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Interview: CHAMELEONS
Titel: Reifer und frischer in einem

Mit ihrem neuen Output „Arctic Moon“ können die britischen Post-Punk-Veteranen mächtig positiv überraschen - der erste Studio-Longplayer der Band seit 2001 schließt direkt an die beiden 2024er EPs „Where Are You?“ und „Tomorrow Remember Yesterday“ an.

Sämtliches Songmaterial klingt wie aus einem Guss und ist in seiner qualitativen Klasse auch von allerlei berührend atmosphärischen Feinheiten durchzogen, was eine wirklich bemerkenswerte Leistung darstellt, bedenkt man auch das Gründungsdatum der Genre-Veteranen: 1981!

45 Jahre dabei … und was da jetzt also auch als Gesamtpaket wie einer der allzeit geherzten Metier-Klassiker aus den Early-80s ankommt, ist das Ergebnis sehr langer Erfahrung und gänzlich konservierter Liebe zur Musik. Wie Sänger und Bassist Mark Burgess berichtet, entstanden die meisten Songs für das neue Album doch eher jeweilig ziemlich schnell, nachdem er erst mal mit seinen Bandkollegen, Gitarrist Stephen und Tastenmann Danny am Schreiben war.

„Ich dachte vor Beginn allerdings noch, dass es eher schwierig für uns werden würde, weil wir ja doch über die Jahre seit dem 2001 veröffentlichten ‚Why Call It Anything’ in Sachen Full-length-Album inaktiv waren. Das lag zum Teil auch daran, dass sich die musikalischen Hörvorlieben der Leute durch Streaming ja bekanntlich ziemlich von Alben wegbewegt haben. Zudem hatten wir drei zusammen noch nie Songs komponiert. Doch diese Kooperation brachte uns tatsächlich ein wunderbares Gefühl mit sich, welches sich nach den ersten Rohfassungen immer mehr ausprägen sollte - wir waren also auf dem besten Weg, was auf uns ermutigend und bestärkend simultan wirkte. Als jeder von uns seine Ideen anbrachte, erkannten wir rasch, dass es gut werden würde. So gut sogar, dass wir zum Schluss mehr Material erarbeitet hatten, als Platz vorhanden war - so hatten wir den Vorzug, die Songs bestmöglich auszuwählen.“

Letzteres erklärt den völlig homogenen und angenehm zu rezipierenden Spielfluss der Lieder auf „Arctic Moon“.

„Wir nahmen die unserer Meinung nach besten Stücke - ich bin glücklich damit, den anderen in der Band geht’s ganz genauso. Nun sind wir sehr heiß darauf, die Nummern auch live zu spielen. Maßgeblich trug auch unser Produzent zum aktuellen Gesamtergebnis bei, der intuitiv genau wusste, was wir wollen und der ebenso gut wie kompetent darauf eingehen konnte - wir haben ihm viel zu verdanken.“

Einzig auf deutschen Bühnen erleben kann man die fünf kultigen Chameleons dieses Jahr fünfmal von 30. Oktober bis dritten November, was die gegenseitige Zuneigung von Quintett und Fans hierzulande verdeutlicht. Und wie der Vokalist offenbart, ist es auch einzig dem konstanten Zuspruch des Publikums und der Fans zu verdanken, dass es die Formation überhaupt noch gibt. 


„Sagenhaft finde ich es mit der Band, wieviele junge Leute zu unseren Gigs kommen - und das wächst sogar immer noch an. Wir sind bis heute vollkommen bodenständig geblieben und haben auch im aktuellen Line-Up die Wertschätzung für so ein besonderes Privileg nicht eingebüßt. So fühlte ich mich früher nur auf der Bühne so richtig sicher im Leben, bei vielen ist es ja genau andersherum. Ich trage das immer noch im Herzen. Als wir beispielsweise mit The Psychedelic Furs und Twin Tribes im April des Jahres durch Nordamerika tourten, erhielt unser neueres Zeug wie ‚Saviours Are A Dangerous Thing’ und ‚Where Are You?‘ den lautesten Beifall - was uns natürlich sehr stolz macht. Rückblickend sind wir stolz auf das frühere Vermächtnis von Chameleons, doch es war kein Plan vorhanden, unsere einstigen Song-Höhen zu wiederholen - wir wollten einzig frisches Material schreiben, was eine möglichst markante Auswirkung erzielt. Und es sieht ganz so aus, als hätten wir das mit ‚Arctic Moon‘ erreicht. So empfinde ich die aktuelle Besetzung als sehr erfrischend und produktiv, hierbei haben sich definitiv genau die richtigen Typen zusammengefunden. Nicht zuletzt möchte ich auch unser Label lobend erwähnen, die von Anfang an sehr an uns glaubten - Gründer Dave Heckman, der die spezialisierte US-Company 1993 ins Leben rief, verstarb leider 2022.“

Auf den Albumtitel angehauen, gerät der Frontmann binnen einer Sekunde ins breiteste Grinsen, und enthüllt freudig-hektisch: „Yeah! Der ist wirklich ein echtes Zufallsprodukt. Ich telefonierte damals sehr angeregt mit meiner rumänischen und in Berlin lebenden Verlobten, während ich als Beifahrer im Auto saß - sie nannte uns lachend ‚Lunatics’, und sie hatte dabei so eine spezielle Aussprache! [lacht] Ich dachte mir, ‚Luna‘ steht ja in Sprachen wie Latein für ‚Mond‘ und sie sprach den anderen Teil irgendwie wie ‚arctic‘ aus, so kamen wir im Weiteren auf ‚Arctic Moon‘. Ich trug dieses echt coole Wortspiel zunächst noch eine kleine Weile mit mit herum, und sinnierte dazu - doch als ich es den anderen in der Band irgendwann als Albumtitel anbrachte, waren alle schlagartig begeistert!“

© Markus Eck, 20.07.2025

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