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Interview: CREMATORY
Titel: Ungekünstelt

Wenn einer der beständigsten, etabliertesten und erfolgreichsten Gothic Metal-Vorreiter sich mit einem Live-Album zurückmeldet, dann horcht die große Community interessiert auf.

Für „Live Insurrection“ wurde ein rundum gehaltvoller Gig dokumentiert, den die Pfälzer Ausnahmeformation um Sänger Felix 2016 auf dem Bang Your Head Festival zusammen mit begeisterten Anhängern mit allen Sinnen zelebrierte. Vorgetragen wurden dabei sämtliche Hits aus der 25-jährigen Bandhistorie, was ein harmonisch abgerundetes Repertoire mit sich bringt.

Drummer Markus Jüllich freut sich über die somit optimale Überbrückung vom letzten Studioalbum „Monument“ zum kommenden Longplayer.

„Nachdem wir uns 2015 mit der Wacken-DVD von Gitarrist und Klar-Sänger Matthias ,Matze‘ Hechler als auch von Bassist Harald Heine verabschiedet haben, waren wir der Meinung, dass man mit einer weiteren DVD die neuen Musiker dem breiten Publikum vorstellen sollte. Gerade diejenigen, die Crematory mit dem neuen Line-Up noch nicht live gesehen haben, haben mit der neuen Veröffentlichung die Möglichkeit, dies zu Hause am TV zu tun. Schließlich wir haben noch nicht alle Länder mit ‚Monument’ bespielt.“

Follower und Medien haben auf „Monument“ nicht nur hervorragend, so Markus, sondern sogar noch besser als erwartet reagiert. „Und wir haben unsere CD-Verkäufe wieder deutlich steigern können. Die neuen Musiker in Form von zwei Gitarristen und einem Bassisten wurden sehr gut von den Fans angenommen. Ich muss im Nachhinein sagen, dass es das Beste war was Crematory überhaupt passieren konnte, nachdem Matze und Harald aus der Band ausgestiegen sind. Wir verstehen uns alle sehr gut und arbeiten sehr professionell zusammen.“

Als langjähriger Profi-Musiker weiß der Schlagwerker Live-Veröffentlichungen anderer Bands grundsätzlich zu schätzen, wie er sagt. „Ich finde es eigentlich immer ganz schön, sich auch mal zu Hause auf der Couch ein geiles Konzert auf CD oder DVD reinzuziehen. Entsprechend gut muss die Aufnahme aber auch sein. So eine billige ‚Haus der Jugend-Aufnahme‘ mit Handycams und 8-Spur braucht heute kein Mensch mehr. Ich bin der Meinung, dass ein Livekonzert auch dementsprechend aufgenommen werden muss.“

Für seine Band gilt der simple Grundsatz „Live ist live“, konstatiert der Mann der schweren Takte mit brummiger Stimme.

„Und immer voll auf die Fresse“, proklamiert Jüllich sogleich noch.

„Ohne viel Schnickschnack eben, wie beispielsweise Masken, Kostüme oder irgendwelche Licht- oder Feuershows. Es ist wichtig, dass jeder Einzelne voll konzentriert ist und sich voll auf die Performance konzentriert, um bestmöglich zu spielen. Besonders das neue Line-Up mit den beiden Neuen an der Gitarre und dem neuen Bassisten ist überaus wichtig und sehenswert für alle Fans, die uns noch nicht live erleben konnten. Viele sagen, dass es zur Zeit die besten Crematory sind, die sie je gesehen haben. Und das sagen Fans, die uns bereits seit Jahren kennen.“

Als Markus nach einem geeigneten Titel für den aktuellen Live-Release im Internet gesucht hat, so lässt er wissen, ist er dabei auf Judas Priests „Insurrection“ gestoßen. „Ich dachte, dass das auch ganz gut zu uns passen würde. Es ist immer sehr schwierig einen passenden Albumtitel zu finden und ‚Live Insurrection‘ finde ich super. Er drückt genau das aus, was bei uns jetzt live abgeht.“

Für den mächtigen Gesamtsound von „Live Insurrection“ zeichnet Crematory-Axeman Rolf Munkes verantwortlich. Der gewichtige Fellverdrescher freut sich lachend und aus vollem Herzen: „Wir haben an diesem Abend aber auch sensationell geil gespielt, obwohl das erst unser drittes Konzert mit der neuen Besetzung war. Rolf hat die Sachen in seinen Empire Studios wunderbar gemischt und gemastert.“

Dass der Bang Your Head-Gig für den neuen Live-Dreher Verwendung finden würde, war nicht von vornherein geplant. „Dazu haben wir uns erst nachträglich entschieden, nachdem wir das Material gesichtet hatten und absolut begeistert davon waren. Die Grundvoraussetzungen waren hervorragend. Wir dachten uns, dass wir die neue Band mit den neuen Songs damit einfach ganz hervorragend präsentieren können.“

Das Bang Your Head Festival, erstmals 1996 veranstaltet, empfindet der Schlagzeuger immer als „geil“, wie von ihm zu erfahren ist.

