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Interview: DONAR VON RABENSCHREY
Titel: Im Alleingang

Gevatter Donar ist bei denjenigen, die ihn etwas näher kennen, als ebenso rau-charmanter wie immens durstiger Geselle bekannt. Derzeit macht der standhafte Boss der im Jahr 2000 gegründeten Nordrhein-Westfälischen Mittelalter Metaller von Rabenschrey vor allem mit seinem neuem Soloprojekt auf sich aufmerksam, von dem die Debütscheibe „Alte Wege“ zu erwarten ist.

Auf letzterer widmet sich der bullige Barde, der bei seiner Haupttruppe als Vokalist und Instrumentalist doch eher kantig und schroff vorgeht, der rein akustischen Vertonung seiner vielfältigen Visionen.

Dass dieser Zeitgenosse voll und ganz hinter dem steht was er künstlerisch so alles tut, sollte sich mittlerweile ausreichend herumgesprochen haben. Seit längerem schon spielte der (Dick)Kopf der Mittelalter Metal-Combo mit dem Gedanken an ein sehr spezielles Soloalbum, mit welchem er seiner Leidenschaft für die reine Akustiksparte des Genres künstlerischen Tribut zollen kann.

Endlich nun kommt besagtes Projekt so richtig in Fahrt und der gewichtige Vokalist Peter Herbertz alias Donar von Rabenschrey sieht der Veröffentlichung von „Alte Wege“ mit nicht wenig Freuden entgegen.


„Wie die Leute dieses Album letztlich auffassen beziehungsweise aufnehmen werden, ist mir grundsätzlich völlig egal. Denn man da als Musiker ohnehin keinen Einfluss drauf, wie ich denke. Ich habe ja live bereits mal einen Song in Rohform daraus angetestet, und die Resonanzen waren glücklicherweise sehr positiv, á la ,…klingt wie Rabenschrey früher, nur frischer…‘, was mich sehr in meinem Vorhaben bestärken konnte. Ich habe aber ehrlich gesagt schon lange damit aufgehört, über derlei Belange groß nachzudenken“, offenbart Donar mit gewohnt betonter lässiger Haltung.


„Ich werde schon froh sein, wenn es auch nur einem einzigen Menschen außer mir gefallen wird“, zeigt sich der nordhrein-westfälische Querdenker liebenswert bescheiden, „wenn es allerdings mehrere Leute sein werden, ist das super. Letztendlich mache ich das Ganze ja eigentlich sowieso rein für mich, es macht mir sehr viel Spaß und es verschafft mir Befriedigung, solche Musik zu machen. Und wenn dieser Spaß dann auch noch der zündende Funke für den einen oder anderen ist, der ebenfalls seine Freude beim Hören hat, so erachte ich das als wunderbar! Das ist dann eigentlich schon der viel zitierte ,Erfolg‘ für mich an sich.“ Spricht‘s gelassen und lässt ergänzend verlauten, dass er von all den Top Ten-Albumcharts dieser Welt eben so gar nichts hält. 


„Für mich steht unser Rabenschrey-Song ,Gaukler, Spielleut, Narretey‘ immer an allererster Stelle, wenn man mich fragt, welches unserer Stücke das Mittelalter wohl am besten und tiefsten repräsentiert. Er stammt vom 2001er Album ,Zeitlose Barden‘, unserem zweiten Langspieler. Ich schrieb das Lied ungefähr ein Jahr vorher mit einem damaligen sehr speziellen Feeling im Geiste. Zu einer Zeit also, als das Genre an sich eigentlich noch ziemlich unberührt war von der ganzen heutigen Verkommerzialisierung. Eine absolut herrliche Zeit für mich, die ich nie vergessen werde! Da war diese ganze ,Mittelalter-Kirmes‘ noch nicht so sehr im Vordergrund, da gab es noch Mittelaltermärkte mit Atmosphäre und Herz. Die mittlerweile vorhandenen großen Besucherzahlen war man zu der Zeit auch noch nicht gewohnt. Alles war noch relativ neu“, lässt der unbeirrbare Musikus mit einigem Selbstwertgefühl im Stimmfall verlauten.


„Mir persönlich war das vor circa 13 Jahren ja wirklich das Allerliebste, wenn ich so zurückdenke. Man konnte da noch in eine wirklich völlig eigene, wunderbar bunte Welt eintauchen, was das Markttreiben angeht, um sich mit Gaukelei, Spielleuten und Narretei den grauen Alltag aus dem Kopf zu blenden.“



Die wenigsten der Hörer dürften ebenso wissen, dass der maskulin anmutende Rabenschrey-Frontmann früher selbst noch entsprechende Märkte veranstaltet hatte.

