optische Effekt miteingebracht werden. Ich kann mir da diverse Dinge vorstellen, von Projektionen, aber auch kleineren Bühnenaufbauten, mal sehen.“

Die Edenbridge-Sängerin Sabine Edelsbacher sieht echt toll aus, in dem Punkt sind wir zwei uns vollauf einig. Doch:

„Natürlich verstärkt Sabine den optischen Effekt, wer würde das nicht tun. Aber das hält sich ziemlich im Rahmen, denn in erster Linie geht es um die Musik.“

Das kommende dritte Album, es ist als Digipak, reguläre CD und auch als LP geplant.

„Ich denke mal. Das Digi und die LP wird dann wieder einen Bonustrack enthalten.“ Bald geht es laut Lanvall sowieso ins Studio. „Wir sind ab 01.11.2002 in den House Of Audio Studios und werden wieder mit Dennis Ward arbeiten. Da Dennis letztes Mal zeitgleich Angra produzierte konnte er leider nur den Mix unserer Platte machen. Dieses Mal wird Dennis die Scheibe auch aufnehmen.“

Das kommende Album wird „Aphelion“ heißen, was soviel wie „entferntester Punkt“ bedeutet. „Als ich die ersten Lyrics schrieb hatte ich noch keinen Titel. Dann kam ich auf `Aphelion` und bemerkte daß sich sämtliche Lyrics des neuen Albums auf diesen `entferntesten Punkt` in der einen oder anderen Art beziehen. Ich würde aber nicht so weit gehen und die Platte als Konzeptalbum zu bezeichnen, sie enthält aber einen lyrischen roten Faden. Wie schon erwähnt zieht sich der `entfernteste Punkt` durch das ganze Album hindurch. Sei es jetzt im räumlichen Sinn, was Unendlichkeit betrifft wie beispielsweise in den Songs `On The Verge Of Infinity` und `As Far As Eyes Can See`, wie beispielsweise im zeitlichen Sinn im Track `The Undiscovered Land`, im menschlichen Sinn wie in dem Stück `The Final Curtain` oder was unsere Träume betrifft, wie in den Songs `Skyward`, `Where Silence Has Lease` oder auch in `Perennial Dreams`, um einige Titel zu nennen. Ich denke mal, daß die Fans denen die ersten beiden Platten gefallen haben auch von der neuen begeistert sein werden. Natürlich möchten wir aber auch eine Menge Leute erreichen, die bisher noch nichts von uns gehört haben. Der mögliche Kreis derer, denen unsere Musik gefällt ist ja relativ groß und insofern sehe ich die Marktchancen sehr optimistisch.“

Die Zukunft bringt für Edenbridge dann auch hoffentlich entsprechend viele Auftrittsmöglichkeiten mit sich.

„Wir wollen touren, touren und nochmals touren. Ich hoffe, daß wir im Frühjahr auf eine größere Tour hier in Europa aufspringen können, die uns auch in Länder bringt wo wir bis jetzt noch nicht livemäßig aktiv waren, wie Frankreich oder Italien. Südamerika sollte dann auch anstehen, Korea vielleicht auch wieder, vielleicht läßt sich in Thailand was machen, dort haben wir seit kurzem einen Deal. Japan wäre natürlich auch klasse, aber da müßten die Verkäufe noch steigen. Für das Frühjahr habe ich dann eine EP eingeplant (mit neuen und unveröffentlichten Songs), die im September rauskommen sollte und vielleicht ergibt sich dann eine Double-Headliner Tour mit einer anderen Band. Das nächste Jahr wird also hoffentlich ereignisreich.“

Und endlich habe ich bei der Gelegenheit dieselbe, Edenbridge-Sängerin Sabine Edelsbacher in einen ergiebigen Dialog zu verstricken. Meine ersten Anmerkungen zielten gleich darauf ab, ob es ihr in der Vergangenheit schwergefallen ist, die bisherigen Zweifler davon zu überzeugen, dass sie nicht nur ein „hübsches Aushängeschild“ einer Österreichischen Metal Band ist.

„Danke für Dein Kompliment. Ich habe mir eigentlich keine Gedanken darüber gemacht, ob ich die Zweifler überzeugen kann. Ich glaube die beste Überzeugungskraft hat man ohnehin dann, wenn man das macht wo man selbst voll und ganz dahinterstehen kann. Nur mit Authentizität bin ich schließlich glaubwürdig und kann das was ich selber fühle über meine Stimme transportieren. Wenn immer mehr Leute von von unserer Musik positiv berührt sind, freut es mich natürlich sehr.“

Die Mitgliedschaft bei Edenbridge hat es Sabine ermöglicht, sich sowohl künstlerisch als auch menschlich in die gewünschte Richtung zu entwickeln.

