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Interview: DAKRUA
Titel: Eindrücke von der Straße des Lebens

Eine der eigenständigeren Gothic Metal-Bands aus Italien sind Dakrua. Schon ihr gelungenes Debütalbum „Inner Wastelands“, es war damals Album des Monats im italienischen Metal Hammer Magazin, wußte durch die Verwendung von vielen hochdramatischen Stimmungsmomenten, verspielt-schmeichelnden Melodien und der einprägsam-charismatischen Lead-Stimme von Frontdame Eva Rondinelli sehr gut zu gefallen. Sie beherrscht eine überraschende Vielzahl an Oktaven, von denen sie aber einer eher dunkleren Stimmfärbung den hauptsächlichen Vorrang gibt.

Man hört sie somit unter Tausenden schnell heraus. Das letzte Jahr über verbrachten Dakrua im Proberaum, um neues Songmaterial zu kreieren. Resultat dieser Bestrebungen ist das neue Werk „Shifting Realities“.

Der elegante Stil der Band hat sich gegenüber „Inner Wastelands“ nicht geändert, und doch haben sich Dakrua innerhalb ihres breiten stilistischen Rahmens vor allem in der Komplexität ihrer Songstrukturen deutlich weiterentwickelt. So soll es sein.

„Shifting Realities“ zeugt vom erneut geglückten Versuch der gefühlvollen Tragiker, einer Vielzahl an völlig differierenden Ideen Entfaltungsmöglichkeiten zu gewähren.

Ich suchte daher den Dialog mit der Band, und fand ihn schließlich mit Eva und Bassgitarrist William Quattrone.

Auf die leichten Veränderungen im Dakrua-Gesamtsound angesprochen, resümiert dieser sogleich ein wenig:

„Nach der Veröffentlichung von `Inner Wastelands` spielten wir erst Mal eine ganze Menge an Konzerten. So machten wir immer wieder längere Touren durch unser Land, auf denen wir u.a. auch als Support-Act die italienischen Horror Metal-Urgesteine Death SS begleiteten, was eine große Ehre für uns war. Wir spielten davor und nachfolgend mit sehr vielen Bands unterschiedlicher Couleur zusammen, was bleibende Eindrücke für das Songwriting zum neuen Album hinterließ. Denn nachdem wir so viele andere Acts gesehen beziehungsweise gehört hatten, wollten wir danach noch mehr zu unserem eigenen Stil finden und die gesammelten Eindrücke von der Straße des Lebens in unseren Liedern zum Tragen kommen lassen. So flossen in sämtliche Stücke auf `Shifting Realities` eine Vielzahl an real durchlebten Themen ein, welche auch sehr unsere Art zu Spielen beeinflußten.“

Dakrua haben so die nächste Sprosse auf der Leiter ihrer Entwicklung mit großem künstlerischen Selbstbewußtsein genommen und exzellent-eigenständigen Gothic Metal eingespielt, der sich hinter keiner der bereits etablierten Größen des Genres schüchtern zu verstecken braucht.

Dies wirkte sich aber auch auf das Privatleben der Musiker aus.

William hierzu: „Ja, alle aus der Band experimentierten mehr oder weniger innerhalb ihres Lebens in den verschiedensten Bereichen, was sich dann auch in unseren Lyrics wiederum sehr niederschlug.“

Der Gesang bei Dakrua ist zu gleichen Teilen männlich und weiblich.

Eva erklärt nachfolgend, warum das auch so bleiben wird.

„Das entwickelte sich völlig von selbst und war zu keiner Zeit geplant. Wenn wir den instrumentellen Teil eines neuen Songs jeweilig bearbeiten, stellen wir einfach immer wieder fest, daß unsere Musik uns am besten gefällt, wenn die Gesangsparts zur Hälfte aufgeteilt werden. Es hat sich nicht zuletzt aber doch auch zu einem unverwechselbaren Trademark entwickelt, mit dem wir recht bekannt geworden sind. Die vollendete Mischung aus den beiden Stimmen aber kommt letztendlich eigentlich dadurch zustande, daß wir niemals wetteifern und keiner dem anderen den Rang ablaufen will. Wir haben uns dadurch auch ein sehr gutes Gespür erarbeitet, an welcher Stelle welches Songs welche Stimme besser klingt. Dies geschieht überwiegend ganz instinktiv.“

William erläutert im Anschluß den etwas verträumt anmutenden Albumtitel: „`Shifting Realities` hat eine ambivalente Bedeutung: durch Emotionen zwischen differierenden imaginären Realitäten hin und hergeschoben zu werden und dadurch aber auch verschiedene Bewußtseinszustände selbst zu verändern. Wir denken, daß der neue Albumtitel dies und auch die gewollt bewußtseinsverschiebende Essenz in unseren Liedern in sehr guter Weise zu reflektieren imstande ist und den spirituellen Geist des Albums gut widerspiegelt. `Shifting Realities` ist ein sehr eigenwilliges und auch starkes Album geworden, auf dem jeder Track sich bewußt vom anderen abhebt und doch ergeben alle ein Ganzes. So kann man sich zwischen den Stücken imaginär und ganz sanft von einer Bewußtseinsebene zur nächsten bewegen, ohne auf der Stelle treten zu müssen. Und es auch noch als völlig natürlich empfinden. Das ist die größte Stärke der neuen Songs in unseren Augen.“

Und diese Augen sehen beziehungsweise beschreiben die Dinge in den aktuellen Kompositionen der italienischen Formation auch völlig richtig.

Die Pause zwischen „Inner Wastelands“ und dem aktuellen Werk war doch beträchtlich für eine Newcomerband.

Aber Dakrua sind nun mal Individualisten. Sie wollten laut William nichts Halbherziges und Unausgegorenes auf den Markt bringen.

„Ganze zwei Jahre schrieben und feilten wir nun an den neuen Songs. Wir brauchten diese Zeit aber einfach, denn nach Veröffentlichung des Debüts und der darauffolgenden Konzerte mußten wir uns wie bereits gesagt erst mal selbst neu finden, da wir uns alle in dem ganzen Trubel um die Band doch irgendwie verloren hatten. Vielen geht es so, aber sie hören nicht auf ihre inneren Stimmen, sondern lassen sich einfach treiben. Und darunter leidet die Kreativität doch enorm. Bei Dakrua geht es in erster Linie aber immer noch darum, unsere Persönlichkeiten durch die Musik zum Ausdruck zu bringen und uns selbst darzustellen. Wir folgen somit keinem Konzept und lassen uns unsere Kreativitäten ausschließlich von unseren ureigenen künstlerischen Intuitionen diktieren.“

© Markus Eck, 18.02.2002

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