Der Meister, er runzelt nun arg die massive Stirn:

„Es hat sich wie erwähnt sehr viel verändert bis heute. [grinst schelmisch schief] Wenn ich diesbezüglich beispielsweise das Mittelalterlich Phantasie Spectaculum so betrachte, so ist das für mich nicht mehr zwingend das, was ich vor einigen Jahren selbst noch an Märkten aufgezogen habe. Bevor ich derartige Events veranstaltet habe, war ich als Kunsthandwerker auf selbigen unterwegs, genauer gesagt als Kunst- und Edelschmied. Ebenso habe ich mich als Lederer betätigt. Und dieses dort zeitlich begrenzte, dieses ,andere‘ Leben mitsamt seinen urigen Stimmungen, das hat es mir so sehr angetan, dass es mich fortan nicht mehr losließ.“



Nachfolgend nach dem seiner Meinung nach besten beziehungsweise wichtigsten Mittelalter-Album befragt, macht sich beim sehr gemütvollen Donar jedoch Backenaufblasen und Schulterzucken breit. 



„Das kann ich ehrlich gesagt auf Anhieb gar nicht sagen. Meistens sind es nur ganz gewisse Fragmente, die ich mir aus diversen Veröffentlichungen dauerhaft ans Herz gehen lasse. Schließlich muss man bei diesem Kontext ja auch differenzieren. Geht es dabei um entsprechende Klänge in sehr puristischer Form, also um reine Marktmusik? Oder ist eine musikalische Konstellation, in welche schon die Moderne mit eingeflossen ist, also beispielsweise Mittelalter Rock? Darüber kann man lange diskutieren, wenn man denn so will. Wichtig ist mir jedenfalls, dass keine Dudelsäcke im Spiel sind“, platzt es unter lautem Lachen aus dem durchwegs eigenwilligen Mann heraus. Letzteres Statement kann wohl an Aussagekraft nur schwerlich fehlgedeutet werden.



Dann lässt er auf einmal ganz unverfroren Eigenwerbung folgen: „Mir gefällt das, was ich bei meiner eigenen Band Rabenschrey so alles mache, tatsächlich immer noch am Besten, wenn ich mich gerade so durch das musikalische Treiben der ganzen so genannten Szene denke. Denn dabei finde ich mich einfach stets noch am ehesten wieder. Ein gutes Beispiel für unsere bislang dichteste Annäherung an diese historische Zeit ist das Album ,In neuem Gewand‘ aus dem Jahr 2008, für welches wir eine neu dafür eingespielte Zusammenstellung von speziellem Liedgut kompilierten.“

Zur mittelalterlichen Klangwelt an sich ist der wuchtige Nordrhein-Westfale einst an der letzten Jahrtausendwende durch eine 1997 ins Leben gerufene Berliner Gruppe namens Varius Coloribus gekommen, wie er sich zurück besinnt.

„Das fand ich vom Fleck weg gleich sehr spannend und überaus inspirierend. Und das war einfach etwas völlig Neues für mich. Ich bin in das Ganze ja eigentlich ohnehin mehr hineingestolpert als eingetreten.“

Im Sinne der Echtheit

Den Anhängern seiner Mittelalter Metal-Hauptband ist Peter Herbertz alias Donar von Rabenschrey als verdammt kantig vokalisierender Wahrheitsliebhaber und unbeirrbarer Individualist bekannt. Und dass der Mann aus Nordrhein-Westfalen wahrlich nie das viel zitierte Blatt vor den mutigen Mund nimmt, das bestätigen die bisherigen Veröffentlichungen von Rabenschrey mit Leichtigkeit.

Während der Kerl dort mitsamt seinen musikalischen Begleitern so maskulin und hart rockend der „neuen deutschen Heiden-Härte“ frönt, reifte wie erwähnt mit der Zeit der Wunsch in ihm, sich mittels eines speziellen Werkes auch mal rein der Akustik-Sparte hinzugeben.

Letzteres mündet nun im neuen Debüt-Soloalbum „Alte Wege“, für welches der für seinen herben Charme bekannte Multiinstrumentalist sich endlich einmal voll und ganz im Alleingang verwirklichen kann.