„Künstlerisch gesehen ist jede neue CD beziehungsweise jedes Projekt eine spannende Herausforderung für mich. Ich arbeite immer noch stark daran, möglichst mehr an Ausdruck in meine Stimme zu legen. Die Verbindung von Sanftheit und Urkraft möchte ich dabei beibehalten, denn das sind auch Teile meiner Persönlichkeit. Keine Ahnung wo ich meiner Stimme Ausdruck verliehen hätte, wäre ich nicht bei Edenbridge gelandet. Es wird wohl auch eine Spur Bestimmung dabei sein, daß es so gekommen ist. Schwer zu sagen, wie ich mich menschlich anders entwickelt hätte, weil ja alle Eindrücke, die wir im Leben machen, ihre Spuren hinterlassen. Dieses Jahr war jedenfalls sehr erfahrungsintensiv für mich. Mit Metalium sind wir vom Süden bis in den Norden Europas getourt und hatten zum Teil auch etwas Zeit die jeweiligen Städte zu erforschen. Gleich anschließend sind wir nach Korea, und somit in eine gänzlich andere Kultur eingetaucht. Die Unterschiedlichkeiten fand ich dabei so spannend. Die verschiedenen Eindrücke in kürzester Zeit verschafften mir einen größeren Weitblick und die Gewissheit wie unwichtig manche Dinge sind, die uns so tagtäglich beschäftigen.“

Lebhaft vorzustellen. Die talentierte Sängerin ist äußerst kreativ, so hat sie vor einiger Zeit auch bei den Brasilianern Infinity und sogar noch bei einer Rockoper mitgemacht, darüber möchte man doch mehr erfahren.

„Im Oktober 2000 fragte mich Marcello von unserer argentinischen Plattenfirma, ob ich Lust hätte bei dem Projekt Infinity einige Songs zu singen. Ich war interessiert und erhielt eine CD mit der Demoversion, die mich überzeugte. Ich sagte daraufhin zu und nahm im Seagull Studio bei Wien, wo wir auch unsere erste Edenbridge CD `Sunrise In Eden` eingespielt hatten, den Gesang auf. Auch Lanvall bekam das Angebot für den bestehenden Song `Wizard` Lyrics und Gesangsmelodien zu schreiben. Die Songs wurden dann im Finnvox Studio in Helsinki gemixt. Die ausgefeilte Technik macht eben einiges möglich, wenngleich ich auch gerne die anderen Interpreten (Candice Night, Tarja Turunen, Fabio Leone) sowie die Musiker persönlich kennengelernt hätte. Bei der Rockoper `Missa Mercuria` war es so, daß die Initiatorin des Projektes auf unserem Edenbridge-Konzert in München war und mich kurz darauf kontaktierte, ob ich den Song der Wassergöttin singen möchte. `Whisper Of The Soul`, wie der Song heißt, wurde von Günter Werno (Vanden Plas), der Text von D.C. Cooper (Silent Force) geschrieben. Es war für mich natürlich eine große Freude mit meinem Lieblingssänger zusammen arbeiten zu können. Wir verstanden uns außerordentlich gut und das brachte uns auch auf die Idee ihn zu fragen, ob er Lust hätte auf der nächsten Edenbridge `Aphelion` mit mir ein Duett zu singen.“

Weiteren Projekten dieser Art ist Sabine nicht abgeneigt, wie sie offenbart.

„Momentan ist diesbezüglich nichts geplant und ich kann mich ganz auf die Produktion unseres nächsten Albums konzentrieren. Natürlich freue ich mich aber über derartige Angebote.“

Worin besteht wohl für Sabine der größte Reiz, Sängerin in einer Band wie Edenbridge zu sein?

„Zum einen verstehe ich mich mit den Musikern in der Band total gut und genieße auch auf Tour ehrlich gesagt, daß ich meist die `Henne im Korb` bin. Ich brauche aber keine Extrawürste und komme bis jetzt auch mit dem vorwiegend männlichen Publikum gut zurecht. Musikalisch gesehen habe ich mit Edenbridge eine große musikalische Vielfalt. Denn wenn es auch wie Edenbridge klingt, gibt es bei uns keinen Einheitsbrei. Durch den Einfluss der verschiedenartigsten Instrumente bekommt jeder Song einen eigenen Charakter und ich versuche mich auch gesanglich darauf einzustellen. Was den gesanglichen Ausdruck betrifft bin ich allerdings nur der Musik verpflichtet und keinen sonstigen Konventionen wie vielleicht in der Klassik oder sonst wo.“

Abschließend kommen wir noch auf ihre private Freizeitgestaltung zu sprechen, welche sich ziemlich interessant anhört.

„Die Freizeit ist leider stark begrenzt, ich hätte gerne mehr davon. Ich mache gerne Yoga, fotografiere sehr gerne und bastle, wenn ich die nötige Ruhe dazu habe, an Kollagen etc. Zum Lesen habe ich immer Zeit. Vorwiegend interessieren mich dabei psychologische Bücher und spirituelle Literatur. Die Entspannung in der Sauna habe ich außerdem wieder entdeckt. Ich verrate Euch aber jetzt nicht, wo ich da hingehe.“

Dies ist auch wahrscheinlich besser so, denn sonst würde es für die Sängerin mit der dort angestrebten Entspannung wohl nichts werden. Abschließend bedankt sich Sabine für das Interview und verabschiedet sich mit lieben Grüßen an ihre Fans.

© Markus Eck, 24.10.2002

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