„Erstens ist der Veranstalter Horst ein sehr netter Typ, den ich bereits Jahrzehnte kenne. Zweitens treffe ich dort auch immer alte Bekannte und Freunde, die ich seit längerem nicht gesehen habe. Aber auch tolle Bands, die ich mir von Backstage oder seitlich der Bühne anschauen kann.“

Das intensivste Feedback vom Publikum wurde den Pfälzer Überzeugungstätern an diesem Abend für alte Hits wie „Tears Of Time“ zuteil. Markus wirkt nostalgisch:

„Denn dieser Song war unser weltweiter Durchbruch und öffnete uns alle Pforten für unseren Erfolg. Aber auch die neuen Songs vom aktuellen ‚Monument‘-Album kamen hervorragend an. Die Halle war restlos voll. Die Fans haben mitgesungen und getanzt. Es ist immer sehr schön anzusehen, dass die Fans sich mit unseren Songs identifizieren können und gemeinsam mit uns live abfeiern.“

Der bekundete Vergleich des ewigen Klassikers „Tears Of Time“ zu edlem Wein, der mit den Jahren immer besser wird, sagt dem erfolgreichen Versicherungsmakler zu. „So erlebe ich es eigentlich, da wir auch die Ur-Version im Laufe der Zeit etwas geändert und angepasst haben. Das ist unser Hit für alle Ewigkeit und ich bin verdammt stolz darauf, denn es gibt zahlreiche Bands, die nie einen Hit hatten.“

Selbst er als Kesselwart im erreichten Vollprofi-Modus erlebt noch Lampenfieber vor einem Konzert, wie Markus in aller Offenheit bekennt. „Und das spüre ich irgendwie sogar vor jedem neuen Konzert, weil ich mich immer noch auf jede einzelne Show freue und stolz darauf bin, vor unseren Fans spielen zu dürfen. So muss es auch sein. Denn ich brauche den Kick und die Aufregung. Wenn die mal nicht mehr da sein sollte und alles zur Routine wird, dann kann ich auch aufhören, denn dann wird es langweilig. Aber ich brenne immer noch und freue mich auf jeden einzelnen Gig.“

Die letzten Stunden vor einem Auftritt sind für ihn nach wie vor überaus spannend, lässt der mehrfache Familienvater wissen.

„30 Minuten vor der Show ziehe ich mich um und mache mich warm, so wie ein Sportler, denn als Drummer muss man fit wie ein Turnschuh sein. Ich konzentriere mich und gehe die einzelnen Songabläufe im Kopf durch.“

Die Songauswahl für das Balinger Konzert fiel den Beteiligten äußerst leicht, wie sich auftut.

„Wir spielten einfach alle unsere zahlreichen Hits aus 25 Jahren Bandgeschichte und ein paar neue Songs, um das aktuelle Studioalbum nachträglich noch zu promoten. Das ist erfahrungsgemäß auch genau das, was die Fans von uns hören wollen und am besten darauf abgehen.“

Bei der Ansage von Frontmann Felix vor dem Instrumental bekommt man geradezu Gänsehaut: „Fuck Religions!“ … „Keine Religion will, dass jemand stirbt!“ Markus kommentiert dazu: „Religiös und politisch waren unsere Texte noch nie und werden diese auch nie werden, denn wir halten uns das lieber etwas zurück. Aber ab und zu muss mal ein passendes Statement rausgehauen werden, denn so geht’s keinesfalls mehr weiter mit der ganzen Scheisse.“

Abschließend zum nächsten regulären Crematory-Studioalbum befragt, gibt der Schlagzeuger noch preis: „Dazu kann ich bereits sagen, dass wir momentan beim Songschreiben sind und im November wieder zu Kohle ins Studio gehen werden, um die neuen Sachen aufzunehmen. Das neue Album wird dann im Frühjahr 2018 über SPV/Steamhammer weltweit veröffentlicht und wird einige Überraschungen parat haben. Denn unsere drei neuen Musiker haben erheblichen Einfluss auf die neuen Stücke ausgeübt, da sie hammergeile Ideen anbringen.“

© Markus Eck, 23.08.2017

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