„Den Wunsch trage ich ja schon seit längerer Zeit mit mir herum, doch irgendwie kam ich über all die Jahre nicht dazu, auf vielerlei Gründen. Ich spiele ja bei Rabenschrey neben meiner Tätigkeit als Frontmann und Sänger auch die Instrumente Flöte und Didgeridoo, sodass man sich leicht denken kann dass ich viel für Folkloremusik übrig habe“, legt Donar dazu noch Grundlegendes dar.



Der ebenfalls sehr gerne auf der Davul trommelnde Freigeist lässt weiter verlauten:

„Vor dem eigentlichen Schaffensprozess musste ich erstmal ein ,Upgrade‘ in eigener Sache an mir vornehmen. [lacht] Ich muss nämlich erstmal die ganzen akustischen Instrumente mal wieder so richtig zur Hand nehmen, um dabei wieder geübt zu werden. Neugierig war ich dabei neben angestrebten neuen Liederideen eben vor allem auch darauf, was ich überhaupt noch so alles damit zustande bekomme.“ 



Dabei gerieten dem Mann neben den bereits genannten auch noch Bouzouki, zwölfseitige Gitarren-Zister, Bodhran etc. in die Hand. Donar gibt preis:

„Endlich konnte ich auch mal wieder meine geliebte Raben-Leier in die Pflicht nehmen, ein eigens von mir erfundenes und ganz speziell für mich nach meinen Wünschen gebautes Instrument, quasi eine Drehleier für Doofe“, scherzt der unterhaltsam redselige Querkopf, „jeder Gitarren- und Bass-Spieler kann diese Raben-Leier tatsächlich ganz locker und leicht, völlig ohne Probleme bedienen. Das Ding hat zwei Saiten, man neben Melodien sogar Power-Chords darauf spielen, wenn man möchte. Ein Einzelstück, welches so nur in meinem Besitz ist. Musizieren beziehungsweise aufnehmen tue ich damit in meinem Studio mühelos, denn es wurde sogar ein Pick-Up aus den 70ern darin installiert, sodass ich sie sogar extra anstöpseln kann. Außer dem Instrumentenbauer und meinen Musikerkollegen hat das Instrument überhaupt noch keiner zu Gesicht bekommen“, verkündet Donar nicht ohne Besitzerstolz in der Stimme.



Wie Meister Rabenschrey nachfolgend in aller sympathischen Ehrlichkeit gesteht, dachte er anfangs gar noch daran, Gastmusikanten für das neue Soloalbum „Alte Wege“ zu verpflichten, falls er seinen eigenen spieltechnischen Ansprüchen auf den historischen Instrumenten eventuell gar nicht gerecht werden könnte.

„Glücklicherweise hat sich jedoch alles ganz gut nach meinem Gusto und meiner Zielsetzung entsprechend entwickelt. Ich bin also auch ganz gut alleine klargekommen, was das Spieltechnische anbelangt.“


Textlich dreht sich auch auf dieser besonderen Album-Veröffentlichung wie immer bei Rabenschrey selbst bislang alles um das pure und reine Leben, auch eben mit all seinen nicht immer schönen Wahrheiten, so der wuchtige Typ.

„Da geht einem die Inspiration ja auch niemals aus! Jeder neue Tag auf Erden bringt schließlich interessantes Neues. Gibt man sich dem Neuen und Läuternden aufrichtig hin, lernt man stets dazu. Ich selbst nehme mich da auch überhaupt nicht aus, auch ich muss immer noch viel lernen, da ich noch immer nur allzu gerne maßlos über die Stränge schlage“, kommt es ihm nicht wenig ironisch über die Lippen. Gerade was ja das komplizierte Thema Alkohol anbelangt, schlägt mir mein ständiger Durst und meine ausgeprägte Feierlaune immer wieder so manches listiges Schnippchen!“ [grinst]


Große Erwartungen an die Zeit nach der Veröffentlichung von „Alte Wege“ trägt dieser in vielerlei Gesichtspunkten doch sehr außergewöhnliche Spielmann nicht mit sich herum, wie er wissen lässt.

„Ich freue mich gegenwärtig beispielsweise primär sehr darauf, dass ich die Scheibe nun schon sehr bald endlich fertigstellen kann. Ich werde das Ganze auch nicht so aufwändig produzieren und nachbearbeiten lassen wie beispielsweise ein Rabenschrey-Album, denn ich lege vordergründig Wert auf Authentizität, und das bei so vielen Belangen wie nur irgendwie möglich.“


© Markus Eck, 14.06.2013

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